Wendlingen. Seit Wahlplakate hängen, fühlen sich manche Zeitgenossen bemüßigt, ihren Unmut über die Ansichten der verschiedenen Parteien zeigen zu müssen, indem sie ihre Plakate und Banner beschmieren, zerreißen, überkleben oder stehlen. Karl Zimmermann fühlt sich gerade in diesem Wahlkampf massiver Zerstörungswut von Plakaten mit seiner Person ausgesetzt. So würden häufig Augenpartien und der Mund mit einem Cutter ausgeschnitten. „Dass man im Rahmen des Wahlkampfes einen gewissen Unmut von Andersdenkenden aushalten muss, erfahre ich schon seit vielen Jahren“, teilt der Kandidat und Landtagsabgeordnete der Christdemokraten mit. „Aber diese Aktion der Zerstörung in Wendlingen geht über das übliche Maß hinaus.“
Wie ist das bei Kandidaten anderer Parteien? Andreas Schwarz, Kandidat und Abgeordneter der Grünen im Landtag. Schwarz schätzt, dass 15 bis 20 Prozent seiner Plakate beschädigt oder vollständig zerstört worden sind. Über dieses Ausmaß ist der Politiker überrascht, bisweilen würden sogar ganze Ständer mit Plakaten fehlen. Besonders ärgert ihn, dass ehrenamtliche Helfer wieder viel Zeit fürs Nachplakatieren aufbringen müssen. Die Mitglieder seien ohnehin an ihrer Belastungsgrenze. Die Kosten für die Plakate trügen die Ortsverbände beziehungsweise der Kreisverband. Schwarz ist der Meinung, dass man in einer Demokratie andere Mittel habe, um sein Andersdenken auszudrücken.
Ulrich Kuhn, Kandidat der FDP im Wahlkreis Kirchheim, weiß von einem einzigen Plakat mit seiner Person, das zerstört worden sei. Kuhn glaubt, dass manche Personen ihre Anti- beziehungsweise Sympathie für einen Kandidaten damit ausdrückten. „Ich gebe wohl kein Feindbild für solche Leute ab“, sagt Kuhn, der sich zum ersten Mal für die Freien Demokraten aufstellen hat lassen.
Ziemlich unaufgeregt empfindet Andreas Kenner den Vandalismus. „Plakatständer werden bei jeder Wahl kaputt geschlagen“, sagt der SPD-Kandidat aus Kirchheim. Auch er habe ein Drittel seiner Plakate wieder ersetzen müssen. Dabei habe er auch gleich die Plakate anderer Kandidaten wieder aufgestellt. Die Polizei habe er aber dennoch nicht eingeschalten: „Die haben andere Aufgaben, als sich um Wahlplakate zu kümmern.“ Die meisten Zerstörungsaktionen seien dem Alkohol geschuldet. Das könne man daran erkennen, dass viele Plakate auf dem Weg zur S-Bahn umgeworfen worden seien. Die wenigsten Aktionen hätten einen politischen Hintergrund.
Plakatvandalismus
Laut Polizeipräsidium Reutlingen wurden seit Januar sechs Anzeigen verschiedener Parteien im Kreis Esslingen erstattet. Plakate der AfD seien besonders von der Zerstörungswut betroffen und in der Kirchheimer Schöllkopfstraße sogar angezündet worden, teilte Pressesprecher Josef Hönes mit.