Einmal im Jahr werden sie geduscht, die Elefanten von Waltraud H., die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will „Jeden einzelnen immer wieder abzustauben, das kommt nicht infrage“, sagt die Mutter von mehr als 1000 Elefanten. Die 86-Jährige nimmt vorsichtig aus einem Regal im Wohnzimmer einen kleinen Elefanten aus Ton. Den bekam sie vor Jahrzehnten von einer Freundin geschenkt. „Es war mein erster“, sagt sie. Mit ihm fing ihre Sammelleidenschaft an. „Außer in der Küche und im Bad stehen sie überall“, sagt sie bei ihrem Rundgang durch die Wohnung in der Nähe von Esslingen.
Der Ton-Elefant führt inmitten einer riesigen Herde von Dickhäutern sein Dasein. Sie unterscheiden sich nicht nur von ihren lebendigen Artgenossen in der Größe – diese sind die größten gegenwärtig lebenden Landtiere – , sondern vor allem durch ihr Aussehen. Da stehen Stoffelefanten neben solchen aus Glas, Holz oder Steinen. Und gerade das ist es, was Waltraud H. am Sammeln der Rüsseltiere fasziniert: Die verschiedenen Materialien und Darstellungsweisen. „Das Tier lebt eigentlich durch seinen Rüssel und seine Ohren“, meint die 86-Jährige. Sie holt ihren Lieblingselefanten aus einem der Regale. Aus einer Wurzel ragt ein Rüssel mit Stoßzähnen an einem winzigen Elefantenkopf heraus, dessen Ohren in den Ballen der Wurzel übergehen. „Er ist aus einer Buchsbaumwurzel geschnitzt“, sagt sie und erzählt, wie sie ihn vor drei oder vier Jahren auf einer Messe in Stuttgart gekauft hat.
Es ist nicht das einzige Exponat von dort. Auch ihr kleinster Dickhäuter stammt von einem Messebesuch. „Ein Japaner hat ihn aus Jade geschnitzt“, erklärt sie und zeigt gleich auch noch ihr jüngstes Sammlerstück: Einen goldfarbenen Elefanten, der einen Brieföffner ziert. Es ist ein Geschenk, doch die meisten ihrer Dickhäuter hat sie selbst angeschafft. Immer mittwochs. Da war Elefantentag. Nach dem Besuch des Merkel‘schen Schwimmbads mit Freundinnen, machte sie noch einen Stadtbummel. „Mein Mann hat schon gewusst, jetzt kommt sie wieder heim und hat etwas dabei. Er hat das nicht so eng gesehen“, sagt die Witwe. Im Gegenteil: Er hat sie unterstützt.
Mehrfach selbst angemalt
Durch seine Hilfe ist das Exponat, das gleich neben der Wohnungstür auf einem Regal neben der Eckbank steht, erst möglich geworden. Ein Straußenei, auf dem ein riesiger Elefant dem Besucher entgegenmarschiert. Es ist auf einer Holzplatte montiert, deren Sockel aus drei Elefanten besteht. „Das hat mein Mann mir gebastelt, damit das Ei richtig steht“, sagt sie. Dieser Dickhäuter ist nicht der einzige, bei dem sie zum Pinsel gegriffen hat.
Über der Eckbank hängt eine auf Kacheln gemalte Elefantenherde. Es scheint, als seien sie in einer afrikanischen Steppe unterwegs, verblüffend naturnah, auch wenn Waldtraud H. noch nie Afrika oder Asien bereist hat, wo die drei noch existierenden Arten von Rüsseltieren leben. Dafür sei ihre mittlere Enkelin Marlen in Thailand auf einer Elefantenfarm gewesen. Das Bild mit ihr und Elefanten hat ihre Großmutter unter dem Kachelbild platziert.
Zwei Hobbies vereint
Auch die meisten ihrer Porzellanelefanten hat Waltraud H. verschönert. Auf dem Rücken eines weißen Elefanten ranken rote Blüten und grüne Blätter, seine Zehen schimmern goldfarben wie auch die seiner Artgenossen aus Porzellan, die neben ihm im Wohnzimmerregal stehen. Mit ruhiger Hand hat sie die Elefanten bemalt und in die Farbpalette hineingegriffen. Hier hat die 86-Jährige ihr Hobby, Dickhäuter zu sammeln, mit dem des Malens vereint. Porzellan habe sie knapp 20 Jahre bemalt. Doch das ist ihr nicht mehr möglich, seit sie vor vier Jahren auf einem Auge blind geworden ist.
Ihrer Sammelleidenschaft kann sie aber weiterhin frönen. Immer wieder bekommt sie auch Elefanten von Tochter und Sohn, ihren drei Enkelinnen oder Freundinnen und Freunden geschenkt. „Es hat sich herumgesprochen. Irgendeinen bringt jeder mit“, erzählt sie. Ob ihr Sohn einen aus Kenia, oder ihr Schwiegersohn die Buchstützen aus Stein aus Mexiko, ihre Elefantenparade wächst. Nicht mehr so rasch, seit sie mittwochs nicht mehr ins Schwimmbad geht. Aber kontinuierlich.