So nah können Freude und Wehmut beieinander liegen: Die Kinofamilie Frech wurde zum inzwischen 18. Mal für ihr gutes Jahresfilmprogramm ausgezeichnet, dank des liebevoll zusammengestellten Programms in ihrem Kino Tyroler am Postplatz in Kirchheim. Doch ihr anderes Programmkino müssen die Frechs schließen.
Der Mietvertrag für das Central-Kino in der Dreikönigstraße läuft demnächst aus. Nachdem die Frechs sich nicht mit der Vermieterin des Gebäudes über die Konditionen einigen konnten, ziehen sie nun die Konsequenzen. Am Mittwoch, 4. Januar, gehen nach der Abendvorstellung endgültig die Lichter im Central aus.
Kein leichter Schritt, hat doch schon 1955 Eberhard Frechs Vater die ehemalige Scheune damals von einem Freund angemietet und zum Kino umgebaut. Während die Räume zumindest auf den ersten Blick wirken, als wäre die Zeit dort seit langem stehen geblieben, werden im Hintergrund längst keine Filmrollen mehr gestapelt. Hier tut moderne Technik ihren Dienst.
Diese müssen die Frechs jetzt noch komplett ausbauen, ebenso wie die Popkornmaschine. Ob der buttrig-süße Duft künftig durchs Foyer im Tyroler wabert, ist noch nicht klar – dass das Central fehlen wird, dagegen schon.
Den Preis der MFG Filmförderung für besondere Kinoprogrammarbeit von mittelständischen, gewerblichen Kinobetreibern, nimmt den Frechs jedoch keiner. Überreicht hat ihn der baden-württembergische Kulturstaatssekretär Arne Braun, der erst seit diesem Herbst im Amt ist. Es sind keine guten Zeiten für einen Start in eine rosige Zukunft der Kinos.
Preis geht wieder nach Kirchheim
Denn obwohl „Kultur besonders in schwierigen Zeiten sehr wichtig ist,“ geht es vielen Kulturbetrieben derzeit nicht sonderlich gut. Veränderte Sehgewohnheiten in Kombination mit der Anziehungskraft der heimischen Couch, wochen- und monatelange Schließungen während der Pandemie und jetzt enorm gestiegene Energiepreise und allgemeine Krisenstimmung setzen auch den Filmtheatern zu.
Der geplagten Kinoszene darf Braun dennoch eine frohe Botschaft überbringen: mit rund einer Million Euro belohnt das Land engagierte Kinobetreiber, die sich die Mühe machen, besonders gute Filme auf die Leinwand zu bringen.
Es ist schon zur Gewohnheit geworden, dass eine der Auszeichnungen nach Kirchheim zu den Kinobetrieben Frech geht. Hier gibt es ein Kinoprogramm das eben nicht nur aus bewährten Kassenschlagern besteht, sondern auch aus ungewöhnlichen Filmen, meist aus europäischer Produktion, oft mit kleinem Budget und unbekannten Schauspielern entstanden. Gerne auch mal ausgewählt mit Unterstützung lokal engagierter Ehrenamtlicher, die ihre Themen über das Kino veranschaulichen möchten.
Doch nach Corona macht den Kinobetreibern nun die Krisenstimmung den nächsten Strich durch die Rechnung. Und dann gibt es auch noch andere Widrigkeiten wie auslaufende Mietverträge.
Laut Arne Braun gibt es im Land zwar noch eine weitgehend intakte Kinolandschaft. Doch in Kirchheim wird diese nun ab Januar ein bisschen weniger intakt sein. Der letzte Film, der am Mittwoch im Central läuft, ist übrigens eine französische Komödie und heißt „Ein Triumph“ - fragt sich bloß, für wen?
Das kleinere Kino bleibt
Gerüchte um eine Schließung des Central-Kinos kamen erstmals im Jahr 2014 auf, als das Haus in der Dreikönigsstraße eine neue Besitzerin bekam. Damals wurde man sich jedoch über eine Fortführung des Pachtverhältnisses einig. Das Gebäude, in dem sich das Tyroler-Kino befindet, ist ohnehin im Familienbesitz. Allerdings ist es mit 56 Plätzen deutlich kleiner als das Central, in dem 138 Cineasten Platz finden. Einen zweiten Kinosaal im Gebäude des Tyroler zu etablieren, steht für Frechs derzeit aber nicht zur Diskussion. zap