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Kita-Plätze im Grünen boomen

Betreuung Bei den Waldkindergärten sind die Wartelisten lang, die neueren Naturkindergärten haben regen Zulauf. Die Folge: Nicht jede Familie, die naturnahe Betreuung wünscht, kommt zum Zug. Von Bianca Lütz-Holoch

Über die Wartelisten hinaus hat es Felix bisher nicht geschafft. Seit Monaten sucht Daniela Höfer für ihren vierjährigen Sohn einen Kindergarten-Platz in einer Einrichtung mit naturnahem oder alternativem pädagogischen Konzept. „Wir hatten aber weder beim Kirchheimer Waldkindergarten noch beim Kinderhaus noch in der Waldorf-Kita Glück“, bedauert sie. Auch bei den Wald- und Naturkindergärten in den umliegenden Städten und Gemeinden hat sie angefragt: „Die nehmen aber keine auswärtigen Kinder auf“, hat die Kirchheimerin erfahren.

Die Höfers sind kein Einzelfall. Immer mehr Eltern wünschen sich für ihre Kinder eine naturnahe pädagogische Betreuung, bei der Bewegung im Freien und Lernen mit allen Sinnen groß geschrieben wird. Neben den alteingesessenen Waldkindergärten in Kirchheim und Weilheim, die von Vereinen getragen werden, sind in den vergangenen Jahren in der Region immer mehr Naturkindergärten aus dem Boden geschossen. Kurz: Die Kita-Plätze im Grünen boomen.

„Wir haben eine rappelvolle Warteliste“, bestätigt Fabian Slupek, Vorsitzender des Waldkindergartens in Kirchheim. Maximal 25 Kinder werden im eingruppigen „Waldkindi“ betreut. Die wenigen Plätze, die jedes Jahr nach der Einschulung der Großen und dem Nachrücken von Geschwisterkindern frei werden, sind heiß begehrt. „Die Nachfrage ist riesig“, sagt auch Alexandra Kreidenweiss, Vorsitzende des Weilheimer Waldkindergartens. „Wenn jemand für das nächste Kita-Jahr einen Platz möchte, ist das fast aussichtslos.“

Hoch im Kurs stehen zudem die Naturkindergärten in der Region. In den vergangenen drei Jahren sind solche naturnahen Betreuungsangebote in Holzmaden, Lenningen, Dettingen, Bissingen und Ohmden in Trägerschaft von Kommunen oder Kirche entstanden.

„Die Nachfrage ist so hoch, dass wir theoretisch an einen zweiten Naturkindergarten denken könnten“, sagt der Lenninger Hauptamtsleiter Luigi Sileo. In Holzmaden hat sich dieses Jahr ebenfalls ein Engpass abgezeichnet. „Wir mussten zum ersten Mal zwei Holzmadener Kindern für den Naturkindi absagen“, bedauert Regine Landauf, Kindergartenkoordinatorin bei der evangelischen Kirchengemeinde. Enttäuschen muss sie noch mehr Eltern. „Wir haben sehr viele Anfragen von außerhalb“, sagt sie. „Aber wir nehmen nur Holzmadener Kinder.“

Das ist bei den anderen Wald- und Naturkindergärten genauso. „Uns erreichen teilweise regelrechte Hilferufe“, sagt Alexandra Kreidenweiss vom Weilheimer Waldkindergarten. Ohmdens Bürgermeisterin Barbara Born berichtet von einer großen Nachfrage nach Plätzen im Naturkindergarten. „Auch von Eltern, die in Nachbarkommunen wohnen.“ Aber ob Weilheim oder Ohmden, Holzmaden, Lenningen oder Bissingen: Auswärtige Kinder nehmen die Einrichtungen nicht auf. Das ist meist sogar durch einen Gemeinderatsbeschluss festgeschrieben.

„Wir sind zwar gut aufgestellt, aber unser Angebot reicht nicht aus, um noch Auswärtige aufzunehmen“, sagt Rico Frick vom Dettinger Ordnungsamt. Allein mit Dettinger Kindern füllt sich die Naturgruppe der Kita „Wirbelwind“ schnell. Im März hat sie eröffnet, im Laufe des kommenden Kindergartenjahres wird sie voll besetzt sein.

In Ohmden und in Bissingen ist in den Naturkindergärten zurzeit noch ein wenig Luft. „Die paar Plätze, die frei sind, halten wir aber für Ohmdener Kinder vor“, betont Barbara Born. Denn im regulären Wiestalkindergarten wird es bereits eng. Ähnlich ist der Tenor in Bissingen. Auch wenn der Naturkindergarten dort noch nicht an seine Grenzen kommt, dient er als Ausweichangebot, wenn im Regelkindergarten die Plätze fehlen.

Tatsächlich ist neben dem gestiegenen Interesse der Eltern an Kita-Plätzen im Grünen oft auch die Not der Kommunen ausschlaggebend für die Gründung von Naturkindergärten: Sie müssen den Rechtsanspruch auf Kita-Plätze erfüllen - und die Angebote im Grünen helfen dabei.

Einen Run auf Wald- und Naturkindergärten kann die Stadtverwaltung Kirchheim nicht feststellen - auch wenn sich nicht jeder Wunsch der Eltern nach einem bestimmtem pädagogischen Konzept erfüllen lässt. „Vor allem, wenn das Angebot begrenzt ist wie im Wald­kindi“, sagt Kirchheims Pressesprecher Robert Berndt.

Eine zweite Gruppe im Kirchheimer Waldkindergarten einzurichten, ist für dessen Vorsitzenden Fabian Slupek denkbar - allerdings nicht unter den aktuellen Bedingungen. „Da bräuchten wir schon das Signal, dass sich finanziell etwas verbessert“, sagt er. Zwar gibt es bei der Stadt dazu keine Pläne. Robert Berndt schließt aber nichts aus: „Wir sind für Gespräche offen.“ Er weiß auch, dass ein Natur- oder Waldkindergarten derzeit Thema in Jesingen ist.

Daniela Höfer gibt nicht auf. Ein konventioneller Kindergarten kommt für sie nicht infrage. Sie wartet lieber. „Auch wenn Felix dann vielleicht erst mit fünf in den Kindi kommt.“ Alternativ kann sie sich vorstellen, selbst einen Natur- oder Waldkindergarten zu gründen. Erste Erkundigungen hat sie schon eingeholt. „Jetzt suche ich noch Mitstreiter“, sagt sie.