Gute Architektur muss nicht provokant sein. „Das größte Spektakel ist nicht unbedingt das beste“, sagt Peter Michael Dauner, Vorsitzender der Kreisgruppe Esslingen-Göppingen des Bundes Deutscher Architekten (BDA). Vielmehr zeichne sich eine gute Planung dadurch aus, dass in jedem Detail um das beste Ergebnis gerungen werde. Genau das ist es, wofür die begehrte Hugo-Häring-Auszeichnung des BDA-Landesverbands steht, mit der jetzt unter anderem vier Gebäude im Landkreis Esslingen bedacht worden sind.
Bei dem Preis geht es nicht nur um ein bestimmtes Kriterium bei einem Bauwerk. Vielmehr wird das Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Aspekte bewertet, etwa von Form, Funktion, Materialien und städtebaulicher Einbettung eines Gebäudes. Mit der Auszeichnung will der BDA-Landesverband unter anderem die große Verantwortung verdeutlichen, die Bauherren und Architekten seiner Meinung nach gegenüber der menschlichen Gesellschaft haben. Denn Architektur sei im Prinzip die Selbstdarstellung der Gesellschaft und als solche eine Kulturaufgabe, die es gelte, gemeinsam zu lösen.
Das Institutsgebäude der Hochschule Esslingen behauptet sich durch seine besondere Ästhetik in der Umgebung. Architekten: Knoche.
Foto: Knoche Architekten
Vier Preisträger im Kreis
Besonders gelungen ist das nach Ansicht der Jury der Hugo-Häring-Auszeichnung auch bei vier Gebäuden im Kreis Esslingen: beim Institutsgebäude Gebäude-Energie-Umwelt der Hochschule Esslingen, bei einem Einfamilienhaus im Esslinger Stadtteil Liebersbronn, bei der Kindertagesstätte „Im Weckholder“ in Aichtal und bei einer Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft in Ostfildern. Zusammen mit dem Kompetenzcenter der Kreissparkasse in Süßen und einer Salzlagerhalle in Geislingen sind diese Gebäude nun als beste von 35 Bewerbungen in der BDA-Kreisgruppe Esslingen-Göppingen ausgezeichnet worden.
So überzeugte die Jury beim Institutsgebäude der Esslinger Hochschule vor allem die „nüchterne und edle Ästhetik und Raumstruktur“. Funktion und Ästhetik träfen sich hier auf hohem Niveau, heißt es in der Würdigung der Jury. Zudem behaupte sich der Bau mit seiner besonderen Form und der Außenhaut aus bronzefarbenen Metallelementen in bemerkenswerter Weise in der Umgebung, ohne dabei wie ein Fremdkörper zu wirken.
Das Wohnhaus im Schönblick in Esslingen wirkt wie aus einem Guss. Architekt: Dietmar Schneck.
Foto: Hermann/Klug
Exakt auf Bedürfnisse abgestimmt
Das Einfamilienhaus in Liebersbronn wird vor allem wegen seiner ungewöhnlichen Bauweise gelobt. Es wirke wie aus einem Guss und sei exakt auf die Bedürfnisse seiner Bewohner zugeschnitten. Und das, obwohl das Gebäude lediglich sechs Meter breit sei. Doch weil der Architekt Dietmar Schneck - der das Haus selbst bewohnt - auf allzu üppige Räume verzichtet habe, gewinne er auf dem Grundstück einen großzügigen Garten mit einer ebenso großzügigen Freitreppe. Liebevolle Details wie etwa eine Dachterrasse, die mit Lärchenholzläden komplett geöffnet und geschlossen werden könne, rundeten diesen gelungenen Entwurf ab, so das Urteil der Jury.
Die Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft in Ostfildern gilt als funktional und flexibel. Architekten: u3ba.
Foto: Guhl
Die Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft in Ostfildern bezeichnet die Jury derweil als eine sehr gelungene Antwort auf die sehr speziellen und schwierigen Anforderungen bei solchen Bauten. Die Anlage unterscheide sich wohltuend vom üblichen Bild solcher Unterkünfte und vermeide damit Stigmatisierung. Zudem seien die Gebäude geschickt angeordnet und funktional sowie flexibel strukturiert. Darüber hinaus sei hier die intelligente Verwendung äußerst günstiger Materialien und die Beschränkung auf das absolut Notwendige bemerkenswert - zumal bei einer solch nutzerfreundlichen und selbstbewussten Architektur.
Die Kindertagesstätte „Im Weckholder“ in Aichtal wird für ihre zurückhaltende Optik gelobt, die sich ideal in die Umgebung einfüge.
Foto: Gonzalez
Geschickt gesetzte Ausblicke
Der wohlproportionierte Baukörper der Kindertagesstätte „Im Weckholder“ in Aichtal hingegen füge sich sehr gut in die Umgebung ein. Man habe sich sowohl außen als auch in den Innenräumen für angemessen zurückhaltendes Material entschieden, lobt die Jury. Die Ausblicke aus dem Gebäude seien geschickt gesetzt und man spüre förmlich, dass sich sowohl die Kinder als auch die Mitarbeiter hier wohl fühlten und ein zweites Zuhause gefunden hätten.