Dieser Verbund konnte schnell in trockene Tücher gebracht werden. Nach nur sechseinhalb Wochen Vorarbeit und drei mündlichen Besprechungen verkündeten die Alb-Fils-Kliniken, die Medius-Kliniken und das Klinikum Esslingen gemeinsam, dass sie bei der Behandlung von Lungenerkrankungen nun eng zusammenarbeiten. Am Klinikum Esslingen wurde das so genannte Thoraxzentrum Südwest gegründet, in dem künftig vor allem Operationen von Patienten mit Lungentumoren durchgeführt werden.
Zusammenarbeit und Kooperation statt Konkurrenz und Wettbewerb soll laut Klinikum-Geschäftsführer Matthias Ziegler die Überschrift lauten. Im Landkreis Göppingen mit seinen rund 250 000 Einwohnern werden nach Angaben von Thomas Kyriss, leitender Arzt der Thoraxchirurgie an den Alb-Fils-Klinken, jährlich etwa 40 Menschen mit der Erstdiagnose Lungenkrebs operiert. Am Klinikum Esslingen werden pro Jahr etwa 100 Eingriffe bei diesem Krankheitsbild durchgeführt. Nun soll diese medizinische Behandlung am Klinikum Esslingen gebündelt werden. Denn in der Neckarstadt besteht laut Ziegler „seit mehr als 13 Jahren ein nach den Kriterien der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziertes Lungenkrebszentrum“.
Spezialisierungen bleiben
Räumliche Veränderungen werden deswegen an dem Krankenhaus laut Geschäftsführer nicht vorgenommen. Sollte die Anzahl der zu behandelnden Kranken aber zunehmen, behielten sich die Verantwortlichen diese Option vor. An den einzelnen Standorten der Alb-Fils-Kliniken in Göppingen und Geislingen sowie in Esslingen werden aber weiterhin Operationen anderer Lungenerkrankungen außerhalb der Tumorbehandlung durchgeführt. Auch eine Grundversorgung sei an allen Häusern weiter gewährleistet.
Die Spezialisierungen der einzelnen Häuser werden ebenfalls erhalten bleiben. In den Alb-Fils-Kliniken sind das nach Angaben von Anja Dietze, der Pressesprecherin des Klinikums Esslingen, die Beatmungsmedizin sowie das gesamte Spektrum endoskopischer Untersuchungen an der Lunge. Die Medius-Kliniken behalten ebenfalls ihre Schwerpunkte: „Während die Pneumologie in Kirchheim und Nürtingen einen Schwerpunkt in der Diagnose und Therapie entzündlicher Lungenerkrankungen aufweist, werden am Onkologischen Zentrum an der Medius-Klinik in Ostfildern-Ruit Patienten mit Lungenkrebserkrankungen in einer eigenen Sektion betreut.“
Das Spezialistentum bleibt. Aber die Krankenhäuser der Landkreise Esslingen und Göppingen wollen sich bei Erkrankungen der Lunge enger abstimmen. Die medizinische Vernetzung, der fachliche Austausch und die Bündelung von Expertise sollen stärker zusammenrücken. Im Mittelpunkt des Verbunds steht nach Angaben der Verantwortlichen die immer dienstags stattfindende, laut bisheriger Planung etwa einstündige Konferenz. Alle beteiligten Fachgebiete und Standorte wollen dabei Behandlungsmöglichkeiten für jeden einzelnen Lungenkrebspatienten abwägen und besprechen. Diese Erkrankung sei so komplex geworden, dass ein Facharzt allein nicht ausreiche.
An den Gesprächen sollen auch Lungenfachärzte, Onkologen oder Fachärzte für Pathologie wegen der Entnahme möglicher Gewebeproben beteiligt sein. Bei der Behandlung von Lungenpatienten könne ein Erkrankter auch von einer Klinik an eine andere verwiesen worden, wenn dort eine spezialisiertere Behandlung zu erwarten sei. Sprecher des ärztlichen Teams, das Experten aller drei Kliniken umfasst, ist Thomas Kyriss. Der leitende Arzt der Thoraxchirurgie an den Alb-Fils-Kliniken soll zukünftig auch zusätzlich die Thoraxchirurgie am Klinikum Esslingen leiten.
Leiter in Personalunion
Mit dem Verbund auf dem Gebiet der Lungenerkrankungen kommen die Akteure laut Matthias Ziegler der heiß diskutierten Krankenhausreform zuvor. Kernstück der Bemühungen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sei, dass spezielle Erkrankungen in danach ausgerichteten Einrichtungen mit einer entsprechenden Expertise konzentriert werden sollen. Diese Zielrichtung werde mit dem Verbund der Kliniken in den beiden Landkreisen erreicht. „Wir wollen nicht auf eine Krankenhaus-Reform warten, von der aktuell niemand weiß, wann und ob sie kommt“, ergänzt Ingo Hüttner, der medizinische Geschäftsführer der Alb Fils Kliniken.
Weitere Kooperationen der Krankenhäuser in anderen Bereichen außerhalb der Lungenerkrankungen sind laut Matthias Ziegler bislang nicht geplant. Man wolle erst einmal Erfahrungen mit dem Thorax-Zentrum sammel. Ganz ausgeschlossen aber sei eine Ausweitung der Kooperation nicht.