Bissingen. „Ein verbindendes, sichtbares Zeichen unserer Geschichte zu schaffen“ - das habe der Bissinger Bildhauer Winfried Tränkner geschaffen, sagte Bissingens Bürgermeister Marcel Musolf bei der Einweihung des neuen Kunstwerks im alten Ortskern. Es war der letzte Akt der 1250-Jahr-Feierlichkeiten des Ortes. Dafür wird er am nachhaltigsten Eindruck hinterlassen und zwar an prägender Stelle im Ort. Der 1,80 Meter hohe sowie 80 Zentimeter breite und tiefe Quader ist nur einen guten Steinwurf vom Kriegergrab im Sattlerweg entfernt.
Ganz in der Nähe wohnt auch der Künstler Winfried Tränkner selbst. „Ich habe damals die Grabungen aktiv verfolgt, war täglich vor Ort“, erzählt er. Der spektakuläre Fund des alemannischen Herrengrabes mit dem Goldblatt-Kreuz findet sich auch auf der dem Fundort zugewandten Seite des Kunstwerks wieder. Eine zweite Seite des Muschelkalk-Quaders zeigt das Klosterwappen und bezieht sich damit auf die erste urkundliche Erwähnung Bissingens in der schriftlichen Überlieferung des Lorscher Codex. Weiter geht der künstlerische Ritt durch die Geschichte Bissingens mit der Landwirtschaft. „Jedes Haus hatte ein Scheunentor, damals Bauernfamilien prägten den Ort“, sagt Winfried Tränkner. Verdeutlicht hat er diese Epoche Bissingens mit Acker, Pflugschar und Weizen-Ähren.
Spinnerei Kolb&Schüle kommt
Der Wandel zur Industrialisierung und die Marginalisierung der Landwirtschaft symbolisiert schließlich die vierte Seite des neuen, künftig ortsprägenden Kunstwerks: Die Spinnerei Kolb & Schüle wurde zum wichtigsten Arbeitgeber, der Ackerbau in den meisten Familien zum Zweit- erwerb. Ihre Fabrikgebäude mit dem markanten Schornstein und der feinen Rauchfahne zieren daher die „neuzeitliche“ Seite des Steins.
Weitere Symbole, wie die für die alemannische Zeit typische Schlange oder der Apfelzweig als Dank für die Ernte oder auch Weinreben für die Zeit des Wohlstands durch den Weinanbau, sind in dem vielschichtigen Kunstobjekt zu erkennen. Bei seiner Arbeit hat Winfried Tränkner, der seit 1988 in Bissingen in einem historischen Haus wohnt, auch selbst viel Neues erfahren.
Beeindruckt hat ihn der Reichtum zur Zeit des Weinbaus, als es zwei Keltern im Ort gab. Durch die Arbeit an diesem Kunstwerk fühlt sich Tränkner, der selbst in Dettingen geboren ist, dessen Eltern aus Südmähren und Thüringen stammen, mehr denn je Bissingen verbunden. „Der Ort ist für mich und meine Familie zur Heimat geworden.“ Thomas Zapp