Salko Juklo springt aus seinem Müllauto und zieht sich das knallorangene Bauhof-Shirt über den Kopf. „Lass uns Kaffee trinken, das Wetter muss man ausnutzen“, sagt er und geht voran in ein Café. Er begrüßt den Inhaber per Handschlag und bestellt zwei Cappuccino. Im Gespräch wirkt Juklo empathisch, immer wieder blitzt sein einnehmendes Lächeln hervor. Dennoch: Wer es nicht weiß, würde sich auf den ersten Blick wohl nicht gegenüber eines Promis wähnen.
Geboren ist Juklo 1980 in Bosnien. 2006 kam er nach Deutschland. Grund war seine Frau, die in Nürtingen aufgewachsen ist. Frisch angekommen besuchte er einen Deutsch-Intensivkurs, arbeitete in verschiedenen Firmen in der Region. Ständig suchte er jedoch nach einer Anstellung in Nürtingen, seiner neuen Heimat. Dass es letztlich beim Bauhof klappte, sei ein Glücksfall gewesen. Im September werden es zehn Jahre sein. Täglich leert er Mülleimer, sammelt Abfall und spielt auch „Mädchen für alles“. Er liebt seinen Job, sagt er. Was er dort erlebt und die Beziehungen zu seinem Chef und zu seinen Kollegen dürften ihm auch bei seinem Hobby weiterhelfen. Denn in seiner Freizeit ist Juklo ein Internetstar.
In kurzen Videos zieht er über alles Mögliche her. Er simuliert Anrufe bei seinem Chef und bittet ihn um Urlaubsgeld, tut so, als würde er mit seiner Schwiegermutter reden und händeringend nach einer Ausrede für deren Essenseinladung suchen; alles immer mit einem Augenzwinkern. Vor zwei bis drei Jahren begann er, die Videos auf Youtube hochzuladen. Fast 60 000 Menschen haben ihn dort abonniert. Als Tiktok groß wurde, kamen dort die ersten Trittbrettfahrer. Jemand klaute Juklos Videos und verbreitete sie.
„Das wollte ich mir natürlich nicht bieten lassen. Also habe ich mich selbst bei Tiktok angemeldet und auch dort meine Videos hochgeladen. Wenn, dann mache ich es schon selbst“, sagt Juklo und grinst. Mit seiner ehrlichen Art ging er auf Tiktok durch die Decke. Über 300 000 Personen folgen ihm dort heute, mehrere Millionen Menschen kennen seine Videos.
Mit Tiktok schlug die Bekanntheit auch ins reale Leben über. Regelmäßig erkennen ihn Leute auf der Straße, Oberbürgermeister Johannes Fridrich bezeichnet ihn als den wohl bekanntesten Nürtinger. „Es ist schön und macht auch Spaß, erkannt zu werden“, sagt Juklo, „aber hin und wieder ist es gewöhnungsbedürftig.“
Geld kommt regelmäßig
Mittlerweile hat er für sein Hobby ein Gewerbe angemeldet. Regelmäßig bekommt er von Youtube Geld überwiesen. Je nach Monat kommen so ein paar Tausend Euro zusammen, sagt Juklo. Selbst wenn er allein durch seinen Internetruhm komfortabel leben könnte, würde er aber seinen jetzigen Beruf nicht aufgeben. „Sogar wenn ich zehn Millionen Euro hätte, würde ich weiter beim Bauhof arbeiten wollen“, sagt Juklo.
Dass er einen Job hat, der ihm Spaß macht, ist für Juklo wichtig. „Geld ist nicht alles“, sagt er, „Gesundheit und das Leben zu genießen sollte an erster Stelle stehen.“ Er spricht aus Erfahrung. Vor einiger Zeit begannen ihn Schlafstörungen zu plagen. Mitten am Tag kam es vor, dass er plötzlich in Schweiß ausbrach und ihn Panikattacken heimsuchten. Es ging so weit, dass er nicht allein bleiben konnte. Waren seine Kinder nicht daheim, musste er sich in der Nähe des Ladens seiner Frau aufhalten. Es wurde zu viel, er ging ins Krankenhaus. Eine Woche lang untersuchten ihn die Ärzte, scannten ihn von Kopf bis Fuß und konnten doch keine Diagnose stellen. Irgendwann beruhigte sich sein Gesundheitszustand von allein wieder. Zwei bis drei Jahre habe er gebraucht, bis er wieder auf dem Damm war. Bis heute weiß Juklo allerdings nicht sicher, was damals mit ihm los war. Diese Zeit hat ihn geprägt. „Mit negativen Personen versuche ich mich heute gar nicht erst zu beschäftigen“, sagt Juklo. „Ich habe mein Leben etwas vereinfacht. Mache nur noch, was mir Spaß macht. Mit den Kindern ein Eis essen zu gehen ist wichtiger, als sich totzuarbeiten.“
Auch mit seinen Videos hält er es einfach. Andere Stars auf Tiktok oder Youtube haben Equipment für Tausende Euro, eigene Aufnahmestudios und Redaktionspläne. Juklo hat ein Handy für 200 Euro. „Vielleicht rüste ich bald auf“, sagt er, lacht und fügt hinzu: „Dann kaufe ich mir eines für 300 Euro.“
Kommt ihm ein lustiger Gedanke, spricht er ihn einfach ein und stellt ihn online. Nur wenige Minuten braucht er dafür: „Was die Leute im Internet sehen, bin ich. Ich verstelle mich nicht, mache niemanden nach. Ich glaube, deswegen habe ich auch Erfolg. Weil ich original bin und nicht das Gleiche mache wie tausend andere. Und das werde ich auch niemals tun.“