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Katzen bevorzugen Urlaub zu Hause

Tierwohl Im Verein „Freundeskreis Katze und Mensch“ helfen sich die Mitglieder in der Urlaubszeit oder bei Notfällen gegenseitig bei der Katzenbetreuung. In Kirchheim und Nürtingen gibt es jeweils eine Gruppe. Von Sylvia Gierlichs

Ferienzeit – für viele Menschen gibt es nichts schöneres, als einen Tapetenwechsel. Kind und Hund ins Auto gepackt, und los geht die Reise. Doch was ist, wenn statt des Hundes eine Katze den Alltag bereichert? Katzen sind ein wenig eigen. Gibt man sie in eine Katzenpension, nehmen sie das mitunter übel. „Katzen bevorzugen den Urlaub in ihrer gewohnten Umgebung“, sagt denn auch Birgit Hayler. Sie leitet zusammen mit Harald Hochmann die Kirchheimer Gruppe des Freundeskreises Katze und Mensch. Der Verein vermittelt das gegenseitige Betreuen für Katzen.

 

Mit einer Katze hat es angefangen, mittlerweile sind es etliche.
Andrea Heiss
über ihren Futterplatz für wilde Katzen in Lenningen
 

Gegründet wurde der Verein bereits 1995 von einem Ehepaar, das zwei Jahre vorher von Bayern nach Baden-Württemberg gezogen war und selbst eine Betreuung für ihre Katze suchte. Sie schalteten eine Zeitungsanzeige. Es meldeten sich zehn Katzenbesitzer. Sie organisierten das Catsitting von da an bei ihren Katzen. „Schließlich kam die Idee auf, einen Verein zu gründen, der die Katzenbetreuung breiter aufstellt“, berichtet Birgit Hayler. Eine gute Idee, wie sich zeigte. Denn schon ein Jahr später war der Verein auf 52 Mitglieder angewachsen. Im Sommer des gleichen Jahres musste bereits eine regionale Aufteilung vorgenommen werden. „Mittlerweile hat der Verein deutschlandweit 155 Regionalgruppen und 8700 Mitglieder“, berichtet Birgit Hayler. Baden Württemberg ist jedoch mit 77 Gruppen am besten aufgestellt. Die Gruppen Kirchheim und Nürtingen haben jeweils rund 130 Mitglieder.

Die Kirchheimer Gruppe, gegründet 2010, trifft sich einmal im Monat zu einem gemeinsamen Essen. Eine buntgemischte Gruppe kommt da zusammen. Ältere Damen genauso wie Männer und Frauen, die voll im Berufsleben stehen. „Die Treffen sind wichtig, denn die Katzenbetreuung ist natürlich Vertrauenssache“, sagt Hayler. Man tauscht sich aus, gibt sich Ratschläge, greift sich auch mal außerhalb des Urlaubs unter die Arme. Denn auch bei Krankenhausaufenthalten oder geschäftlichen Reisen kann man auf die Vereinsmitglieder zählen.

Und was genau erledigen die Katzenbetreuer, wenn der Besitzer des Tieres nicht da ist? „Sie füttern das Tier, verabreichen Medikamente, säubern das Katzenklo. Sie leeren aber auch den Briefkasten und geben den Blumen einen Schluck Wasser“, sagt Birgit Hayler. Das Füttern hat es mitunter in sich. Denn Katzen können ganz schön schleckig sein. Deswegen haben viele Katzenbesitzer oft mehrere Dosen im Kühlschrank. Doch direkt aus dem Kühlschrank sollte man Futter natürlich auch nicht anbieten. Also wird es angewärmt. Tja, so ist das mit den Stubentigern. „Wenn sich der Catsitter auch noch ein wenig Zeit für ein kleines Spiel oder eine Kuscheleinheit nimmt, dann übersteht die Katze die Urlaubszeit eigentlich bestens“, sagt Birgit Hayler.

