Die große Sause muss warten, die Corona-Lage verbietet einen feierlichen Abschied mit Zuprosten, Gelächter und Umarmungen. Einstweilen ist Hermann Kik in förmlichem Rahmen, aber mit spürbarer Wärme und stehenden Ovationen in der Kirchheimer Stadthalle beschenkt, geehrt und verabschiedet worden. In seiner letzten Sitzung als Ortsvorsteher und Ortschaftsrat würdigte ihn Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader als Kommunalpolitiker, der für Ötlingen sehr viel bewegt habe und eigentlich rund um die Uhr im Einsatz gewesen sei. „Immer waren Sie nahe am Mensch, das Wohl der Ötlingerinnen und Ötlinger war Ihnen wichtig“, sagte Bader. Kiks Wissensschatz sei für die Stadtverwaltung von großer Bedeutung gewesen. „Selten hat die Redewendung ‘Eine Legende geht vom Gelände’ so gut gepasst wie bei Ihnen, Herr Kik“.
‘Mr sott...’, sondern
‘Wir sollten...’!“
Hermann Kik war 1992, im Alter von 45 Jahren, zum ehrenamtlichen Vorsteher des neu eingerichteten Ötlinger Ortschaftsrats gewählt worden, dessen Mitglied er gleichzeitig war. Bei einer Bürgerversammlung, die 1990 in der Eduard-Mörike-Halle stattfand, hatten sich Ötlinger Bürgerinnen und Bürger, darunter Kik, für die Gründung eines solchen Gremiums eingesetzt. Kik übte das Amt neben seiner Berufstätigkeit bei Daimler aus, die ihn oft weg von Ötlingen und ins Ausland führte. Seit zehn Jahren ist er im Ruhestand.
Hermann Kik verstehe es, Menschen mitzureißen, zu begeistern und anzuspornen, sagte Öbi-Fraktionskollegin und Weggefährtin Gundis Henzler, die gemeinsam mit dem Fraktionsvorsitzenden Timo Just eine Rede hielt. Bei einer Verabschiedung werde gerne, um die Bescheidenheit eines Menschen hervorzuheben, die Floskel gebraucht: „Er war kein Freund großer Worte.“ Das treffe auf Hermann Kik so überhaupt nicht zu. „Du bist vor allem ein Freund vieler Worte, hast unermüdlich argumentiert, gebohrt, nachgehakt“. Und noch viel mehr sei Kik ein Freund von Taten gewesen. „Dein Leitspruch war nie: ‘Mr sott...’, sondern ‘Wir sollten...!’“
Beispielhaft erinnerte Gundis Henzler an Kiks Organisation einer „wahrlich grandiosen 1200-Jahr-Feier“ und an die Anfangszeit des Ortschaftsrats, in der die frischgebackenen Räte mit den kommunalpolitischen Gepflogenheiten zu kämpfen hatten. „Unser Herantasten gipfelte oft in einem Bombardement von Anträgen. Schon damals hast du eine mustergültige Disziplin an den Tag, beziehungsweise die Nacht, gelegt“. Nicht alle seien so diszipliniert gewesen. „Zu später Stunde stand plötzlich das eine oder andere Weizenbier neben den Sitzungsunterlagen“. Die Infoveranstaltung zur Schnellbahntrasse in der Mehrzweckhalle „mit Zugbeschallung in Echtzeit“, die würdige Begrüßung der ersten S-Bahn, die Hommage am Farrenstall- und am ehemaligen Bahnhofsgelände, „das alles habe Kiks Handschrift getragen“.
In Anspielung an die Sänfte, mit der er einst ins renovierte Ötlinger Rathaus getragen worden war, durfte Hermann Kik in der E-Rikscha eine Ehrenrunde durch den großen Saal der Stadthalle drehen.