Zwischen Neckar und Alb
Klinik-Sanierung: Kein Baulärm, sondern Zukunftsmusik

Kliniken Das Krankenhaus in Ruit wird in den nächsten Jahren umfassend erweitert. Nun fiel der offizielle Startschuss für den ersten Bauabschnitt. Von Philipp Braitinger

Die Zeiten sind hart: Corona, Ukraine, Energiekrise. Landrat Heinz Eininger möchte den Neubau sowie die Sanierung des Bestands der Medius-Klinik in Ostfildern-Ruit deshalb auch als eine Botschaft verstanden wissen. „Das ist ein Zeichen, dass wir Vertrauen in die Zukunft haben, bei allen Sorgen“, sagte er beim offiziellen ersten Baggerbiss am Dienstagnachmittag. Gerade in schwierigen Zeiten seien Investitionen in die Infrastruktur wichtig.

 

Meistens leben Provisorien länger, als man annimmt.
Heinz Eininger, Landrat, über die Lebensdauer des geplanten Interimsbaus

 

Der alte Bettenflügel und der Verwaltungstrakt der Medius-Klinik wurden bereits in der ersten Jahreshälfte abgerissen. An deren Stelle soll ein neuer Trakt mit 140 Betten in Ein- und Zweibettzimmern gebaut werden. Sowohl die Altersmedizin als auch die Kardiologie, die Palliativmedizin, die Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie die chirurgischen Wahlleistungsbereiche sollen in den neuen Flügel einziehen. Im Untergeschoss wird die Strahlentherapie erweitert, und die Nuklearmedizin entsteht neu. Ferner wird im Rahmen des ersten Bauabschnitts ein Verbindungsbau errichtet, in welchem weitere OP-Säle geplant sind. Neu ist außerdem eine sogenannte Intermediate-Care-Abteilung geplant. Dort sollen Menschen liegen, die zwar einen hohen Pflege- und Untersuchungsbedarf haben und deren Vitalfunktionen überwacht werden müssen, aber die noch kein Intensivbett brauchen.

Eine alleinige Sanierung des 1969 gebauten Hauses erschien den Planern nicht wirtschaftlich. Seit der Inbetriebnahme des Hauses wurden immer wieder Sanierungen durchgeführt. Im Jahr 2011 wurde ein Erweiterungsbau für 55 Millionen Euro mit zentraler Notaufnahme und Herzkatheterlaboren in Betrieb genommen.

Ein Interimsbau mit 128 Betten in einer Modulbauweise soll helfen, die Bauzeit zu überbrücken. Ob der Interimsbau nach der Fertigstellung der neuen Gebäude wieder abgebaut wird, dahinter machte Eininger allerdings schon jetzt ein Fragezeichen. „Meistens leben Provisorien länger, als man annimmt“, meinte er.

Die Kosten bezifferte der Landrat auf 105 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt. Bei einer Kostenschätzung im Jahr 2019 war man noch von 70 Millionen Euro ausgegangen. 28,5 Millionen Euro möchte das Land zuschießen. Woher die gigantischen Kostensteigerungen kommen, wurde beim offiziellen Baggerbiss anhand eines einfachen Beispiels klar. Allein der große Bagger, in welchen sich Eininger für den offiziellen Baggerbiss setzte, benötigt an einem Arbeitstag rund 2000 Liter Treibstoff.

Wichtig war es Eininger, dass die Investition „aus eigener Kraft“ getätigt werden könne. Und beim Bau in Ostfildern solle es nicht bleiben. In den kommenden zehn Jahren sollen 300 Millionen Euro an den drei Standorten der Medius-Kliniken in Ostfildern, Nürtingen und Kirchheim investiert werden.

Der Architekt Udo Lemke erklärte, dass der Neubau für die Krankenhausmitarbeiter effizient und für die Patienten heilungsfördernd geplant worden sei. „Licht und Sonne“ sollen ins Innere strömen. Darüber hinaus könnte die das Krankenhaus umgebende Natur den Heilungsprozess fördern und für eine kürzere Verweildauer sorgen. „Die Patientenbereiche werden sich auch in Zukunft ins Grüne orientieren“, betonte Lemke. Es entstehe ein homogener, moderner und stimmiger Komplex.

Nach der ersten Bauphase, also von Ende 2024 an, sollen der zweite Bettenflügel und der Funktionsbau der Klinik erneuert werden. Die Bauzeit sei „straff“, so der Architekt. Damit alles gelinge, müssten viele Beteiligte an einem Strang ziehen. Wenn alles planmäßig verläuft, könnte der komplette Klinikumbau im Jahr 2027 abgeschlossen sein.

Ganz unauffällig werden die Arbeiten nicht vonstattengehen können. „Eine Baustelle ist immer mit Komplikationen verbunden“, sagte Ostfilderns Oberbürgermeister Christof Bolay. Allerdings wurde bereits beim Abriss des alten Bettenflügels darauf geachtet, die Unannehmlichkeiten für die Patienten und Mitarbeiter gering zu halten. So wurde etwa vor dem Abriss des ersten Bettenflügels das Gebäude vom Bestand getrennt, um Vibrationen des Abrisses zu verringern. Und für den Fall, dass sich Mitarbeiter und Patienten doch einmal ärgerten, hatte der Landrat Eininger einen Tipp: Der Baulärm könne auch als Zukunftsmusik verstanden werden.

 

Ende 2027 soll alles fertig sein

Struktur Die Medius-Kliniken sind eine Gemeinnützige Gesellschaft des Landkreises Esslingen mit Klinikstandorten in Ruit, Nürtingen und Kirchheim.

Betten Insgesamt verfügt der Klinikstandort Ruit über 280 Betten, die in einer durchschnittlichen Woche vor dem Ausbruch der Coronapandemie mit rund 250 Patienten belegt waren.

Mitarbeiter Vom medizinischen und pflegerischen Personal über die Verwaltung, das Facilitymanagement bis hin zu den Reinigungskräften arbeiten rund tausend Menschen am Standort Ruit.

Zeit Bis 2024 soll der erste Bauabschnitt dauern. Dann beginnen die Arbeiten am zweiten Bettenflügel und am Funktionsbau der Klinik. Ende 2027 soll alles fertig sein. bra