Es wird mehr. Derzeit belaufen sich die Kosten für die Bauarbeiten am Gymnasium Plochingen auf 57,8 Millionen Euro. Ein überraschender Nachtrag in Höhe von 815 000 Euro für die Rohbauarbeiten am Hauptbau der Schule hat kürzlich den Gemeinderat beschäftigt. Die gute Nachricht: „Die jüngsten Nachträge liegen immer noch innerhalb des aktuellen Budgets, weshalb die Nachträge bislang nur den Kostenpuffer, nicht aber die voraussichtlichen Gesamtkosten verändern“, erklärt der Verbandsbauamtsleiter Wolfgang Kissling.
Unbekannte Betonteile tauchen im Untergrund auf
Hintergrund der jüngsten Kostenentwicklung sei eine Fehleinschätzung gewesen, schreibt Kissling. Als Bauherr sei er von der Projektsteuerung und der Bauleitung kürzlich darauf hingewiesen worden, dass der Aufwand für Durchbrüche, Kanäle und Bohrungen im Rohbau bei der Auftragsvergabe nicht in erforderlichem Umfang im Leistungsverzeichnis ausgewiesen war. Der größte Teil sind Bohrungen nach Vorgaben der Tragwerksplanung, aber auch bei Durchbrüchen waren umfangreichere Arbeiten erforderlich.
Außerdem traten bislang unbekannte Betonteile im Untergrund auf, was zu einem Mehraushub geführt habe. Dieser Mehraushub musste zusätzlich entsorgt werden. „Es handelte sich um Bauteile, welche bei der Ersterrichtung des Gymnasiums in der damaligen Baugrube verklappt worden waren. Das Material konnte nicht wiederverwendet werden“, erklärt der Verbandsbauamtsleiter Kissling. Ferner sei eine Asbestbelastung bei der Erneuerung des Dachaufbaus in einer dünnen Trennlage direkt oberhalb der Tragkonstruktion festgestellt worden. Sie musste separat entsorgt werden. Trotz der ungeplanten Mehrausgaben sei aber kein finanzieller Schaden entstanden. Notwendig wären die Arbeiten nämlich so oder so gewesen. Die Rohbaufirma habe die Arbeiten deshalb gleich erledigt, dafür aber nun die Nachforderung erhoben.
Doch wie konnten die notwendigen Arbeiten trotz Beteiligung zahlreicher Fachleute an den Planungen so überraschend auftreten? Die Steuerung des Plochinger Megaprojekts liegt samt Controlling beim Büro Ernst‘. Das beauftragte Architekturbüro ist Baurconsult. Baurconsult hat im Zusammenhang mit der Schließung seiner Niederlassung in Stuttgart die Objektüberwachung an das Büro SCD untervergeben. „Für die Stadt ist aber nach wie vor das Büro Baurconsult allein für die Planung der Maßnahme zuständig“, erklärt Kissling. Das Verbandsbauamt ist wiederum der Vertreter der Bauherrschaft. Für die Richtigkeit und Koordination der Ausführungsunterlagen ist laut Kissling das Architekturbüro zuständig. Die Bauherrenvertretung sei im Wesentlichen für die Auftragsvergaben zuständig. Zusätzlich prüfe das Bauamt die Ausführungsunterlagen stichprobenartig und wirke an der Freigabe der Ausführungsunterlagen mit.
Allerdings seien die Unterlagen im beschriebenen Fall erst spät zugegangen, so Kissling. „Die Baumaßnahme steht insgesamt unter einem hohen Zeitdruck“, sagt er. Es sei zutreffend, dass Ausschreibungsunterlagen nicht in jedem Fall mit einem solchen Vorlauf erstellt wurden, dass eine tiefergehende Prüfung durch die Projektsteuerung und das Bauamt erfolgen konnte. Am bisherigen Planerteam soll trotzdem festgehalten werden. „Ein Wechsel des Planerteams zum jetzigen sehr fortgeschrittenen Zeitpunkt hätte schwerwiegende finanzielle Folgen und würde zu einer erheblichen Verlängerung der Bauzeit führen“, erklärt Wolfgang Kissling.
Generalsanierungen bergen grundsätzlich Risiken
Baurconsult erklärt schriftlich, dass die Arbeiten zum Zeitpunkt der Planung und Ausschreibung nicht im nun notwendigen Umfang vorhersehbar waren. „Im aktuellen Fall verwirklicht sich das Risiko, das bei der Generalsanierung eines Bestandsgebäudes besteht“, teilt das Unternehmen mit. Ferner erklärt Baurconsult, der Auftraggeber sei „über alle Entwicklungen und Risiken informiert und in die Lage versetzt worden, Entscheidungen für das Projekt zu treffen“.
Ob die jüngsten Überraschungen nun die letzten unvorhergesehenen Kostentreiber waren, bleibt abzuwarten. „Vor Überraschungen ist man bei Arbeiten im Gebäudebestand nie vollständig sicher“, weiß der Verbandsbauamtsleiter Kissling.
Im Jahr 2028 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein
Kosten: Die ursprüngliche Kostenberechnung belief sich auf 48,2, Millionen Euro, wobei von einer jährlichen Inflation von 3,5 Prozent ausgegangen worden war. Tatsächlich kam es im Zuge von Corona, Energiekrise und Ukrainekrieg zu Inflationsraten von bis zu 12,5 Prozent. Die Erhöhung des Baubudgets auf 57,8 Millionen Euro resultiert laut dem Verbandsbauamt allein aus der Anpassung an die tatsächlich eingetretene Inflationsrate. De facto gelte nach wie vor die ursprüngliche Kostenberechnung aus dem Jahr 2021. Diese sei lediglich mit der Inflationsrate hochgerechnet.
Zeitplan: Die Bauarbeiten schreiten sichtbar voran. Das Hauptgebäude wird derzeit fertiggestellt und soll zum Schuljahresanfang 2025/26 in Betrieb genommen werden. Auch die Bauteile des ehemaligen Kupferbaus und der Neubau Naturwissenschaften sind fertig. Nach dem Ende der Arbeiten am Hauptgebäude beginnen am Gymnasium weitere Sanierungsarbeiten, deren Fertigstellung 2028 geplant sind. pb