Tradition
Klimawandel und Weinbau: Wie Piwis Weilheimer Trauben helfen sollen

Auf dem Weinberg-Rundgang haben die Gäste erfahren, dass der Frost den Weilheimer Trauben mehr zugesetzt hat als die Hitze. Außerdem kommen die Weine mit neuem Etikett in den Handel. 

Erst riechen, dann schlotzen: Winzer und Gemeinderat Rainer Bauer (4.v.l.) hat vier Weine für eine Verkostung vorbereitet. Foto: Carsten Riedl

Der Klimawandel geht auch an dem höchsten Weinberg Württembergs in 532 Metern Höhe nicht spurlos vorüber: In der kommenden Woche beginnt die Hauptlese für die 13 aktiven Wengerter auf Weilheims Weinbergen unterhalb der Limburg und am Egelsberg. „Vor sieben, acht Jahren war das im Oktober“, sagt Michael Schöne, Vorsitzender des Weilheimer Weingärtnervereins. Die wärmeren Temperaturen sorgen dafür, dass die Trauben früher als normal schon einen hohen Zuckergehalt erreicht haben und geerntet werden müssen. „Man kann durch Beschnitt die Reife rauszögern“, sagt Schöne. Aber das bedeutet noch mehr Arbeit für die Hobby-Weingärtner, deren Engagement für das „Kulturgut Wein“ jährlich mit dem Rundgang durch die Weilheimer Weinberge gewürdigt wird, wie Bürgermeis­ter Johannes Züfle betont.

 

„Bertoldswein wird es weniger geben. 

Michael Schöne, Vorsitzender der Weingärtner Weilheim 

Zu trocken war es in diesem Jahr allerdings nicht. „Es gab immer genug Regen“, sagt Michael Schöne. Teilweise sei es sogar zu viel gewesen, und wenn zu viel Wasser auf den Reben liegt und nicht mehr trocknet, kann das für Mehltau sorgen, einer der größten Gegner für Weinbauern. In Weilheim setzt man daher vermehrt auf Piwis, pilzwiderstandsfähige Sorten. Doch richtig beliebt sind sie noch nicht, denn: Am beliebtesten sind sortenreine Weine, die Piwis gehen aber nur in den Cuvée. Daher sind momentan erst fünf Prozent der Anbaufläche mit Piwis belegt. „Es werden aber immer mehr“, weiß Schöne. 

Außerdem gab es noch eine Herausforderung für die Weilheimer Wein-Enthusiasten: Eine Frostnacht am 23. April hat für rund 80 Prozent Ausfall auf dem Egelsberg und rund 50 Prozent auf der Limburg gesorgt. „Bertoldswein wird es weniger geben“, wagt Michael Schöne einen Ausblick auf die bevorstehende Weinlese und den bekanntesten Wein in Erinnerung an den Zähringer-Herzog Bertold II, der in seiner roten Variante aus der Spätburgunder-Traube und in seiner weißen aus dem Silvaner gekeltert wird.

 

Naturschutz macht die Sache kompliziert

Als wäre es damit nicht genug, macht auch der Naturschutz den Wengertern das Leben schwer. Da die Limburg nachträglich zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, ist dort eigentlich jeglicher Pflanzenschutz verboten, sowohl konventionell als auch biologisch-dynamisch. Doch mithilfe der Stadt Weilheim konnte die Umweltbehörde überzeugt werden, dass es ohne Pflanzenschutz keinen Wein aus Weilheim mehr gibt. „Wir haben eine Ausnahmeregelung für fünf Jahre“, sagt Michael Schöne. Zwei Jahre ist sie noch gültig, doch auch der Bürgermeister ist optimistisch, dass sie wieder verlängert wird. „Das Kulturgut Wein war schließlich vor dem Naturschutzgebiet vorhanden“, sagt er. Was passiert, wenn Pflanzenschutz nicht oder zu spät aufgebracht wird, ist ebenfalls auf dem Weinberg zu begutachten: An einem Hang sind die Blätter braun. 

Zur Wanderung durch das malerisch gelegene, zwei Hektar große „Weinparadies“ der Gemeinde sind dieses Mal nicht nur Ohmdens Bürgermeisterin Barbara Born sowie ihre Amtskollegen Florian Schepp (Holzmaden) und Jürgen Ebler (Neidlingen) sowie Karl Bölz vom Obst- und Gartenbauverein gekommen, sondern auf Einladung der Gemeinde auch einige „Neuzugänge“. Dazu gehören der frisch gewählte Hepsisauer Ortsvorsteher Wolfgang Loser sowie die neu gewählten Kreisräte Martin Hussinger und Christoph Deutscher (beide AfD) sowie Wernaus CDU-Vorsitzender Robert Märsch, der künftig im Regionalparlament sitzen wird. Auch Mathias Rady, der für die Fraktionsgemeinschaft aus CDU und ÖDP in der Regionalversammlung gewählt wurde, sowie Kreistags-Urgestein Ulrich Deuschle (AfD) gehörten zur Gruppe.

Die beliebtesten Sorten auf dem Weilheimer Hang sind Spätburgunder beim Rotwein auf 55 Ar Anbaufläche sowie der schwäbische Kerner auf 63 Ar, gefolgt vom Silvaner auf 47 Ar Fläche. Letzteren verkostete Wengerter und Gemeinderat Rainer Bauer mit der Gruppe und erntete zufriedene Gesichter. Damit präsentierte er auch das neue, moderne Weinetikett. Es fügt sich nun besser in den Auftritt der Weingärtner-Genossenschaft Hohenneuffen-Teck ein, mit der die Mehrheit der Weilheimer Weingärtner arbeitet. Es war wohl ein nicht ganz einfacher Prozess mit „mehreren Abstimmungen“, laut Michael Schöne, aber schließlich waren auch die Weilheimer zufrieden, denn sie konnten „ihre“ Limburg auf dem Etikett durchsetzen. Der Silvaner hat noch eine besondere Eigenschaft: „Er wächst hier an der höchsten Stelle“, sagt Rainer Bauer.

Weinberg-Rundgang: Michael Schöne ist Vorsitzender des Vereins Weilheimer Weinbergbesitzer. Foto: Carsten Riedl