Weilheim und Umgebung
Internet ist das neue Wasser

Breitband Holzmaden investiert 2,3 Millionen Euro in ein schnelleres Internet. Als größte Infrastrukturmaßnahme seit 90 Jahren bezeichnet die Bürgermeisterin das Projekt. Fest steht: Es wird wieder gebuddelt. Von Thomas Zapp

Auf großes Interesse stieß die abendliche Veranstaltung in der Gemeindehalle. Foto: Carsten Riedl
Auf großes Interesse stieß die abendliche Veranstaltung in der Gemeindehalle. Foto: Carsten Riedl

Für Bürgermeisterin Susanne Irion ist das, was im kommenden Jahr in Holzmaden geschehen wird, vergleichbar mit dem Bau der ersten Wasserleitungen im Ort vor 90 Jahren. Von den älteren Bewohnern gibt es einige, die sich noch erinnern können wie es sich anfühlte, als plötzlich Wasser aus dem Hahn statt aus dem Brunnen kam. So könnte es auch künftigen Generationen gehen, wenn sie an das Jahr 2020 denken. Nur dass statt Wasser künftig die Informationen schneller durch die 2300-Einwohner-Gemeinde fließen sollen. Zumindest schafft die Glasfaser dafür die Voraussetzungen. Das gehört heute zur „kommunalen Daseinsvorsorge“ wie vor 90 Jahren das Wasser.

Dass dabei ordentlich gebuddelt wird und sowohl Krach als auch Verkehrseinschränkungen unausweichlich sein werden, kündigt die Rathauschefin den rund 250 Zuhörern auf dem Bürgerinformationsabend in der Gemeindehalle schon einmal gut gelaunt an. „Rufen Sie uns gerne an, wenn Sie etwas stört. Wir werden eine Lösung finden“, sagt sie getreu dem Motto „Angriff ist die bes­te Verteidigung“ und erntet einige Lacher im Publikum. Es geht nicht nur um ein schnelleres Internet. Die Gemeindeverwaltung will die Großbaustelle nutzen, um auch die Gas- und Stromversorgung zu verbessern. Insgesamt 2,3 Millionen Euro für 6,5 Kilometer Glasfaser werden investiert, 1,9 Millionen kommen von Bund und Land.

Rund 250 Zuhörer kamen zur Bürgerinformation. Foto: Carsten Riedl
Rund 250 Zuhörer kamen zur Bürgerinformation. Foto: Carsten Riedl

Von den Fördergeldern profitieren allerdings nicht alle Holzmadener. Bei jedem Haushalt werden die Kabel bis zu einem Meter hinter die Grundstücksgrenze gelegt, danach ist es jedem selbst überlassen, ob er den Anschluss auf eigene Kosten bis ins Haus legt. Für 181 Haushalte in Holzmaden ist der Anschluss gratis, denn sie gelten momentan in der Internetgeschwindigkeit als unterversorgt. Die übrigen gelten als gut versorgt, werden künftig aber ein im Vergleich langsameres Internet haben.

Ob das keine Zwei-Klassen-Gesellschaft in Sachen Internet gibt, lautet eine Frage der Besucher. „Wir haben jetzt schon zwei Klassen. Nur dass aus der 2. Klasse künftig die erste wird“, antwortet die Bürgermeisterin. Wichtig sei, Voraussetzungen für die Zukunft zu schaffen. „Viele Dinge, an die wir noch nicht denken“, orakelt die Bürgermeisterin. Sie denkt an das sogenannte „Internet der Dinge“: intelligente Kühlschränke, Online-Behandlungen in Echtzeit, Arbeiten von zu Hause. Dann gehen weitere Finger im Publikum hoch. Was denn so ein Anschluss koste. Je nach Angebot des Bauunternehmens kann der zwischen 1500 und 2500 Euro liegen. Das definitive Angebot liegt aber noch nicht vor. Was auch wichtig ist: Keiner ist gezwungen, mit der NetCom einen Vertrag abzuschließen, auch wenn sie mit Holzmaden einen Netzbetreibervertrag hat, während die Gemeinde Besitzerin des Netzes ist. Allerdings, und das ist der Haken: Für viele Anbieter lohnt es sich nicht, einen Anschluss z​u bedienen. Denn sie müssen in dem Fall Geld für die Nutzung des Netzes zahlen - an die NetCom.

Das Infrastrukturpaket ist noch umfassender. Wo Leerrohre für Glasfaser gelegt werden, können Gasrohre gleich mitverlegt werden, sofern Bedarf besteht. Bei einigen Häusern werden zudem Dachständer für die Stromversorgung entfernt und „tiefergelegt“. Damit soll vermieden werden, dass Straßen mehrmals innerhalb weniger Jahre aufgerissen werden. Es tut sich also einiges in und vor allem unter Holzmaden. Bis Ende nächsten Jahres soll alles fertig sein. 2019 hat der Gemeinderat wegen zahlreicher Bautätigkeiten das „Jahr des Maulwurfs“ genannt. Für 2020 muss das Motto wohl nicht geändert werden.