Eine Klippe umschiffte Bürgermeister Johannes Züfle beim traditionellen Zehntweintrunk in der Weilheimer Limburghalle vor rund 350 Gästen mit seiner Erfahrung aus zwei Amtszeiten. „Die Kommunale Standortbestimmung erfolgt nun im Schweinsgalopp: Nicht weil es nichts zu sagen gibt – sondern aus Zeitgründen. Ganz nebenbei umgehe ich so den Vorwurf ich hätte mich besonders in Szene setzen wollen – der 26. Januar lässt grüßen.“ An diesem Tag im kommenden Jahr stellt sich der amtierende Schultes zum dritten Mal den Weilheimerinnen und Weilheimern zur Wahl.
Seit 42 Jahren ist der Zehnweintrunk stets auch ein Rückblick, und das laufende Jahr war politisch vor allem durch die Kommunalwahl geprägt Im „Städlte“ war von der allgemein beklagten Politik- und Demokratiemüdigkeit aber nichts zu spüren. Dafür spricht allein die Zahl derjenigen, die sich für den Gemeinderat haben aufstellen lassen. „Das haben sage und schreibe 80 Weilheimerinnen und Weilheimer getan. Eine stolze Zahl – eine Zahl um die uns auch so manch andere Kommune beneidet. Daher habe ich zum Zehntweintrunk alle Kandidatinnen und Kandidaten der vier Wählervereinigungen beziehungsweise acht Wahlvorschläge eingeladen“, holte Züfle die „Mitdemokratinnen und Mitdemokraten“ nach vorne zum XXL-Gruppenfoto.
Ein bisschen Werbung in eigener Sache gab es dann doch noch: Der Ausbau der Kindergartenplätze in Weilheim und Hepsisau, inklsuive zweier Natur-Kita-Konzepte, die von der Architektenkammer ausgezeichnet wurde oder der markante Neubau der Turnhalle Limburgschule sind vorzeigbare Projekte seiner Amtszeit, ebenso wie neue Bauplätze und die bald fertige Ortsdurchfahrt in Hepsisau. Und auch Rosenloh fehlt auf dem Rück- und Ausblick nicht. „Dieses Gebiet wird kommen! Grund und Boden sind gekauft, der Bebauungsplan steht, inzwischen hat der Gemeinderat einen Erschließungsträger mit der weiteren Planung und Umsetzung beauftragt. Dieser wird in der kommenden Gemeinderatssitzung über den weiteren zeitlichen Ablauf informieren“, kündigte Johannes Züfle für den heutigen Dienstag an.
Wie im vergangenen Jahr brachte er auch dieses Mal seine Sorge um die Demokratie zur Sprache: „Durch Einflüsse von außen, aber auch weil sich die große Politik in der Wahrnehmung vieler Menschen immer weiter von der Realität vor Ort zu entfernen scheint. Diese Realität wird in den Kommunen konkret: bei der Schaffung von Wohnraum, der Frage der Migration, bei der Suche nach Antworten auf den Klimawandel, bei der Bildung und Betreuung, der Digitalisierung oder der Mobilitätswende.“ Ein Zitat aus Bundespräsident Steinmeiers Buch „Wir“ passte dazu: „Eine Maxime könnte lauten: weniger Regeln, aber die beschlossenen Regeln dafür klarer anwenden. Die Kommunen brauchen Luft zum Atmen und Spielräume, lokale Besonderheiten zur Geltung zu bringen.“
Braun und Lehmann geehrt
Nach dem vorher Gesagten war es für den Schultes wahrscheinlich ein besonderes Anliegen, „engagierte Mitausgestalter der örtlichen Säule unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ zu ehren: Für sein „jahrzehntelanges fürsorgliches, umsichtiges Wirken“ im Männerchor Hepsisau ist Roland Braun mit der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg ausgezeichet. Braun ist nicht nur seit 49 Jahren aktives Mitglied, sondern seit 29 Jahren Vorsitzender „seines“ Männerchores Hepsisau. Im Ortschaftsrat saß er auch noch 18 Jahre.
Besonders emotional wurde es beim zweiten Geehrten des Abends: Der ehemalige Gemeinderat Siegfried Lehmann wurde für nahezu unglaubliche 79 Jahre ehrenamtliches Engagement geehrt. „Siegfried Lehmann ist schwer erkrankt und hat keine Stimme mehr. Umso mehr freuen wir uns, dass er heute Abend hier ist. Es ist schwer nichts – absolut nichts – sagen zu können. Gerade dann, wenn man so ein Tausendsassa wie Sigge Lehmann ist. Und auch das darf uns imponieren, wie Siegfried Lehmann sich nicht unterkriegen lässt, wie er mit seinem Schicksal umgeht, und dass er heute Abend freudestrahlend hier ist.“
Es war der emotionale Höhepunkt der Rede: Bei Wein, Bätschern und Musik vom Männerchor ging der Abend danach noch in die Verlängerung.