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Jurtenkindergarten in Hepsisau: Neue Pläne sorgen für Diskussion

Kinderbetreuung Eigentlich hatte die Stadt Weilheim vorgesehen, die alte Hepsisauer Kita im Sommer 2024 durch eine Jurten-Kindergarten zu ersetzen. Jetzt kommt es anders. Von Bianca Lütz-Holoch

Erst eine, dann drei – oder sogar vier? Wie viele Jurten in Weilheim und Hepsisau entstehen, wird sich noch zeigen. Die Stadt will sich jedenfalls den Bau von bis zu vier naturnahen Kitas genehmigen lassen. Eine davon soll sogar weit früher stehen als gedacht. Die spontanen Planänderungen kamen allerdings im Gemeinderat nicht bei allen gut an. 

 

Da bleibt mir die Natur im Hals stecken.
Gerda Schrägle
Die Stadträtin über die Aussicht, dass viele Kinder aus Weilheim mit dem Auto zum Jurtenkindergarten nach Hepsisau gefahren werden. 

 

„Ein Teil des Gemeinderats fühlt sich überfahren“, stellte Rainer Bauer (UWV) zu Beginn der Diskussion klar. „Wir hätten uns gewünscht, mehr mitgenommen zu werden.“ Drei kurzfristige Änderungen rund um den Bau der Jurten-Kindergärten in Hepsisau und Weilheim mussten die Ratsmitglieder schlucken. So soll das neue Angebot im Weilheimer Ortsteil nicht erst im Sommer 2024 an den Start gehen, sondern schon ein Jahr früher. Die alte Kita in Hepsisau wird außerdem nicht sofort abgerissen, sondern bleibt erst einmal als Puffer stehen. Die „Krönung“ aus Sicht mancher Räte: Die Stadtverwaltung möchte per Bauantrag jetzt nicht mehr nur eine Jurte in Hepsisau genehmigen lassen, sondern gleich zwei. Letztendlich fand sich eine Mehrheit für die neuen Pläne der Stadt – allerdings hagelte es auch Kritik.

„Jetzt darf also Hepsisau herhalten, nachdem es in Weilheim nicht vorangeht“, kommentierte Ilse Fischer (BDF) den Kurswechsel der Stadtverwaltung. „Erst haben wir darum kämpfen müssen, dass es überhaupt noch eine Kinderbetreuung in Hepsiau gibt – und jetzt sprechen wir davon, dort gleich zwei Jurten zu bauen und noch die bestehende Kita stehenzulassen?“ Sie bezog sich damit auch auf den zeitlichen Verzug bei den beiden geplanten Jurten in der Weilheimer Weinsteige. Ursprünglich hatte die Stadt in Aussicht gestellt, dass sie im Herbst 2022 stehen könnten. Weil umfangreiche artenschutzrechtliche Gutachten erforderlich waren, kann erst jetzt der Bauantrag gestellt werden.

Gerda Schrägle (SBV) wollte dem Antrag auf eine zweite Jurte in Hepsisau ebenfalls nicht zustimmen. „Die Idee ist doch, dass die Kinder zu Fuß in die Naturkita gehen können“, gab sie zu bedenken. Stattdessen müssten künftig im schlimmsten Fall zweieinhalb Kita-Gruppen täglich mit dem Auto nach Hepsisau gefahren werden – aus ihrer Sicht alles anderes als nachhaltig und umweltfreundlich: „Da bleibt mir die Natur im Hals stecken“, so die Stadträtin.

Sorge bei Eltern in Hepsisau

Thema war auch eine Sorge, die tags zuvor bei der Vorstellung der Pläne im Hepsisauer Ortschaftsrat aufgepoppt war. „Was nicht passieren darf: dass die Jurte irgendwann voll ist und Hepsisauer Kinder nach Weilheim gefahren werden müssen, während Weilheimer Kinder in Hepsisau betreut werden“, fasste es Hartmut Hummel (UWV) zusammen. Sein Fraktionskollege Bernd Kautter wünschte sich gar eine Garantie für Hepsisauer Kinder auf einen Platz in Hepsisau. Das wäre laut Stadtverwaltung allerdings nur per Satzungsänderung möglich.

Für die Vorwürfe aus den Gremium zeigte Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle wenig Verständnis. „30 Kinder warten in Weilheim auf einen Kita-Platz. Zum kommenden Kita-Jahr werden es 43 sein“, veranschaulichte er den massiven Mangel an Betreuungsplätzen. Konkrete Vorschläge des Gemeinderats zur Lösung des Problems vermisse er. „Wir fühlen uns da ein Stück weit alleingelassen“, machte Züfle deutlich. Schließlich sei die Stadt in der Pflicht, die Kinder unterzubringen. Sich für den Notfall eine Möglichkeit für eine zweite Jurte in Hepsisau offenzuhalten, hält der Weilheimer Bürgermeister für legitim und sinnvoll – zumal in Hepsisau keine baurechtlichen Hindernisse zu erwarten sind.

Rückendeckung für die Stadt

Von anderen Gemeinderatsmitgliedern gab es Unterstützung für die Pläne der Stadt. „Man sieht doch, wie dringend der Bedarf ist“, sagte Martin Pfauth (SBV).​​​​​​ „Außerdem ist die zweite Jurte in Hepsisau nur für den Fall gedacht, wenn die Jurten in Weilheim nicht gebaut werden dürfen.“ Dr. Hansjörg Egerer (FWV) verwies auf den Druck, unter dem die Stadt steht.​​​​​​ „Ich fände es fahrlässig, den Bauantrag für nur eine Jurte zu stellen“, sagte er und betonte: „Ob die zweite dann gebaut wird oder nicht, hat ja der Gemeinderat selbst in der Hand.“

„Der Bedarf bei den Familien ist sehr groß“, gab Stefanie Haufe (FWV) zu bedenken. Sie zeigte Verständnis sowohl für das Vorgehen der Stadt als auch für die Eltern in Hepsisau, die sich Sorgen machen, ob ihr Kind einen Platz im Ort bekommt. „Es wäre gut, wenn Hepsisauer Kinder auch einen Platz in Hepsisau bekommen – aber bisher hat die Stadt auch immer versucht, die Kinder so wohnortnah wie möglich unterzubringen“, zeigte sie sich zuversichtlich.