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Kitsch als Kehrseite des Kriegs

Kunstgeschichte Mit Leihgaben der Sammlungen Breier und Mader führt die Galerie Diez „Krieg und Frieden“ vor Augen. Katharina Bader und Özgül Altunkas-Raichle bereichern die Ausstellung mit Beiträgen. Von Florian Stegmaier

Die Irritation verfängt: erst grüßt ein wohlgenährter Puttenengel aus dem Schaufenster und verkündet weihnachtlichen Frieden. Gleich nebenan rüstet schweres Kriegsgerät zum Generalangriff. Was ist da los in Dettingens Ortsmitte? Es herrscht „Krieg und Frieden“ in der Galerie Diez.

Die Bestückung der Galeriefenster ist Teil des Konzepts. Denn auch der Galerieraum ist strikt in zwei Sphären geteilt. Weckt die Friedensseite Anklänge an verfeinerte Gepflogenheiten des Bürgertums, konfrontiert die Gegenseite mit der Gegenwart des Krieges. Die opulent bespielte Galerie wird zum Denkraum, in dem sich Querverweise aufdrängen.

Rasch stellt man fest, wie stark Krieg und Frieden einander durchdringen. Verweigern die ausgestellten Gasmasken noch jedweden Anschluss an den privaten Raum, reiht sich der „Volksempfänger“ dank seiner warmen Holzausführung geschmeidig ins häusliche Milieu ein. Liebevoll gerahmte Erinnerungen an den „Tag der Wehrmacht“ machen anschaulich, wie sehr der Krieg Teil bürgerlicher Wohnkultur war.

Das rückt auch die anheimelnde Friedensseite der Ausstellung in ein ambivalentes Licht. Dort steht das Bemühen um klassizistische Harmonie und Schönheit im Vordergrund. Bezüge zur griechischen Mythologie sollen das verklärende Bild einer aufopferungsvollen Mutter festschreiben. Ästhetisch ist das leicht zu belächeln. Doch das biedermeierliche Idyll ist vom steten Anbranden des Kriegs gefährdet. Die Zerbrechlichkeit des familiären Innenraums haben die vermeintlich schönen Dinge zu befestigen. Der Kitsch wird zur Kehrseite des Krieges.

Dass die Ausstellung derart anregend wirkt, ist den Leihgaben von Claus Breier und Dr. Matthias Mader zu verdanken. Schon rein beruflich schöpft Antiquar Breier aus den Resten bürgerlicher Lebenswelt. Und mit geologischen und militärischen Lagen ist der Kirchheimer Universalgelehrte Mader gleichermaßen vertraut.

Natürlich darf die zeitgenössische Kunst nicht fehlen. Das sprechende Motiv der Friedentaube variiert die Kirchheimer Malerin Özgül Altunkas-Raichle in Mixed-media-Technik. Ebenfalls der Friedensseite hat die Kirchheimer Fotografin Katharina Bader ihre vom britischen Hoffotografen Tim Rooke inspirierten Beiträge zugeordnet. „Equilibrium“ – also Gleichgewicht – ist der Titel ihrer Fotoserie. Frieden durch ein dynamisches Gleichgewicht politischer Akteure zu garantieren, war ein historisch wirksames Unterfangen.

Seinen Errungenschaften und Abgründen kann in der Ausstellung „Krieg und Frieden“ in der Galerie Diez bis einschließlich 28. Januar nachgespürt werden. Geöffnet ist die Ausstellung samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr. Am morgigen Sonntag, 31. Dezember, bleibt die Galerie geschlossen.