Porträt
Isabell Plaue aus Neuffen ist die singende Trauerrednerin

Bekannt wurde sie einst mit ihren Auftritten bei „Voice of Germany“. Nun hat die Musikerin auf einer anderen Bühne ihre Erfüllung gefunden. 

Irgendwie sei sie nicht der Typ für die große Bühne, bekennt Isabell Plaue. Obwohl sie vor über sieben Jahren sogar im bundesweiten Scheinwerferlicht stand. Damals wurde sie einem großen TV-Publikum durch die Pro7-Castingshow „Voice of Germany“ bekannt. „Ein Superstar wollte ich aber eigentlich nie sein“, sagt die Neuffenerin. Dazu sei sie immer zu aufgeregt gewesen: „Das stand mir im Wege.“ Die großen Auftritte hat sie deshalb nie so richtig genießen können.

 

Jeder Mensch trauert anders.

Isabell Plaue, Trauerrednerin

 

Sängerin blieb sie freilich. Und sie wurde Hochzeitsrednerin. Mittlerweile aber bewegt sich die heute 39-Jährige öfter am eher anderen Ende der Skala der Empfindungen: Sie ist freie Trauerrednerin. Dabei nutzt sie auch ihr gesangliches Können. Dass sie aber in diesem Job ihre eigentliche Berufung gefunden zu haben glaubt, hat noch einen anderen Grund.

Die Musik begleitet die gebürtige Nürtingerin von klein auf. In die Tasten der Heimorgel griff sie schon im zarten Alter von vier Jahren. Ab dem 14. Lebensjahr lernte sie beim damaligen Bezirkskantor Jens Schreiber an der Kirchenorgel.

Natürlich sind ihr da all die kirchlichen Lieder, die auf Beerdigungen ganz klassisch erklingen, nicht fremd. Und wenn die Trauergäste sich mit dem Mitsingen der Gemeindelieder schwertun, singt sie eben. Doch sie gibt auf Wunsch auch spezielle Lieder zum Besten. 

Reden und Musik, beides oder nur eines, live oder aus der Konserve: Dass sie auch Sängerin ist, ist eines ihrer Alleinstellungsmerkmale als Trauerrednerin. Schleichend sei sie in dieses Feld gewechselt. Seit 2017 arbeitet sie als Hochzeitsrednerin. Und damals fragte sie eines ihrer Brautpaare, ob sie auch bei der Trauerfeier für die Großmutter sprechen würde.

Isabell Plaue bildete sich dafür fort, gerade während der Corona-Zeit. Online. Es war eine schwere Zeit für Künstler, in der sie auch mit dem „Singenden Telegramm“ den Pandemie-Beschränkungen trotzte.

Der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen kam dazu. Konkurrenz sei dabei eher kein Thema. Die meisten ihrer Kunden werden ihr über Bestattungsinstitute vermittelt. Social Media spielt dabei (noch) keine so große Rolle. Auch wenn sie einen interessanten Boom bemerkt: „Der Tod wird zunehmend enttabuisiert.“ Gerade von jüngeren Menschen. Und so glaubt Isabell Plaue auch, dass es gut ist, dass sie sich vom Alter her von vielen Kollegen abhebt.

Isabell Plaue will bei ihren Trauerreden ganz den Menschen in den Mittelpunkt stellen.  Foto: privat

100 Einsätze in einem Jahr

Ihr Erfolg scheint ihr recht zu geben. Im vergangenen Jahr knackte sie erstmals die Marke von 100 Einsätzen. „Ich bin sehr gut ausgelastet“, sagt sie. Denn die Reden müssen nicht nur geschrieben und gehalten werden: Das Trauergespräch ist immer der erste Schritt. Und da reicht die zeitliche Bandbreite von zehn Minuten bis viereinhalb Stunden. Auf die Uhr schaut sie nicht. Denn das Gespräch ist oftmals ein bedeutender Teil der Trauer der Angehörigen.

Oft sind es die Geschichten à la „Weißt du noch?“, die ihr erzählt werden. „Das liebe ich“, sagt sie. Zuerst seien die Menschen beim Trauergespräch aufgeregt, dann tauten sie auf und geben gefühlvolle Einblicke ins Leben der Verstorbenen. Da ist der Papageien-Liebhaber. Oder der Mensch, der so gerne reiste. Oder der nach einer Flucht hier eine neue Heimat gefunden hat. Vieles könne man dabei lernen – und Isabell Plaue vertieft bei dieser Gelegenheit oft ihr Wissen.

Man müsse sich aber darüber im Klaren sein, dass man die Geschichte des Verstorbenen immer aus der Sicht des Erzählenden schildere. Manchmal seien die Geschichten aber auch nicht schön. Denn oft sei vor dem Tod nicht alles geklärt worden. Streit könne dann den Tod überdauern. Gehe es um einen Suizid, sei es oft schwierig. Doch Isabell Plaue hat auch schon einen ganz harten Fall erlebt. Es ging um einen Mordfall, und da sich ganz kurzfristig neue Ermittlungsergebnisse ergaben, musste sie die Rede auf den letzten Drücker umschreiben.

Das Drumherum ist zweitrangig

Bei der Gestaltung der Trauerfeier können dann viele Elemente einfließen. Mit Kerzen zum Grab. Startende Luftballons. Wenn gewünscht. Und es gab schon einmal zu Ehren des Verstorbenen ein Schnäpsle am Grab. Oder ein „Mon Chéri“. Auch bei Fußballer-Beerdigungen war der nach eigenem Bekenntnis dunkelrote VfB-Fan schon im Einsatz.

„Jeder trauert anders“, sagt Isabell Plaue. Da gibt es die große Trauerfeier, die kleine oder gar private – oder das Event. Wichtig ist es ihr immer, dass es in ihrer Rede nur um den Menschen geht: „Nicht so sehr um das Drumherum.“

Gerade sie als jüngere Trauerrednerin spricht oft bei jüngeren Menschen oder gar Kindern am Grab. Ist ihr das nicht oft zu hart? Nimmt sie nicht zu viel mit nach Hause? „Nein“, sagt die zweifache Mutter. Auch wenn sie manchmal nach der Trauerfeier noch allein über den Friedhof gehe, um etwas Abstand zu gewinnen. Denn: „Ich habe da etwas gefunden, das mich erfüllt.“ 

Die andere, die vermeintlich unbeschwerte oder manchmal auch große Bühne hat sie dennoch nicht ganz vergessen. Mit ihrem Duo-Partner ist sie meist für private Feste zu buchen. Und ein großes Konzert möchte sie noch geben: „Mit Filmmusik“, sagt sie. Denn auch wenn sie damals bei „Voice of Germany“ durchaus nicht nur gute Erfahrungen machte, ebnete ihr die große Medienpräsenz doch so manchen Weg. Zudem ist eines klar: Egal auf welcher Bühne, bleibt die Musik eine ihrer Leidenschaften.