Weilheim · Lenningen · Umland
Internetstores schließt Esslinger Filiale

Wirtschaft Teile der Belegschaft des Online-Händlers für Fahrräder und Outdoor-Artikel werden gekündigt. Offenbar macht das Unternehmen auch Bereiche seines Standortes in Untertürkheim dicht. Von Greta Gramberg

Esslingen. „Diese Rufnummer ist ungültig“, sagt eine Frauenstimme der Anruferin, die die Nummer der Esslinger Internetstores -Filiale gewählt hat. Vielleicht wurden die Angaben auf der Webseite des Online-Händlers für Fahrräder und Outdoor-Artikel einfach seit längerer Zeit nicht aktualisiert. Vielleicht handelt es sich aber auch um einen Vorboten dessen, was Ende April an der Ecke Fritz-Müller- und Max-Planck-Straße passiert: Internetstores schließt zum 30. April 2023 die Dependance. Das berichteten mehrere Beschäftigte übereinstimmend.

 

Wir haben diese Entscheidung sorgfältig abgewogen.
Max Heimann
Kopf der Geschäftsführung von Internetstores

 

Das Unternehmen selbst bestätigte erst auf Anfrage, dass die Esslinger Filiale geschlossen werden soll. Wie Max Heimann, Kopf der Geschäftsführung von Internetstores, schreibt, sei der Führungsriege die Schließungsentscheidung nicht leichtgefallen, und man sei sich der Tragweite für die Belegschaft bewusst. „Wir haben diese Entscheidung aber sorgfältig abgewogen“, versichert Heimann, der seit Mitte August an der Spitze des Unternehmens steht. Der Manager war zuvor Geschäftsführer der Manufactum-Gruppe, einer Tochter des Otto-Konzerns.

Weitere Informationen zu der Zahl der Betroffenen und den Hintergründen waren vom Unternehmen zunächst nicht zu erhalten. Wie mehrere Mitarbeiter, die aus Angst um ihren Job und vor rechtlichen Konsequenzen anonym bleiben wollen, aber übereinstimmend berichten, sollen zum 31. Juli 2023 auch die Kleinteilretoure und das Lager in Stuttgart-Untertürkheim geschlossen werden. Die Fahrradretoure sowie die Großteile-Logistik sollen in Untertürkheim dagegen bestehen bleiben.

Seit 2007 in den Neckarwiesen

In Esslingen befinden sich nach Angaben auf der Firmen-Webseite das Lager und der Versand der Kleinteile sowie der Wareneingang und die Verzollung. Noch hängt am Zaun des Firmengeländes ein Schild, das um Lagermitarbeiter wirbt. 2007 war Internetstores, damals noch unter der Leitung seines Gründers René Marius Köhler, von Waiblingen in die Neckarwiesen gezogen. Zunächst befand sich auch die Firmenzentrale mit 50 Mitarbeitern an diesem Standort.

Heute wird das Unternehmen von Stuttgart aus gelenkt, Mehrheitseigner ist die Signa-Sports-Gruppe. Laut firmeneigener Webseite beschäftigt Internetstores insgesamt etwa 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland, Frankreich und Schweden. Zu den Online-Shops von Internetstores gehört nicht mehr nur Fahrrad.de, womit einst alles anfing, sondern auch Plattformen mit Bikester oder Campz sowie exklusiv vertriebene Marken wie Votec und Ortler.

Umsatz von 600 Millionen Euro

Internetstores ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Versender von kompletten Fahrrädern an Privatkunden. Das Unternehmen machte Medienberichten zufolge 2021 einen Umsatz von etwa 600 Millionen Euro, eine Verdopplung seit 2018. Die Umsätze mit Fahrrädern und insbesondere mit E-Bikes sind in Deutschland in den vergangenen Jahren stark gewachsen, wenn auch Lieferengpässe und hohe Kosten die Euphorie in der Branche dämpfen.

In einer E-Mail an die Mitarbeiter schreibt die Geschäftsführung, Inflation, Energiekrise und Kaufzurückhaltung erforderten ein weitsichtiges Handeln, um ein Unternehmen dauerhaft wirtschaftlich gesund zu erhalten. „Im Ergebnis sind wir dazu gekommen, dass es notwendig ist, unsere aktuelle Struktur zu stabilisieren und zu verbessern.“ Unter den Mitarbeitern herrscht Enttäuschung über die Kündigungen und darüber, dass offenbar keine Abfindungen, sondern eine Anwesenheitsprämie sowie Unterstützung bei der Jobsuche angeboten werden.