Ein Brennofen für Getöpfertes wurde gewünscht. Doch dieser Antrag einer gemeinnützigen Einrichtung wurde abgelehnt. Das Gerät sei zu teuer gewesen und der Kauf wäre nur wenigen Nutzern zugutegekommen, begründet Katharina Bayer das „Nein“. Die 17-Jährige ist eines von 14 Mitgliedern des Kinderbeirats der Kinderstiftung Esslingen-Nürtingen. Das im Herbst 2016 formierte Gremium entscheidet über die Bewilligung oder Ablehnung von Anträgen und in welcher Höhe sie jeweils gefördert werden. Nachdem einige Mitglieder die Altersgrenze erreicht haben, sind im Kinderbeirat wieder Plätze frei geworden.
Eine Schulklasse mit einem sehr schlechten Gemeinschaftsgefüge hatte sich laut Katharina Bayer ebenfalls an den Kinderbeirat gewandt. Die Schüler baten um Geld für einen Coach, der das Klassenklima verbessern sollte. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Der Kinderbeirat schlug als Alternative einen gemeinsamen Ausflug vor, den das Gremium finanziell unterstützte. Die Unternehmung habe stattgefunden, und sie habe sich positiv auf den Zusammenhalt ausgewirkt.
Motto: „Mittendrin statt nur dabei“
„Mittendrin statt nur dabei“ lautete gemäß der Koordinatorin Kornelija Ljubek-Ples das Motto bei der Gründung des Kinderbeirats. „Mitbestimmung“ ist ein Wort, das sie immer wieder benützt. Die 14 Gremiumsmitglieder im Alter zwischen neun und 17 Jahren kommen aus allen Schularten aus dem Kreis Esslingen, mit verschiedenen familiären Hintergründen. Zweimal im Jahr – im Frühjahr und im Herbst – kommen die Kinder und Jugendlichen jeweils zu einer samstäglichen Sitzung zusammen, um über Anträge auf eine finanzielle Förderung zu beraten und zu entscheiden. Nur „Nein“ oder „Ja“ zu sagen, reicht nicht. Das Votum muss schriftlich begründet werden. Zur Beschlussfassung, ergänzt Katharina Bayer, werden Pro- und Contra-Listen erstellt und Punkte an einzelne Projekte vergeben. Wer nur eine geringe Punktzahl erreicht, kommt entweder gar nicht oder nur mit einem geringeren finanziellen Zuschuss zum Zug. Vergeben werden können pro Jahr insgesamt 3000 Euro, die Höchstförderung pro Antrag liegt bei 500 Euro. Das Geld stammt von der Kinderstiftung Esslingen-Nürtingen.
Seither wurden 62 Projekte unterstützt
Bei den Sitzungen könne heiß diskutiert werden. Doch die Jüngeren ließen sich dabei von den Älteren nicht die Butter vom Brot nehmen. Die große Altersspanne von neun bis 17 Jahren im Kinderbeirat sei überhaupt kein Problem, betont Kornelija Ljubek-Ples. Alle könnten sich einbringen. Das war von Anfang an so. Im Frühjahr 2017 hat der Kinderbeirat seine erste Sitzung abgehalten und seither 62 Projekten mit einer Gesamtsumme von 18.650 Euro unter die Arme gegriffen: „Im vergangenen Jahr wurden durch die Förderung von acht Projekten 622 Kinder unterstützt. Der Durchschnitt liegt bei etwa 300 Kindern im Jahr.“ Die Unterlagen zu den Anträgen würden den Mitgliedern des Kinderbeirats ein paar Wochen vor den Sitzungen zugeschickt, damit sie sich auf die Treffen vorbereiten können.
Anträge stellen können Schulen, Jugendtreffs, Beratungsstellen, Wohngruppen, Organisationen, Einrichtungen oder Initiativen, die sich mit ihren Projekten für Chancengleichheit und Kinderrechte stark machen. In einem Flüchtlingsheim, so berichtet Bayer von einem unterstützten Projekt, gab es einen Raum, der für Besprechungen und Zusammenkünfte genutzt wurde. Die Kinder hätten sich dabei meist gelangweilt, deshalb wurde für sie eine Spielecke eingerichtet. Sie und andere Mitglieder des Kinderbeirats haben sich die Ecke vor Ort angeschaut. Das sei eine interessante Erfahrung gewesen, sagt die 17-Jährige. Auch die Anschaffung eines Trampolins im Esslinger Kinderzentrum „Agapedia“ wurde zur Freude von dessen Leiterin Gesine Haller bewilligt.
Die finanzielle Unterstützung der Kinderstiftung Esslingen-Nürtingen, die auch die vom Kinderbeirat ausgewählten Projekte fördert, ruht laut deren Geschäftsführerin Biluge Mushegera auf drei Säulen: Zuschüsse ermöglichen Kindern aus von Armut betroffenen Familien die Teilnahme an Aktivitäten wie Musikunterricht, Sport, Klassenfahrten oder Ferienfreizeiten, und Paten kümmern sich um Kinder finanziell benachteiligter Familien, indem sie Zeit mit ihnen verbringen. Die dritte Säule sei der Kinderbeirat: „Kinder sind die besten Experten für ihre Lebenswelt.“
Die Finanzierung der Kinderstiftung und damit auch des Kinderbeirats speist sich laut Frank Dierolf vom Kuratorium zum einen aus dem festen Kapitalstock der Stiftung. Das Geld ist angelegt und wird nicht angetastet. Aus den Zinsen und Erträgen wird ein Teil der Arbeit bezahlt. Hinzu kommen laut dem katholischen Dekan Volker Weber, ebenfalls Kuratoriumsmitglied, Spenden von Privatpersonen, Firmen oder Einrichtungen.
So wird man Mitglied
Anträge: Formulare für eine Projektförderung stehen auf der Homepage der Kinderstiftung. Das Schreiben muss ausgefüllt per Post an die Kinderstiftung Esslingen-Nürtingen, Kornelija Ljubek-Ples, Mettinger Straße 123, 73728 Esslingen, geschickt werden. Eine Zusendung per Mail an ljubek-ples.k@caritas-fils-neckar-alb.de ist ebenfalls möglich. Anmeldeschluss für die nächste Sitzung ist Montag, 7. Oktober. Anträge können aber während des ganzen Jahres eingereicht werden. Über sie wird dann in der nächstfolgenden Sitzung entschieden.
Mitgliedschaft: Wer im Kinderbeirat mitmachen möchte, kann ein auf der Homepage stehendes Formular ausfüllen und es an die obigen Kontaktdaten schicken. Koordinatorin ist Kornelija Ljubek-Ples. Sie ist erreichbar unter der Telefonnummer
07 11/39 69 54 34. sw
Mehr Infos gibt es im Internet unter der Adresse
kinderstiftung-esslingen-nuertingen.de