Seit über einem Jahr bestimmt die Corona-Pandemie den Alltag. Alle müssen dabei zurückstecken, gewohnte Freiheiten und Aktivitäten liegen auf Eis. Eine Gruppe, die besonders darunter leidet, in der politischen Diskussion aber nach wie vor zu wenig umfassende Beachtung findet, sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Im Fokus dürfe nicht nur die Betreuungsproblematik stehen, die Jugendlichen sollen nicht allein auf ihr Schülerdasein reduziert werden. Darin sind sich die Experten des Kreisjugendrings Esslingen (KJR) und des Landesjugendrings Baden-Württemberg einig.
Die gemeinsame Forderung an die Kreis- und Landespolitik: Gebt Kindern und Jugendlichen eine Perspektive, entwickelt eine Gesamtstrategie und lasst sie in der Öffnungsdiskussion nicht baden gehen. Im Rahmen der digital abgehaltenen Mitgliederversammlung wurde der KJR Esslingen als Dachverband der 32 Mitgliedsverbände im Landkreis beauftragt, Kindern und Jugendlichen eine starke Stimme und eine Lobby zu verschaffen, die bisher fehlt. Ein schriftlicher Appell ging an Ministerpräsident Winfried Kretschmann bereits raus. Unterzeichnet haben der Vorstandsvorsitzende des KJR Esslingen Michael Medla, sein Stellvertreter und evangelischer Jugendpfarrer Ulrich Enderle sowie der pädagogische Geschäftsführer des KJR Esslingen Ralph Rieck. Letzterer wurde beim jetzigen Pressegespräch vom kaufmännischen Geschäftsführer Ralph Burger vertreten.
Konkret geht es um die kreis- und landesweit gestartete Kampagne „#jugendgehtbaden - Perspektive Sommerfreizeiten 2021“. „Die Impfkampagne nimmt Fahrt auf, in der parallel laufenden Öffnungsdebatte werden die Kinder und Jugendlichen aber nach wie vor vergessen“, kritisiert Michael Medla. Dabei sei der Neustart der sozialen Lernräume dringend. Sprich: Alltags- und Freizeitangebote sollen wieder möglich werden. Den psychisch belastenden Langzeitwirkungen der Pandemie, die definitiv vorhanden seien, könne und müsse entgegengewirkt werden. „Das ist ein großes Thema. Allein der Frust darüber, bei den politischen Entscheidungen keinen hohen Stellenwert einzunehmen, ist groß“, weiß Medla.
Besonders für die Sommerferienangebote brauche man aber einen Vorlauf von mindestens sechs Wochen - vor allem für die Ehrenamtlichen. Für sie sei etwa eine sofortige Impfberechtigung analog zu den hauptamtlichen Mitarbeitern unerlässlich, um noch rechtzeitig zu den Sommerferien einen vollen Schutz zu gewährleisten. Zeltlager, Waldheime, Stadtranderholungen oder sonstige organisierte Ferienangebote ohne Übernachtung und in festen Gruppen stellen nach Ansicht der Experten mit den vorhandenen Hygiene- und Infektionsschutzkonzepten kein erhöhtes Risiko dar.
Gefordert wird daher eine Abkehr von den landkreisbezogenen Inzidenzmaßstäben. Mit regelmäßigen Testungen sei analog zu Schule und Kita auch Kinder- und Jugendarbeit möglich. „Die Jugendverbände haben schon im letzten Sommer bewiesen, dass sie verantwortungsvoll handeln. Hier kann die Politik auf die Eigenverantwortung der Jugendarbeit vertrauen“, betont Medla. „Die Hauptamtlichen haben die Pläne für die Angebote in den Schubladen. Wichtig ist zudem die Klärung der Frage, wer für die regelmäßigen Testungen während der hoffentlich möglichen Ferienangebote finanziell aufkommt“, ergänzt Enderle.
Zentral von Bedeutung sei, dass Ferien auch Ferien bleiben und nicht zusätzlich verschult werden. Vielmehr brauche es wieder „Alltagsfreiräume“, Zeiten der Erholung und der Möglichkeit, sich anders auszuprobieren, Neues zu erfahren und sich auszutauschen. „Wir fordern die Politik auf, mit den Kindern und Jugendlichen selbst zu sprechen und sie ernst zu nehmen“, betonen Michael Medla, Ulrich Enderle und Ralph Burger.