Die Hoffnung ist blau. Zumindest auf dem Messestand von Daimler Truck und Cellcentric auf der Wasserstoff-Fachmesse hy-fcell in Stuttgart: Denn dort steht die Brennstoffzelle mit ihrem markanten blauen Korpus, die derzeit in Esslingen-Pliesauvorstadt gebaut wird und ab 2030 in größerem Maßstab in Weilheim produziert werden soll. Sie steht stellvertretend für die Hoffnung auf eine zukunftsweisende Technologie, die ihr Zentrum im Landkreis hat.
Das große „Klimawerk“ im Weilheimer Gewerbegebiet Rosenloh wird allerdings später kommen, als ursprünglich angekündigt: Statt 2026 soll es nun Anfang der 2030er Jahre losgehen. Zudem hat die Tatsache, dass das Unternehmen vorerst einen Optionsvertrag über ein 16 Hektar großes Grundstück im künftigen Gewerbegebiet Rosenloh abgeschlossen hat – immerhin für rund 15 Millionen Euro – anstatt es zu kaufen, Skeptikern Futter gegeben. Die bezweifeln, dass das Joint-Venture wirklich in Weilheim baut.
Zehn E-Lkw haben den Energiebedarf einer Kleinstadt.
Paul Mandaiker von Daimler Trucks
Den Wandel in der Automobilindustrie und den verzögerten Aufbau der benötigten Wasserstoff-Infrastruktur sowie die Verfügbarkeit und Preisgestaltung von grünem Wasserstoff nannte Cellcentric damals als Begründung, dass man den Start flexibel halten will.
All das weiß auch Paul Mandaiker. Doch der Pressesprecher Technology & Regulations von Daimler Truck kann mit Fakten belegen, warum das Unternehmen auch weiterhin auf Wasserstoffantrieb setzt. „Wir hatten fünf Trucks im Kundeneinsatz“, sagt er, darunter Paketservices, Chemie- oder Baustofffirmen. Diese waren mit dem Aggregat von Cellcentric unterwegs. „Nördlich von Duisburg hatten sie zwei Tankstellen, damit war ein Radius von 500 Kilometern möglich“, sagt er.
Insgesamt haben die fünf Test-Lkw 285 Betankungen mit insgesamt 15 Tonnen Wasserstoff problemlos tanken können. Dabei seien Reichweiten von 1000 Kilometern und mehr erzielt worden, bei einem Verbrauch von fünf bis acht Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer, je nachdem, ob die Beladung zwischen 16 oder 34 Tonnen lag. „Die Fahrzeuge laufen sehr effizient“, sagt er. Daimler Truck setzt dabei gekühlten, flüssigen Wasserstoff, weile dieser eine höhere Energiedichte hat und höhere Reichweiten ermöglicht.

Außerdem gehe das Betanken mit Flüssigwasserstoff so schnell und sicher wie mit Diesel. „Das ist beeindruckend und da haben wir den Standard gesetzt“, sagt Mandaiker nicht ohne Stolz. Denn schließlich müsse dafür der Wasserstoff auf minus 253 Grad heruntergekühlt werden.
Dass man nicht alleine dastehe mit dem Glauben an den Wasserstoff, zeigten weltweit andere Unternehmen, davon zahlreiche in Indien oder auch Kawasaki. Der japanische Konzern, bekannt geworden durch seine Motorräder, hat das weltweit erste Wasserstoff-Transportschiff entwickelt.
Ergänzung zum Batterie-Antrieb
Ein großes Thema ist immer noch die Infrastruktur. Für einen sinnvollen Einsatz von Brennstoffzellen-Lkw im Fernverkehr reichten in Deutschland erst einmal fünf bis zehn Tankstellen, in Europa wären es rund 2000, davon die Hälfte mit Flüssig-Wasserstoff, erklärt Mandaiker. Warum nur die Hälfte? Auch beim Wasserstoff gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Er kann auch komprimiert unter Hochdruck betankt werden.
Als Argument gegen Wasserstoff ist häufig auch der erfolgreiche Einsatz batterieelektrischer Antriebe im Schwerlastverkehr zu hören. Doch Mandaiker sieht die beiden Energiearten nicht als Konkurrenz, sondern unbedingt notwendige Ergänzung. Zum einen haben batterieelektrischen Modelle, von denen Daimler Truck auch elf im Portfolio hat, einen Radius von 400 bis 500 Kilometer und sind wegen der Akkus bis zu zwei Tonnen schwerer, daher für die Langstrecke nicht so geeignet. Außerdem sei der Strombedarf enorm, wenn man Rastplätze mit Ladestationen für Lkw ausrüste. „Zehn Lkw haben den Energiebedarf einer Kleinstadt“, sagt Mandaiker.
Somit müssten zwei Strukturen geschaffen werden, das sei ökonomische am sinnvollsten. Aber: „Für den Ausbau des Netzes brauchen wir die Ölmultis. Wir können nicht alles selbst bauen.“ Und dafür braucht es politische Unterstützer, denn die Produzenten bräuchten stabile Rahmenbedingungen.
Mehr Sonnentage als Ägypten
Das sehen auch andere Länder so, die auf der Messe vertreten sind: Enrique Blanco berät Unternehmen bei der Umsetzung von Projekten in Spanien und Deutschland. Er steht am Stand der Handelskammer von Andalusien. Er verweist auf das große Potenzial, das Spanien beim Thema grüner Wasserstoff hat. „Andalusien hat mehr Sonnentage als Ägypten“, betont er. Der spanische Ölkonzern Cepsa hat sich in Moeve umbenannt und sich auf Wasserstoff und Biokraftstoffe sowie den Ausbau eines Ladenetzes investiert. Man habe an Thyssen und Siemens schon grünen Wasserstoff aus Andalusien verkauft.
Die Entwicklung beim Thema Wasserstoff geht also weiter. „Ab Ende 2026 schicken wir 100 Fahrzeuge in den Test“, kündigt Mandaiker an. Für ihn steht fest: „Die Technologie ist eine Chance für Europa.“ Und das Beste sei daran: „Wir sind führend.“ Und das solle man sich nicht aus der Hand nehmen lassen wie bei der Solartechnologie.

