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Kraftwerk Altbach: Der „Fuel Switch“ wirft noch Fragen auf

Energie Grundsätzlich unterstützt Altbach das Projekt des Betreibers EnBW. Die Gemeinde dringt aber darauf, dass die Belastung durch Lärm, Schmutz und Staub beim Bau gering gehalten wird. Von Philipp Braitinger

Spätestens seit der Entscheidung zum Kohleausstieg in Deutschland im Jahr 2020 war klar, dass sich etwas verändern wird. Dass die EnBW das Kraftwerk in Altbach mit dem sogenannten Fuel Switch fit für die Zukunft machen möchte, wird von Bürgermeister Martin Funk positiv bewertet. „Wir erachten es als wichtig für die Energiewende und sehen die Notwendigkeit des Fuel Switch“, erklärt er. Gleichzeitig werden mit dem großen Umbauprojekt Fragen aufgeworfen, die die Verwaltung in den Antragsunterlagen des Kraftwerksbetreibers nur unzureichend beantwortet sieht.

Die Gemeinde hat Anwälte beauftragt

Was genau in den Antragsunterlagen steht, das haben zwei Rechtsanwaltsbüros sowie das Büro für Landschaftsplanung, Naturschutz und nachhaltige Landnutzungskonzeptionen „StadtLandFluss“ im Auftrag der Gemeinde geprüft. Stolze 17 Ordner umfassen die Unterlagen. „Wir können das nicht im Rathaus durcharbeiten“, sagt Funk. Einige Einschätzungen könnten, so das Fazit der Juristen, auch anders als im Genehmigungsantrag formuliert vorgenommen werden. Ob das Vorhaben beispielsweise auf einem unbeplanten Innenbereich oder in einem Außenbereich erfolgt, ist eine dieser Fragen. Die Kraftwerksbetreiber meinen, das Projekt finde auf einem Innenbereich statt.

Die Rechtsvertreter der Gemeinde hinterfragen dies. Ein wichtiger Unterschied dabei ist, ob die Anlage, wenn sie in ferner Zukunft einmal nicht mehr gebraucht wird, wieder zurückgebaut werden muss oder nicht. Im Außenbereich müsste sie zurückgebaut werden, im Innenbereich nicht.

 

Wir legen Wert auf eine Bauüberwachung.
Martin Funk
Bürgermeister von Altbach

 

Darüber hinaus könnte weiter darüber gesprochen werden, ob und wie sich das Projekt in das Orts-und Landschaftsbild einfügt. Die EnBW plant den Neubau mehrerer Gebäude wie Kesselhaus, Maschinenhaus, Fernwärmepumpengebäude und Gebäude des Hilfsdampferzeugers sowie zwei Schornsteine mit 83 und 110 Meter Höhe. Hinzu kommen weitere kleinere Gebäude. Ein Fragezeichen machen die Juristen der Gemeinde außerdem hinter den Denkmalschutz des Heizkraftwerkes (HKW) 1. „Es ist ein Gebäude, das keiner mehr nutzt“, verdeutlicht Funk. Die Öffentlichkeit habe ferner, zumindest generell, keinen Zutritt. Würde das HKW 1 abgerissen, wäre dort Platz für neue Gebäude und es müsste keine weitere Fläche für das Fuel-Switch-Projekt verwendet werden. Während der Bauzeit dringt die Gemeinde darauf, dass die geltenden Vorschriften eingehalten werden, um die Belastung durch Lärm, Schmutz und Staub gering zu halten. „Wir legen Wert auf eine Bauüberwachung“, so Funk. Dass der Verkehr auf der Zu- und Abfahrt der großen Brücke durch die Bauaktivitäten zunehmen wird, lässt sich kaum verhindern. „Es geht bei unserer Einwendung auch darum, auf wichtige Punkte hinzuweisen“, erklärt der Bürgermeister. Die EnBW möchte bis zum Jahr 2035 klimaneutral sein. Deshalb soll im Kraftwerk zwischen Altbach und Deizisau ab dem Jahr 2027 nicht mehr Steinkohle, sondern zunächst Gas als Energieträger für die Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden. Die neue Anlage soll im neuen Heizkraftwerk 3 so gebaut werden, dass sie in fernerer Zukunft auch mit Wasserstoff betrieben werden kann. Laut Kraftwerksbetreiber ist mit dem Umstieg auch eine Verringerung der Luftbelastung, beispielsweise mit Feinstaub und Schwefeldioxid, zu erwarten. Nach der Inbetriebnahme der neuen Gas- und Dampfturbinenanlage soll das Heizkraftwerk 1, das derzeit noch für die Netzreserve genutzt wird, endgültig stillgelegt werden. Das Heizkraftwerk 2 soll als Netzreserve weiter genutzt werden und dafür auf einen reinen Gasbetrieb umgestellt werden. Gebaut wird das neue HKW 3 nach den Plänen der EnBW neben dem HKW 1, also im Westen des Kraftwerkgeländes.

Dass die Energieversorgung in der Region in Zukunft ausschließlich über regenerative Quellen wie Wind oder Solar erfolgen kann, das glaubt die EnBW nicht. Die neue Anlage ist flexibel und schnell einsetzbar und trägt dazu bei, die Lücken zu schließen, die zwischen der Stromnachfrage einerseits und der schwankenden Erzeugung aus erneuerbaren Energien andererseits entstehen – beispielsweise wenn Windstille oder schwache Sonneneinstrahlung herrscht.

 

Umstellung auf Betrieb mit Gas

Energieerzeugung In der neuen Gasturbine wird die bei der Verbrennung von Erdgas erzeugte Hitze zunächst in mechanische Rotation und dann mithilfe eines Generators in Strom gewandelt. Das heiße Abgas der Verbrennung wird weiter genutzt. Es wird zu einem sogenannten Abhitzedampferzeuger geleitet. Der Wasserdampf wird sowohl für die Fernwärme genutzt als auch an eine Turbine weitergeleitet, die wiederum eine Mechanik für einen Generator betreibt.

Arbeitsplätze Derzeit arbeiten rund 200 Menschen im Kraftwerk. Mit der Umstellung auf einen Betrieb mit Gas werden jedoch voraussichtlich weniger Mitarbeiter benötigt.

Kritik Der Landesnaturschutzverband, der Nabu und der BUND bemängeln, dass das Kraftwerk in den kommenden Jahren mit Erdgas betrieben werden soll. Sie haben eine Stellungnahme beim Regierungspräsidium eingereicht. Besser wäre es aus ihrer Sicht, wenn die Energie schnell aus regenerativen Quellen gewonnen würde. bra