Der Fortschritt in Zahlen wirkt auf den ersten Blick eher wie Trippelschrittchen: Der Anteil der Haushalte, die im Kreis Esslingen über eine schnelle Glasfaserverbindung verfügen, ist im zurückliegenden Jahr von einem auf zweieinhalb Prozent gestiegen. Das entspricht rund 29 000 privaten Anschlüssen, wie die Wirtschaftsförderung im Landkreis auf Nachfrage von SPD und REP im Kreistag offengelegt hat.
Der Weg bis ins Ziel scheint noch lang. Bis 2025 sollen Industrie und Gewerbe in der Region Stuttgart flächendeckend ans Glasfasernetz angeschlossen sein. Im selben Zeitraum auch die Hälfte der privaten Haushalte. Bis 2030 sollen dann 90 Prozent der Privatnutzer zumindest die Wahl haben, auf die schnelle Datenleitung umzusteigen. Dafür treibt die Gigabit-Region Stuttgart gemeinsam mit der Telekom und den Zweckverbänden der Landkreise, zu denen im Kreis Esslingen inzwischen alle 44 Städte und Gemeinden gehören, den Ausbau voran. Kostenpunkt: 1,6 Milliarden Euro, die zur Hälfte vom Bund und zu 40 Prozent vom Land finanziert werden.
Wo es der Markt hergibt, finanziert die Telekom als Partner den Bau selbst. In Gewerbegebieten wie in Kirchheim, Weilheim oder Dettingen ist das der Fall, aber auch in Stadtteilen wie zuletzt in Wendlingen oder in Wolfschlugen. Im Stadtgebiet Esslingen sollen bis Ende dieses Jahres 10 500 Haushalte einen Glasfaseranschluss bekommen. Wo der Markt versagt, greift die Förderung. Aktuelle Förderprojekte schließen nicht nur Schulen, sondern auch „weiße Flecken“ wie in Lenningen, Erkenbrechtsweiler, Bissingen und Weilheim mit ein.
Woher nimmt man im Landkreis die Zuversicht, dass die selbstgesteckten Ausbauziele im angepeilten Zeitraum zu schaffen sind? Es sind viele Details, die Wirtschaftsförderer Markus Grupp optimistisch stimmen. Die Partner arbeiten erfolgreich Hand in Hand. „Der Zweckverband erfüllt seinen Zweck“, sagt Grupp. Trotz des kleinen Teams habe man in den zwei Jahren seit der Gründung viel bewegen können.
Jetzt will man aufs Tempo drücken. Gemeinsame Bündelausschreibungen in sogenannten Clustern sind noch im März für 27 Bauprojekte in 25 Städten und Gemeinden im Kreis geplant. Seit Beginn der Kooperation mit der Telekom im Mai 2019 wurden zudem 29 Gewerbegebiete an den Start geschickt. Von 42 Förderanträgen für Schulen, Gewerbe und Privathaushalte seien inzwischen 40 bewilligt, sagt Grupp, der gleichzeitig Geschäftsführer des Zweckverbands im Kreis ist. Das Problem bei der Förderung: Die Verfahren dauern lang. Viele Ausschreibungen gehen daher inzwischen ohne abschließende Finanzierungszusage an den Start. Förderfähig ist auch nur, wer als unterversorgt gilt. Das sind Versorgungsbereiche, die bisher über weniger als 30 Mbit pro Sekunde verfügen. Viele Kommunen im Kreis, die sich über Vectoring und Kupfertechnik einen Mindeststandard gesichert haben, gehen deshalb zunächst leer aus. Für den Esslinger Landrat Heinz Eininger ein Ärgernis. Man dränge darauf, diese sogenannte Aufgreifschwelle zu kippen, sagt Eininger.
Der Druck, zügig voranzukommen, ist gewaltig, und er hat im Coronajahr 2020 drastisch zugenommen. Homeoffice, Homeschooling und Preissenkungen der Netzbetreiber für Gigabit-Tarife sorgten für einen enormen Nachfrageschub. Unternehmen wie die Telekom verzeichneten im vergangenen Jahr bis zu 70 Prozent mehr Anfragen für Highspeed-Anschlüsse.