Im Wald ticken die Uhren anders: „Zehn Jahre sind für uns nicht viel“, sagt Kreisforstamtsleiterin Cordula Samuleit. Darüber, wie viel in dieser Zeitspanne tatsächlich passiert, gibt die forstliche Betriebsinventur Aufschluss. Die Ergebnisse sind die Grundlage für die Planung. „Wir betrachten dabei drei Blickwinkel: Was war? Wo stehen wir jetzt? Was wollen wir in den nächsten zehn Jahren tun?“, erklärt Cordula Samuleit. Die Leiterin des Kreisforstamts und ihre Kollegen beschäftigt im Nürtinger Stadtwald dieser Tage vor allem die Frage „Was haben wir jetzt?“
Die Inventur soll die Frage beantworten: Wie viel Holz steht im Wald? Dafür vermessen die Fachleute keineswegs jeden einzelnen Baum. Vielmehr entnehmen sie an dauerhaft angelegten Stellen Stichproben. Dabei werden auf rund 1300 Hektar Waldfläche an 650 Stichprobenpunkten Daten aufgenommen. Relevant sind neben dem Stammdurchmesser und der Baumhöhe das Alter und mögliche Schäden. Doch das Interesse gilt auch der nächsten Generation: Wie viele junge Bäumchen gibt es? Und wie hoch sind sie schon gewachsen? Dabei schauen die Försterinnen und Förster ganz genau hin: Wo das laienhafte Auge höchstens ein dürres Zweiglein auf dem Waldboden sieht, erkennen die Experten die Bäume der Zukunft.
bis weit nach oben astfrei.
Genau das wollen wir haben.
Das Verfahren ist aufwendig: Etwa 30 Minuten braucht das Team für jeden einzelnen der 650 Punkte. Es sind immer dieselben Bäume, die alle zehn Jahre vermessen werden. Schon bei der ersten forstlichen Betriebsinventur vor 30 Jahren wurde dafür gesorgt, dass die Bäume wieder gefunden werden. Metallpflöcke weisen den Weg. Sie wurden vorsorglich unterirdisch angebracht. Zum einen liegen sie unter der Erde geschützter, zum anderen wird so dafür gesorgt, dass Revierleiter oder Waldbesitzer die Stellen nicht bewusst oder unbewusst anders behandeln. „Dann wäre unsere Statistik versaut“, sagt die Kreisforstamtsleiterin.
Mit der Inventur beauftragt ist das Unternehmen „Forest Force Consulting“. Mitarbeiter Marius Bastian begibt sich im Talwald mit einem Metalldetektor auf die Suche nach dem Stichprobenpunkt. Grob weiß er zwar, wo er ihn finden wird, aber um in einem ganzen Wald einzelne Bäume auszumachen, reicht das nicht. Der Detektor pfeift laut, als Marius Bastian am Ziel ist. Das zehn Jahre alte Schaubild nordet er ein, um die gesuchten Bäume zu finden. Fünf Eichen in diesem Abschnitt hatten es ins Schaubild geschafft, weil ihr Durchmesser damals schon über 30 Zentimeter betrug. Vier von ihnen stehen noch.
Von der Eiche, die im Bild als „2 Ei“ gekennzeichnet ist, ist nur noch ein Baumstumpf übrig. Der Stumpf gehört nun zur Kategorie „Totholz“. Neben den bestehenden und heranwachsenden Bäumen wird auch dieses abgestorbene Holz erfasst.
Eiche Nummer drei hingegen steht weiterhin wie eine Eins. Marius Bastian und Felix Klaschka vom Referat Forsteinrichtung messen den Umfang auf der festgelegten Höhe von 1,30 Meter. Daraus errechnen sie den Durchmesser der Eiche. Das Ergebnis: 56,2 Zentimeter. „Vor zehn Jahren waren es 50,3. Sechs Zentimeter in zehn Jahren, das ist für eine Eiche ganz ordentlich“, freut sich Cordula Samuleit. „Wie dick die Bäume einmal werden sollen, bis sie gefällt werden, wird die Inventur zeigen. Man kann mit einem Durchmesser von 70 bis 80 Zentimetern rechnen.“
Nächste Woche soll die Inventur im Nürtinger Stadtwald ihr Ende finden. Danach gehen die Daten an die Forstdirektion. Die Ergebnisse fließen dann an die Forsteinrichtungen zur langfristigen Planung. Zum Schluss steht fest, wie viele Festmeter es gibt und mit welchem Zuwachs zu rechnen ist. Davon wird abgezogen, wie viel Holz genutzt wird. Dabei legen die Förster Wert auf Nachhaltigkeit: „Es wird nicht mehr genutzt als nachwächst.“