Zwischen Sitter und Katze kann auch ein richtig gutes Verhältnis entstehen. „Ich lasse meine Katze immer von einem Nachbarn betreuen. Während eines Urlaubs kam unsere Katze schon mittags kläglich maunzend zu ihm nach Hause gelaufen. Der Nachbar wunderte sich, denn eigentlich hatte er morgens den Napf gut gefüllt“, berichtet Andrea Heiss aus Lenningen. Doch die Katze hatte Kohldampf, das sah der Mann ihr an. Also ging er hinüber ins Nachbarhaus und stellte fest: die Katzenklappe hatte sich verklemmt.

Andrea Heiss hat aber nicht nur ein Herz für ihre eigene Katze. Sie betreut in Lenningen auch wilde Katzen, für die sie eine Futterstelle eingerichtet hat. „Mit einer Katze hat es angefangen, mittlerweile sind es etliche, die zu diesem Futterplatz kommen“, erzählt sie. Die wilden Katzen, sagt Andrea Heiss, seien scheu, lebten auf verwilderten Grundstücken, verlassenen Fabrikgeländen oder Friedhöfen. Menschen gehen sie meist aus dem Weg. „Dadurch bleibt das Leid dieser Tiere für viele unsichtbar.“, sagt Heiss. Die Tiere leiden Hunger und Durst, haben meist Parasiten und Infektionen. Das bedauerliche: Auch diese Katzen bekommen mehrmals im Jahr Nachwuchs.

Andrea Heiss kümmert sich in Lenningen darum, dass dies zumindest in ihrem Umfeld anders wird. Denn sie fängt die Katzen mit einer Lebendfalle ein und bringt sie zum Tierarzt, um sie kastrieren zu lassen. Ist die OP erfolgt, lässt Andrea Heiss die Katzen wieder frei. Die Kosten für die Behandlung beim Tierarzt übernimmt teils der Freundeskreis und teils der Tierschutzverein, weil es wildlebende Katzen sind. Schöner fände es Andrea Heiss allerdings, wenn Katzenbesitzer ihre Freigänger ebenfalls kastrieren lassen, denn nur so, sagt sie, lasse sich immer neues Katzenelend verhindern.

Bei Birgit Hayler wohnt ein klassisches Beispiel für eine ungewollte Katze, wie Andrea Heiss sie betreut. Er heißt Ricardo und war ein Freigänger. Der Kater hatte sich beim alten Tierheim in Kirchheim „angesiedelt“. Ins Heim wollte er nie. „Dort hat man ihm unter dem Dach einen Kratzbaum und eine Fressstation eingerichtet. Dort hauste er Winter wie Sommer tagein tagaus rund zehn Jahre lang, war immer scheu“, erzählt Hayler.

Im Jahr 2016 musste das Tierheim in der Kirchheimer Innenstadt allerdings geräumt werden. Birgit Hayler hat sich auf den Versuch eingelassen, den hübschen Kater in ihren Haushalt aufzunehmen. Das hieß für den Kerl: Von jetzt auf nachher rund sechs Wochen in geschlossenen Räumen zu überstehen. „Es klappte komischerweise außerordentlich gut. Auch die spätere Vergesellschaftung mit den vorhandenen drei Fellnasen verlief reibungslos“, berichtet sie. Alle seine neuen Geschwister seien mittlerweile über die Regenbogenbrücke gegangen. „Nur Ricardo, der Älteste, ist uns noch geblieben und das kostet er genüsslich aus“, sagt Hayler.

Eine Bitte hat Birgit Hayler: Wer eine Betreuung für seinen Stubentiger braucht, sollte sich nicht erst kurz vor dem Urlaub melden. Zuerst sollte die Katzenbetreuung organisiert werden, dann kann man sich der Urlaubsplanung widmen. Denn auch die Mitglieder des Freundeskreises Katze und Mensch gehen ab und an in den Urlaub. „In begründeten Notfällen setzen wir natürlich alles daran, eine Betreuung für die Fellnasen zu finden“, sagt Hayler.

Wer sich für eine Mitgliedschaft interessiert, kommt am besten zu einem der Treffen oder schaut im Internet nach. Die Kirchheimer Gruppe trifft sich rund ums Jahr in verschiedenen Restaurants.

 

Mehr Infos über den Freundeskreis Katze und Mensch, auch Ansprechpartner und Treffpunkte gibt es unter
catsitting.katzenfreunde.de