Weilheim. Elfriede Schur ist geschäftig im Garten unterwegs und sieht nach ihren Pflanzen. Immerhin ist der Frühling bald da, und dann muss der Garten wieder vorzeigbar sein. Ihr Mann Kurt Arthur betrachtet sie liebevoll und besorgt zugleich. "Jetzt geh' wieder rein, du erkältest dich noch", rügt er sie und lenkt sie vorsichtig die Treppe hinauf. "Mit meinen Handwerkerhänden tue ich ihr schnell weh", sagt er und zeigt seine kräftigen Hände. Schon 65 Jahre lang sind die beiden verheiratet und ein eingespieltes Team. Morgen feiern sie im Familienkreis ihre eiserne Hochzeit.
Kennengelernt haben sie sich hier im Schwabenland, wo sie beide nach dem Krieg Zuflucht gefunden haben. "Ich kam 1947 hierher, nachdem ich aus dem Sudetenland vertrieben wurde", erzählt Elfriede Schur. "Wir wurden damals in Waggons transportiert, die Russen nahmen uns Schmuck und Wertgegenstände ab." Die heute 85-Jährige wurde schließlich dem Kreis Esslingen zugewiesen und im "Hirsch" in Weilheim untergebracht. Auch ihr Mann kam notgedrungen ins Ländle: "Wir wohnten in Zürich und wurden nach dem Krieg als eingewanderte Deutsche ausgewiesen", erinnert er sich. Daraufhin kehrte seine Familie nach Ohmden zurück, wo sie eine provisorische Unterkunft bewohnten.
Dem Umzug haben sie es jedoch zu verdanken, sich kennengelernt zu haben. "Ich habe immer viel Sport gemacht. Deshalb habe ich ehrenamtlich beim Aufbau der Skihütte auf der Alb mitgeholfen", berichtet Elfriede Schur. Auch Kurt Arthur Schur verschlug es mit seinem Freund auf die Alb, um mitzuhelfen. "Und dann habe ich in der Baugrube ein freches Mädel mit Lederhose gesehen", lächelt der 89-Jährige. Sofort war es um die beiden geschehen und im jungen Alter von 19 und 23 Jahren schritten sie zum Traualtar.
Danach wohnte das Paar bei Herrn Schurs Mutter in einem kleinen Zimmer, wo auch ihr Sohn zur Welt kam. "Damals ging es zur Geburt nicht ins Krankenhaus", erzählt die Jubilarin. "Das war viel zu teuer." Auf ihren Sohn folgte bald eine Tochter. Später konnte sich die Familie den Traum vom eigenen Haus in Weilheim erfüllen. Wann genau das war – da muss das Ehepaar erst einmal überlegen. Denn die Jahre verschwimmen mit der langen Zeit. "Das war 1958", ist sich Elfriede Schur sicher. Ihr Mann gibt nach: "Du hattest schon immer das bessere Gedächtnis."
Ihre frühe Heirat haben die Schurs nie bereut. "Jung gefreit hat nie gereut", fasst es Elfriede Schur zusammen. "Ich habe das große Los gezogen", sagt auch Kurt Arthur mit Hingabe. Er war zwar nicht immer zu Hause und hat viel gearbeitet, aber seine Frau war immer seine "Hauptperson". "Ich habe dein Geld verwaltet und vermehrt", schmunzelt seine Frau und ihr Gatte gibt sich geschlagen: "Ich kann bis heute nicht mit Geld umgehen." Was er an seiner Frau liebt und schätzt, ist, dass die Familie für sie immer das Wichtigste war. Er selbst dagegen bedauert, dass er früher so wenig Zeit mit seinen Kindern verbracht hat. "Aber was will man machen, wenn man den ganzen Tag arbeitet?", seufzt er. Die Zeit mit seinen drei Enkelkindern hat er dafür umso mehr genossen.
Das Wichtigste für eine lange Ehe ist, dass man sich gegenseitig versteht, sind sich die Schurs einig. "Es gibt immer Tiefs, aber man darf nichts dramatisieren", lautet Herr Schurs Ratschlag. Sie blicken zufrieden auf ihr gemeinsames Leben zurück. "Ich würde alles wieder genauso machen", sagt Elfriede Schur. Als besonders schon haben sie ihre Ferien in der Schweiz in Erinnerung. Jetzt ist es für sie leider nicht mehr möglich, zu reisen. "Alles hat nun mal ein Ende", meint der Weilheimer. Für die Zukunft wünschen sie sich, "noch eine Weile beieinanderbleiben" zu dürfen. Und sie möchten dabei sein, wenn im Sommer ihr erster Urenkel zur Welt kommen wird.