Zwischen Neckar und Alb
„Keiner hat Anspruch auf einen bestimmten Wirkstoff“

Impfzentren Die anfängliche Skepsis gegen das Präparat von Astrazeneca schwindet.

Esslingen. Der Mangel an Impfstoff bremst die beiden Kreis­impfzentren in Esslingen und am Flughafen weiter aus. Neben den wöchentlich 1170 Dosen von Bion­tech/Pfizer werden dort inzwischen zweitausend weitere pro Woche von Astrazeneca verimpft. Dadurch sei es gelungen, die Zahl der täglichen Injektionen auf 400 je Zentrum zu erhöhen, sagt Malteser-Geschäftsführer Marc Lippe. Ursprünglich geplant waren doppelt so viele. Lippe rechnet damit, dass eine Vollauslastung frühes­tens Anfang April erreicht wird. Stehe ausreichend Impfstoff zur Verfügung, sei man in der Lage, die ursprünglich geplante Kapazität auch zu erweitern. „Wir haben die Prozesse so weit optimiert, dass das geht“, meint Lippe.

Inzwischen scheint auch die anfängliche Skepsis vieler Impfwilliger gegenüber dem Vakzin von Astrazeneca zu schwinden. Unter Lehrern und Erziehern, die inzwischen ebenfalls geimpft werden, sei die Akzeptanz größer, berichtet Marc Lippe. Beim Start mit Astrazeneca seien zunächst etliche Termine nicht abgerufen worden. „Inzwischen sind wir jedoch auch hier für die nächsten vier Wochen ausgebucht“, sagt Lippe.

Landrat Heinz Eininger zeigt wenig Verständnis für die Zurückhaltung. „Keiner hat Anspruch auf einen bestimmten Wirkstoff“, stellt er klar. Die Erfahrungen würden zeigen, dass auch der Impfstoff von Astrazeneca, der bisher nur für unter 65-Jährige empfohlen wird, einen hohen Schutz biete. Gleichzeitig warnt Eininger davor, bei der Impfstrategie vom seitherigen Weg abzuweichen. So genannte Pop-up-Impfzentren, wie das in der Dettinger Schlossberghalle, das gestern als Pilotprojekt des Landes für zwei Tage in Betrieb ging, würden den Regelzentren schaden. „Solange wir nicht genug Impfstoff haben und unsere Zentren nicht ausgelastet sind, schaffen wir Parallelstrukturen“, sagt Eininger. In Dettingen, wo seit gestern rund tausend Hochbetagte aus dem ganzen Lenninger Tal geimpft werden, sieht man das anders. „Wenn wir es nicht ausprobieren, wissen wir auch nicht, ob es vor Ort funktioniert“, meint der Stuttgarter Laborarzt Rudolf Alkier, der in Dettingen lebt und das Projekt mit angestoßen hatte.

Aus dem Landratsamt wird indes erstmals Kritik laut, die Sieben-Tage-Inzidenz als alleiniges Richtmaß im Lockdown heranzuziehen. Man müsse auch berücksichtigen, ob Ausbrüche lokal begrenzt seien und wie sich die Zahl der freien Intensivbetten entwickle, sagt Eininger. In den Kliniken hat sich die Lage etwas entspannt. Eine signifikante Übersterblichkeit im Kreis lässt sich laut Eininger im Coronajahr 2020 nicht feststellen: Im vergangenen Jahr starben hier 5078 Menschen, knapp zwei Drittel davon in Pflegeheimen. 2019 - im Jahr vor der Pandemie -lag die Zahl bei 4833. Die Zahl der Neuinfektionen in den rund hundert Pflegeeinrichtungen geht zurück. Mitte März sollen dort alle Bewohner geimpft sein. Bernd Köble