"Kundenberatung macht am meisten Spaß, mit den Menschen kann ich immer viel lachen“, schwärmt Sanya Darwesh, Auszubildende zur Kauffrau im Einzelhandel. Dass sie hier im Kirchheimer Modehaus „Eck – Mode am Markt“ so selbstbewusst sitzt und von ihrer Ausbildung berichtet, ist nicht selbstverständlich. Die 19-Jährige ist eine von vielen Menschen, die aus ihrem Heimatland geflüchtet sind und sich auf die ungewisse Reise in eine bessere Zukunft gemacht haben. 2018 kam sie mit ihrer Familie aus dem Irak nach Deutschland. Ihr Traum sei schon immer gewesen, einmal als Verkäuferin zu arbeiten, erzählt die Auszubildende.
Zu ihrem Ausbildungsplatz ist sie erst über Umwege gekommen. Zu Beginn hatte sie noch keine Arbeitserlaubnis, obwohl es bereits einen ersten Kontakt zwischen dem Modehaus und ihr gab. Eine Arbeitserlaubnis hat Sanya Darwesh mittlerweile erhalten, doch ihr Aufenthalt ist bis heute ungeklärt. Durch die Berufsberatung Kirchheim konnte die Vermittlung dennoch zustande kommen: Beraterin Kerstin Laipple stand im engen Kontakt mit Sonja Brüllke vom Kirchheimer Fachgeschäft Mode Eck und Sanya Darwesh. Sie konnte mithilfe der Einstiegsqualifizierung, einem Vorbereitungsjahr für angehende Auszubildende, sowie der Assistierten Ausbildung für eine erfolgreiche Integration sorgen. Beides sind Maßnahmen der Arbeitsagentur, um die Ausbildung für Menschen möglich zu machen, die die Ausbildungsreife noch nicht erreicht haben.
Das kann zum Beispiel bei Sprachbarrieren der Fall sein. Christian Löw, Mitarbeiter der Arbeitsagentur, sagt: „Das Ziel der Einstiegsqualifizierung ist die Beseitigung der anfänglichen Skepsis. Das beruht natürlich auf Gegenseitigkeit. Zur „Woche der Ausbildung“ wirbt die Agentur für Arbeit derzeit bundesweit für die duale Ausbildung in Deutschland. Die Integration geflüchteter Frauen und Männer in den Arbeitsmarkt ist dabei ein besonderer Schwerpunkt. Die Agentur für Arbeit bietet diesen Menschen zahlreiche Ausbildungsmöglichkeiten und Beratungen. Denn der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig – händeringend wird nach geeigneten Fachkräften in Betrieben gesucht. Es passe nie 100-prozentig zwischen Bewerber und Arbeitgeber, diese Lücke zwischen Bewerber und Unternehmen gelte es für die Agentur zu schließen, erläutert Christian Löw.
Durch den stetigen Fachkräftemangel gibt es zurzeit eine große Bandbreite an Berufs- und Karrieremöglichkeiten für angehende Arbeitskräfte. Melek Erkol, Teamleiterin Berufsberatung in Kirchheim, sagt: „Jeder, der aktuell eine Arbeit aufnehmen möchte, hatte noch nie bessere Möglichkeiten als heute – mit und ohne Unterstützung der Arbeitsagentur.“
Tränen in den Augen
Daniel Frey, Teamleiter des Arbeitgeberservice in Kirchheim, bringt es auf den Punkt: „Der Praktikant von heute ist der Azubi von morgen und die Fachkraft von übermorgen.“ Sonja Brüllke betont auch, dass „wir lernen müssen, wie wir miteinander kommunizieren“. Das gelte sowohl für die Unternehmen als auch für die Bewerberinnen und Bewerber.
Mit ihrer Auszubildenden Sanya Darwesh klappt die Kommunikation mittlerweile perfekt. Als Sonja Brüllke von der Entwicklung ihres Schützlings erzählt, verdrückt sie eine Träne und schmunzelt zugleich. „Sanya versteht sich mit jedem gut, hat keine Hemmungen, auf Menschen zuzugehen, und kann sogar Herrenunterwäsche verkaufen.“ Mehr kann man sich von einem Azubi in einem Modegeschäft wohl nicht wünschen.