Schlierbach. Unentwegt hantiert die junge Frau mit ihrem Taschentuch, zerknüllt es, streicht es wieder glatt, faltet es zusammen. Einmal bricht sie in Tränen aus. Was hat die 22-Jährige von den Mordplänen eines Kirchheimers gewusst, der gemeinsam mit zwei jungen Männern im August 2013 für die Schüsse auf einen damals 45-Jährigen in einem Maisfeld bei Schlierbach verantwortlich ist? Das versucht die Große Jugendkammer am Landgericht Ulm unter Vorsitz von Richter Gerd Gugenhan zu klären.
Aus Eifersucht wollte der damals 26 Jahre alte Kirchheimer nach Überzeugung der Richter den Schlierbacher aus dem Weg räumen. Gegen ein Handgeld von 2 000 Euro heuerte er den damals 19 Jahre alten Bruder der jetzt Angeklagten und dessen Freund an. Die drei Männer fuhren zu dem Feldweg bei Schlierbach, wo das Opfer seinen Hund ausführte. Dort schoss der 19-Jährige mehrmals auf den Mann, der lebensgefährlich verletzt wurde. Das Opfer ist immer noch nicht vollständig hergestellt, erklärt seine Anwältin Sibylle Walch-Herrmann, die die Nebenklage vertritt.
Den Tätern wurde im vergangenen Jahr der Prozess gemacht. Der Anstifter, der auch das Tatfahrzeug steuerte, verbüßt eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren; der Schütze musste für zehn Jahre hinter Gitter. Nun muss sich seine Schwester vor Gericht verantworten. Ihr wirft Staatsanwalt Tobias Mästle vor, den Männern ihren stillgelegten Peugeot als Tatfahrzeug zur Verfügung gestellt und entstempelte Kennzeichen besorgt zu haben.
Das streitet die Frau auf der Anklagebank nicht ab. Den Vorwurf des Anklagevertreters, sie habe gewusst, was die Männer an diesem 21. August vor hatten, treffe aber nicht zu. Wortreich schildert die 22-Jährige, die auf dem Hof des Kirchheimers ihre Pferde eingestellt und mit dem sie auch einige Male sexuell verkehrt habe, wie der Hofbesitzer sie bedrängt habe, einen Kontakt zu ihrem Bruder herzustellen. Er habe von einem Mann erzählt, der ihn um viel Geld gebracht habe und seine Existenz gefährde. „Der Typ muss weg“, habe er gesagt. Sie habe das nicht richtig ernst genommen, antwortete die Angeklagte auf Nachfrage der Richter. Davon, den Mann zu töten, sei keine Rede gewesen, beteuert sie. Lediglich von einer Abreibung sei gesprochen worden.
Immer wieder bohren die Richter nach, halten der Frau vor, dass sie stellenweise kleinste Details berichtet, sich aber an die zeitlichen Abläufe nur bruchstückhaft erinnert. Um Geld sei es ihr nicht gegangen, erklärt die Beschuldigte. Der Kirchheimer habe angeboten, ihr Auto zu kaufen und sie aufgefordert, dafür Kennzeichen bei einem Schrotthändler zu besorgen. Dazu habe sie zwar keine Lust gehabt, aber der Mann habe massiv Druck gemacht und Drohungen gegen ihren Bruder ausgesprochen. Diesem hatte er inzwischen Geld gegeben, ohne dafür die geforderte Gegenleistung zu erhalten. Dass der Kirchheimer nach der Tat in ihre Wohnung kam, um zu duschen, sich umzog und sie beauftragte, seine getragene Kleidung nebst Handy zu entsorgen, habe sie völlig überrumpelt, gibt die Angeklagte zu Protokoll. Später übergab sie die Beweismittel dann der Kriminalpolizei.
Für den Prozess, in dessen Verlauf die Geschehnisse von Schlierbach noch einmal aufgerollt werden, sind sechs Verhandlungstage angesetzt. Am heutigen Mittwoch werden die inhaftierten Täter als Zeugen gehört. Auch das Opfer muss sich noch einmal einer Befragung stellen.
