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In Weilheim sind neue Wohnformen für Ältere gefragt

Lebensqualität In der Stadt unter der Limburg lebt es sich im Alter gut. Das hat eine Umfrage ergeben. Die Ergebnisse, gepaart mit einem Workshop, zeigen aber auch, wo noch Luft nach oben ist. Von Bianca Lütz-Holoch

Senioren-WG, Cluster-Wohnen und generationenübergreifende Hausgemeinschaften – all das sind Stichworte, die bei einem Brainstorming in der Weilheimer Limburghalle gefallen sind. Dort hatten Stadt, Landkreis und das Kuratorium Deutsche Altenhilfe die Ergebnisse einer Befragung von Menschen über 60 Jahren in Weilheim vorgestellt und interessierte Bürger zu einem Workshop eingeladen. Die Veranstaltung ist Teil des vom Land geförderten Prozesses „Quartier 2030: Älterwerden in Weilheim gemeinsam gestalten“. Er soll bis März in einem Quartiersentwicklungsplan für Weilheim mit münden, der konkrete Maßnahmen enthält und ständig fortgeschrieben wird.

 

Ohne sie gäb’s gar nichts.
Johannes Züfle
Weilheims Bürgermeister über die Bedeutung der ehrenamtlichen Engagierten im Bereich der Seniorenarbeit
 

Der Nachmittag in der Limburghalle lieferte zwei grundlegende Erkenntnisse: Im Großen und Ganzen fühlen sich ältere Menschen in Weilheim sehr wohl – trotzdem fehlt es in einigen Bereichen noch.

Dazu gehören vor allem alternative, altersgerechte Wohnformen. „Knapp zwei Drittel der Befragten können sich vorstellen, in ein Mehrgenerationenwohnprojekt oder eine Hausgemeinschaft mit Gleichaltrigen umzuziehen“, legte Thorsten Mehnert vom Kuratorium Deutsche Altenhilfe dar – zumindest solange sie noch selbstständig haushalten können. 85 Prozent wünschen sich eine altersgerechte, barrierefreie Wohnung, knapp 80 Prozent würden betreutes Wohnen vorziehen. Das Mehrgenerationenwohnen und das betreute Wohnen wurden auch ganz konkret von 63 beziehungsweise 62 Personen genannt, als es um fehlende Angebote in Weilheim ging. Selbst eine WG mit Gleichaltrigen ist für ein Drittel der Befragten denkbar. 

Selbstständig bleiben, aber auf Hilfe bauen können

Wichtig ist für viele, dass sie weitgehend selbstständig bleiben, aber auf Hilfe aus dem näheren Umfeld bauen können. Über 80 Prozent der Befragten würden eine Wohnanlage mit eigenem Pflegedienst bevorzugen, wenn sie nicht mehr alleine zurechtkommen. Ein ganzes Stück weiter hinten folgen Seniorenzentrum oder Pflegeheim mit gut 50 Prozent. Immerhin mehr als ein Drittel der Umfrageteilnehmer können sich später den Umzug in eine Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige vorstellen. Drei Viertel der Befragten wünschen sich, in einer sich gegenseitig unterstützenden Nachbarschaft zu leben.

All das kam auch in den Gesprächsrunden zum Ausdruck. So wohnen, „dass immer jemand da ist“, war ein Wunsch. Auch Modelle, in denen Ältere und Jüngere sich in einer gemeinschaftlichen Wohnanlage unterstützen, kamen zur Sprache: „Die Senioren springen als Kindermädchen ein und werden dafür zum Doktor gefahren.“ Klar wurde auch, dass für einige die Zeit drängt. „Vielleicht sollte man einfach einen Stammtisch für Leute gründen, die sich wohnlich verändern wollen“, schlug ein Teilnehmer vor.

Auf der Wunschliste: Toiletten und ein Lädle

Abgefragt und diskutiert wurden aber auch andere Bereiche, die das Leben für Ältere in Weilheim betreffen. Auch da gilt: Die Weilheimer sind schon sehr zufrieden. „Was das Umfeld angeht, fehlen am ehesten noch öffentliche Toiletten und Sitzgelegenheiten“, sagte Thorsten Mehnert. Ins Spiel kam bei der Diskussion zum Beispiel das Konzept der „freundlichen Toilette“, angelehnt an die Marke „Nette Toilette“. Über ein Viertel der Befragten gibt außerdem an, dass die Post in Weilheim für sie nicht gut zu Fuß oder mit dem Bus erreichbar ist. Ebenfalls noch nicht optimal: die ärztliche Versorgung, vor allem im Bereich der Fachärzte. Nach wie vor fehlt in Weilheim ein Augenarzt.

Vor allem Bewohnern des Egelsbergs fehlt ein Lädle in der Nähe. „Vielleicht käme da ja ein Tante-M-Laden in Frage?“, stellte Thorsten Mehnert in den Raum. Günstige Busverbindungen in die Stadt werden auch abseits des Bürgerbusses gewünscht. „Eigentlich sollte man grundsätzlich kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen dürfen“, merkte eine Teilnehmerin an – das allerdings liegt nicht in der Händen der Stadt. Auch Carsharing, eine Mitnahmebank oder Rikscha-Fahrten standen als Vorschläge im Raum.

Viele Angebote für ältere Menschen gibt es in Weilheim nur, weil das Engagement so hoch ist. Das betonte Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle. „Ohne sie gäb’s gar nichts“, stellte er fest. Laut der Studie engagieren sich bereits 383 der 1017 Umfrage-Teilnehmer ehrenamtlich. 67 weitere würden sich gerne engagieren. Auf eben dieses Engagement baut die Stadt. „Wir brauchen engagierte Mitstreiter, um die Angebote auch in Zukunft aufrecht zu erhalten“, sagte Stefanie Halmel, die im Rathaus den Bereich Senioren leitet. Sie ist auch Ansprechpartnerin für die Quartiersentwicklung in Weilheim und kann kontaktiert werden unter der Telefonnummer 0 70 23/106-103

Übrigens: 75 Prozent der Befragten über 60 Jahren in Weilheim nutzen Smartphones und Tablets. Selbst bei den über 80-Jährigen sind es noch rund 40 Prozent. Damit ist die ältere Generation in Weilheim im Vergleich zu anderen Kommunen digital sehr gut aufgestellt.