Willkommen im ersten Nürtinger Klopapier-Laden“, begrüßt Frank Schweizer eine Kundin und kann sich das Lachen hinter seinem Mundschutz nicht verkneifen. Eigentlich sei sie auf der Suche nach Socken, sagt die Frau etwas überrascht. „Die bieten wir nebenbei auch an“, sagt Schweizer.
Zwischen den Jacken und Hosen im Modeladen „Tresor“ stapeln sich die Klopapierrollen. „Wir haben Tausende Rollen gekauft und am Samstag mit einem Anhänger hergefahren und alles aufgebaut“, sagt Schweizer. Nun darf der Vorsitzende des Nürtinger Werberings den Lockdown umgehen und seinen Laden wieder aufmachen. Ein „Trick“ sei das nicht, betont Schweizer. Denn die Corona-Verordnung erlaubt ausdrücklich Mischsortimente. Solange der Anteil der erlaubten Ware 60 Prozent des Gesamtsortiments ausmacht, darf auch alles andere angeboten werden.
„Ich habe zuerst überlegt, wie ich 60 Prozent des Ladens mit Klopapier vollkriegen soll“, sagt Schweizer. „Dann ist mir aufgefallen, dass ich Ware ja auch absperren darf.“ Nun besteht der Großteil seines Sortiments aus Klopapier, der Rest aus Modeartikeln. Einige Kleiderständer sind mit rotem Absperrband markiert.
Neben Toilettenpapier hat Schweizer auch Spirituosen im Angebot. Darf man hier überhaupt noch von einem Modeladen sprechen? Schweizer muss kurz überlegen: „Im Prinzip sind wir jetzt ein Lebensmittel-Drogeriemarkt, der nebenbei Mode verkauft.“
Um das Mischsortiment anbieten zu dürfen, brauchte es nur eine Genehmigung vonseiten des Gewerbeamts: „Das ging sehr schnell. Die Nürtinger Stadtverwaltung war da sehr zuvorkommend.“ Nun möchte er auch seinen zweiten Modeladen in der Innenstadt mit Klopapier vollpacken. Deutschlandweit schließen sich immer mehr Händler der Toilettenpapier-Strategie an. „Ich habe die Idee von einem Kollegen aus Emmendingen und war davon begeistert.“
Kollegen sind interessiert
Und auch in Nürtingen scheinen die Einzelhändler ganz von der Rolle: „Den ganzen Morgen rufen schon Kollegen an und wollen Genaueres wissen. Würde mich nicht wundern, wenn wir bald die Hauptstadt des Klopapiers sind“, so Schweizer.
Er hofft darauf, dass noch mehr Leute bei der Aktion mitmachen und ein Zeichen gegen die Corona-Regeln setzen: „Es ist einfach ungerecht, dass Drogerie- und Supermärkte öffnen dürfen, weil sie ein Mischsortiment haben. Wir tun jetzt nur, was uns der Drogeriemarkt nebenan vorlebt.“ Eine Rolle Klopapier kos- tet im Tresor übrigens fünf Euro. „Immerhin ist da unser Stempel drauf. Es handelt sich also um Designer-Klopapier“, sagt Schweizer mit einem Augenzwinkern. Bei den Kunden scheint die Idee gut anzukommen. Am Dienstag- nachmittag ist der Laden gut besucht - von Corona-Angst keine Spur. „Die Leute haben einfach verstanden, dass die Läden dank der Hygienekonzepte zu den sichersten Orten überhaupt gehören“, so Schweizer.