Die vorbereitende Untersuchung „Ortskern II“ der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung umfasst 74 Seiten plus Anhang. Insgesamt wurden in der Neidlinger Ortsmitte 322 Gebäude untersucht – zumindest von außen. Eine erste wichtige Erkenntnis: Bei der Begehung standen 53 Gebäude ganz oder teilweise leer oder wurden nur als Abstellflächen genutzt. Die Zahl der Nebengebäude, also Garagen, Schuppen und Scheunen, überstieg mit 183 Gebäuden deutlich die Zahl der 120 Wohngebäude.
22 Gebäude wiesen von außen keine oder nur leichte Mängel auf, 132 Gebäude erkennbare Mängel, 131 sogar starke Mängel. Bei 37 Gebäuden, also einem Anteil von 11,5 Prozent, waren die erkennbaren Mängel so schwerwiegend, dass ein weiterer Erhalt fraglich ist. Damit wich die Kommunalentwicklung deutlich von der viel positiveren Selbsteinschätzung der Eigentümer ab. Von den 84 Eigentümern, die bei einer Umfrage Auskunft gaben, stuften 86 Prozent ihr Gebäude als „gut“ oder mit „geringen Mängeln“ ein. Mit 14 Prozent blieb die Einschätzung „schwere Mängel“ die Ausnahme. Bei den Gutachtern hingegen summieren sich „starke“ und „schwerwiegende“ Mängel auf 52 Prozent.
Erhebliche Fördermittel locken
Die Eigentümer werden gebraucht, wenn die vorläufig bis Ende 2032 laufende Sanierung gelingen soll. Denn 74 Prozent der Flächen sind im privaten Besitz. Es locken erhebliche Fördermittel. So wird eine Gesamtmodernisierung bestehender Wohneinheiten mit 35 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtkosten gefördert, bis zu 50 000 Euro pro Wohneinheit. Bei einer Restmodernisierung sind es ebenfalls 35 Prozent und maximal 25 000 Euro. Auch ein Abbruch mit anschließender Neubebauung wird gefördert. Es gilt eine generelle Zuschussobergrenze von 150 000 Euro pro Gebäude. In besonders gelagerten Fällen kann der Gemeinderat aber abweichend entscheiden.
Gefördert werden etwa Dachdämmungen, ein energetisch bedingter Fenstertausch, ein Austausch der Heizung und eine Erneuerung der Sanitäranlagen. Ein Neuverputz oder Neuanstrich der Fassade passt ebenso in die Förderung wie Malerarbeiten im Innern oder ein Austausch der Bodenbeläge. Ausgeschlossen sind etwa Luxusmodernisierungen, Einbauküchen und eine Smart-Home-Ausstattung.
Insgesamt liegt der Förderrahmen bei 7,17 Millionen Euro, 60 Prozent davon trägt das Land. Dass das Land erst 800 000 Euro freigegeben hat, ist kein Grund zur Sorge, die Mittel werden in der Regel immer für die nächsten zwei Jahre bereitgestellt. Im Sanierungsgebiet besitzt die Gemeinde ein Vorkaufsrecht. Doch gab bei der Umfrage kein Eigentümer an, sein Gebäude verkaufen zu wollen. An eine mögliche Nutzungsänderung denken nur zwei Eigentümer. Dagegen gaben 55 Eigentümer an, sich unter dem Einsatz von Fördermitteln eine Sanierung vorstellen zu können. Im Vordergrund standen die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und die Erneuerung der Heizung oder ein Anschluss an die Wärmeversorgung. In elf Fällen ging es um eine Gesamtmodernisierung.
Lange Liste an Missständen
Im Jahr 2024 stehen zunächst einige Grunderwerbe der Gemeinde an, zudem müssen die Gottlieb-Stoll-Straße und die Fabrikstraße instand gesetzt und ausgestaltet werden. Denn wenn später die Ortsdurchfahrt für Straßenbauarbeiten gesperrt werden soll, wird die Gottlieb-Stoll-Straße als funktionsfähige Umleitung gebraucht.
Auch danach gibt es viel zu tun, die Kommunalentwicklung hat eine lange Liste „städtebaulicher Missstände“ erstellt. Sie reicht von den Leerständen über Gestaltungsmängel und fehlende attraktive Fußwegeverbindungen bis zum Fehlen einer Ortsmitte mit Aufenthaltsqualität. Auch an öffentlichen Gebäuden wie der Kugelmühle, dem Brennhäusle, der Waage und dem Farrenstall (Weilheimer Straße 2/1) bestehe Handlungsbedarf. Und wenn das alles bis Ende 2032 nicht zu schaffen ist? Dann könnte die „Ortskernsanierung II“ voraussichtlich verlängert werden.