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Kreative Bewohner in der "Kinderstadt"

Stadtleben 65 Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren hatten bei der ersten "Kinderstadt" im evangelischen Gemeindehaus in Notzingen während der Herbstferien gemeinsam viel Spaß. Von Katja Eisenhardt

Zum Dätscher backen in die Bäckerei, ein Vogelhaus in "Tobi`s Schreinerei" unter Anleitung des 13-jährigen "Chefs" bauen, sich im Beauty-Salon tolle Frisuren machen, die Nägel lackieren oder das Gesicht bemalen lassen, während es im Schmuckladen und der Kunstwerkstatt nebenan kreativ ans Werk geht. Mit frischem Popcorn kann man es sich im Kino gemütlich machen oder im Zirkus neue Tricks lernen. Mutige gehen hier sogar über ein Nagelbrett. Wer am Kiosk oder an der Bar einkaufen möchte - seien das Süßigkeiten, Gebackenes aus der Bäckerei oder die kreativen Werke der anderen Stadtbewohner, tauscht vorab seine selbst verdienten Wertmarken bei der Bank in Taler um. Entspannung und Leckeres gibt's für Leseratten beim Schmökern in der Bücherei oder beim Imbiss, wo man Stockbrot und Bratäpfel übers Feuer halten und sich einen wärmenden Punsch schmecken lassen kann. Das alles und noch mehr erlebten die 65 jungen Bewohner der Notzinger Kinderstadt, in die sich, organisiert von der evangelischen Kirchengemeinde, das evangelische Gemeindehaus zwischen dem 2. und 5. November verwandelte.

Der zweite Vormittag startet mit der täglichen Bürgerversammlung. Hier erfahren die Kinder, dass es heute als besondere Aktionen eine Schatzsuche gibt und dass man als fleißiger Handwerker im Pfarrgarten gemeinsam mit dem Bauhofteam - bestehend aus zwei der rund 25 ehrenamtlichen Helfer der Kinderstadt - das neue Bienenhotel ausstatten kann.

Bevor sich jeder Städter seinem Tagwerk widmet, wird gemeinsam gesungen und unter dem biblischen Motto "Salzmenschen und Lichtmenschen" einer spannenden Geschichte von "Agent Cleverus" (alias Helferin Luana) gelauscht, bei der man erfährt, was es mit den Salzmenschen auf sich hat. Das Gelernte können die Kinder anschließend selbst in den Werkstätten und Betrieben der Stadt umsetzen.

Die hergestellten Produkte - ob gebacken, gebastelt oder gebaut - können entweder behalten oder den Mitbürgern verkauft und ihnen so eine Freude gemacht werden. Auch sich selbst kann man mit den eigens verdienten Talern etwas Gutes tun. "Zwei Stunden wird pro Tag gearbeitet, jeder kann sich aussuchen an welchen Stationen", erklärt Pfarrer Luca Bähne, „In den täglichen Geschichten während der Bürgerversammlung erfahren die Kinder, wie das gemeinsame Leben in den früheren Gemeinden aussah, wie man im Sinne Jesu den Mitmenschen etwas Gutes tun kann und sich gegenseitig hilft", fasst Luca Bähne zusammen. "Der Begriff 'Salzmenschen' ist abgeleitet von den Worten Jesu, der sagt: Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt".

Bäcker, Designer, Kinobetreiber

In der zur Bäckerei umfunktionierten Küche des Gemeindehauses duftet es an diesem Vormittag nach frisch gebackenen Dätschern. Für Nachschub sorgen die Nachwuchsbäckerinnen Lea (7), Leonie und Jule (beide 11). Fleißig wird der Teig erst geknetet und schließlich belegt, um dann in den Backofen zu wandern. "Wir backen zum ersten Mal Dätscher, das macht Spaß", finden die Mädels, „am Kiosk haben wir auch schon gearbeitet und dann unsere Wertmarken bei der Bank umgetauscht. Für jede Marke bekommt man fünf Taler", erklärt das Trio. Franziska (11) war schon sehr kreativ in der Kunstwerkstatt: „Wir haben dort Salzbilder gemacht und das Salz mit Wasserfarbe bunt angemalt." Im Schmuckladen sind Madita, Lotta (beide 8) und Ida (5) dabei, aus kleinen bunten Perlen Armbänder herzustellen. "Die verkaufen wir dann am Kiosk", erfährt man von den jungen Schmuckdesignerinnen. Ein Armband kostet dort einen Taler. In der Bäckerei hat Lotta am Tag zuvor bereits Pizza gebacken.

Dass sie so viel Verschiedenes in der Kinderstadt ausprobieren können, finden die Mädels super. Einen Stock tiefer hatten Max, Joel und Noa (alle 13) eine Geschäftsidee, die bei den anderen Städtern sehr gut ankommt: Die drei Jungs haben ein Kino eröffnet, inklusive selbst gemalter Schilder, extra ausgedruckten Filmplakaten, einer Kinokasse und einer Popcornmaschine.

Einen lukrativen Job haben auch Luca (12), Bastian und Joshua (beide 10) aufgetan, die kurzerhand als Müllabfuhr mit ihren Eimern losziehen und sich so ein paar Taler dazuverdienen: „Davon wollen wir uns nachher Dätscher kaufen." Bankdirektorin ist an diesem Tag Helferin Anita Brüske: „Wer 15 Minuten gearbeitet hat, bekommt eine Wertmarke, die fünf Taler wert ist und bei mir gewechselt wird. Die Kinder sind richtig fleißig, manche waren schon ein paar Mal da. Die einen sparen erstmal, die anderen wissen schon genau, wofür sie die verdienten Taler einsetzen möchten."

Jedes zweite Jahr veranstaltet die evangelische Kirchengemeinde eine Kinderbibelwoche mit einem wechselnden Programm. „Die Kinderstadt haben wir dieses Jahr in Kooperation mit dem Verein ‚Kirche unterwegs' auf die Beine gestellt", erklärt Pfarrer Luca Bähne. Das sich so viele Kinder dafür anmelden, hätte er nicht erwartet, "das ist wirklich toll." Abgerundet wurde das Programm am ersten Abend mit einer Show des Illusionskünstlers „Mr. Joy" für die ganze Familie und am Sonntagvormittag mit einem Familiengottesdienst.