Forstwirtschaft
Klimawandel: Vielfalt als Strategie

Sturmereignisse und Borkenkäferbefall der Fichte begünstigen die Entstehung ganzer Freiflächen in heimischen Wäldern. Wie gehen Förster beim Wiederaufbau der Waldbestände vor? 

Revierförsterin Julia Usenbenz zeigt die Aufforstungsarbeiten im Wald zwischen Holzmaden und Weilheim. Foto: Carsten Riedl

„Als Försterin freue ich mich über jeden Baum, der hier natürlich wächst“, sagt Julia Usenbenz und blickt auf eine Freifläche im Wald zwischen Holzmaden und Weilheim. Die Frau mit der tannengrünen Weste und dem braunen Pferdeschwanz ist Revierförsterin für das Gebiet rund um Weilheim. Sie ergänzt: „Wir versuchen, so wenig wie möglich nachzupflanzen, sondern nur dort, wo es nicht anders geht.“ Zu ihren
 

Was wir heute umsetzen, hat Auswirkungen auf die Generationen der Zukunft.

Julia UsenbenzRevierförsterin Weilheim 

Füßen liegt ein Waldgebiet, dessen Baumbestand durch Sturmereignisse der vergangenen Jahre weitgehend zerstört wurde – bis auf eine große Eiche und einzelne Lärchen. Ein weiteres Problem: An den Fichten hat sich der Borkenkäfer zu schaffen gemacht, wodurch viele Bäume gefällt werden mussten.

Obwohl dort kaum eine Pflanze größer als die Revierförsterin selbst ist, tut sich einiges auf der Fläche. Zwischen liegengebliebenen Baumstümpfen sprießen Gräser und junge Birken und kleine Fichten. In der Fachsprache spricht man von „Naturverjüngung“, wenn sich Bäume durch herabgefallene oder angeflogene Samen von umstehenden Bäumen auf natürliche Weise vermehren.

Wie wird aufgeforstet?

Ganz so einfach funktioniert die Wiederaufforstung eines Waldes jedoch oft nicht. „Zuerst wurde die Freifläche vorbereitet, indem die Baumstümpfe entfernt wurden“, erklärt die 31-Jährige. Sobald das Gebiet frei von groben Ästen war, wurden Pflanzenreihen angelegt. „Wir setzten alle zwei Meter eine Baumreihe und innerhalb dieser dann alle eineinhalb Meter einen Baum“, beschreibt sie das System. Auf der Fläche wurden bereits 1200 Bäume gepflanzt – Hainbuchen und Traubeneichen, zwei bewährte Baumarten für Laub- und Mischwälder. „Im Klimawandel heißt unsere Strategie Vielfalt.“ So kann eine große Risikoverteilung auf einzelnen Baumarten erreicht werden, wenn zum Beispiel Wetterextreme oder Schädlinge und Pilze, die Bäume befallen, auftreten.

„Damit die Aufforstung gelingt, müssen verschiedene Faktoren zum richtigen Zeitpunkt ineinander greifen“, erläutert Usenbenz. Die Pflege der Kultur ist entscheidend: Jedes Jahr muss die Fläche mithilfe eines Freischneiders ausgemäht werden, um die Begleitvegetation in Schach zu halten. „Licht ist wichtig für die Naturverjüngung.“ Weitere Aspekte sind die Stabilität der Bäume und die Bodenbeschaffenheit. Erstere sei besonders relevant angesichts von Wetterextremen und des Borkenkäferbefalls. Der Boden hat einen entscheidenden Einfluss auf das Wurzelwachstum der Bäume. „Wenn der Boden austrocknet, entstehen Risse, die die Feinwurzeln beschädigen.“

Niederschläge haben Folgen

Wie beurteilt die Revierförsterin die Wetterauswirkungen in diesem Jahr? „Wir sind total froh, dass wir kein weiteres Trockenjahr haben“, sagt sie. Allerdings: „Die Niederschläge waren lokal unterschiedlich und traten punktuell auf.“ Unwetterschäden hätten sich insbesondere an den Fahrwegen bemerkbar gemacht: Dort kam es zu großen Erosionen. 

„Was wir heute umsetzen, hat Auswirkungen auf die Generationen der Zukunft“, gibt Julia Usenbenz zu bedenken. Förster möchten einen Wald hinterlassen, der an die veränderten Klimabedingungen angepasst ist und mit dem man wirtschaften kann. Deshalb werden Erkenntnisse aus den vergangenen Jahren genutzt, und die Forstwirtschaft wird entsprechend angepasst. „Für unsere Arbeit sind fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse notwendig. Daher wird gerade im Schurwald ein Versuchsprojekt zur Testung neuer Baumarten umgesetzt.“