Polizeipräsident Udo Vogel vom Polizeipräsidium Reutlingen zeigt sich sichtlich zufrieden. In seinem Präsidium registrierte man im vergangenen Jahr 43 957 Straftaten, was einem Rückgang um knapp zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht und somit der niedrigsten Fallzahl seit über 17 Jahren.
Verantwortlich dafür sind deutliche Rückgänge bei Diebstählen und bei Straftaten im öffentlichen Raum. Auch die Fallzahlen der Wohnungseinbrüche sanken auf den niedrigsten Stand seit 1983. Zudem liegen die Fallzahlen mit 3547 Straftaten pro 100 000 Einwohner deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt.
Die Aufklärungsquote konnte gleichzeitig auf 63,7 Prozent gesteigert werden. Einhergehend mit dem Rückgang der Straftaten ist auch die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen im vergangenen Jahr erneut gesunken. Der Rückgang erstreckt sich dabei auf alle Altersgruppen mit Ausnahme der Kinder. Auch bei der Zahl der ausländischen Tatverdächtigen hält seit 2017 die rückläufige Tendenz weiter an. Ohne die Verstöße gegen das Aufenthalts-, Asylgesetz oder Freizügigkeitsgesetz EU, die fast ausschließlich nur von Ausländern begangen werden können, ist ein Rückgang der Tatverdächtigenzahlen bei Nichtdeutschen um 8,8 Prozent auf 6980 festzustellen.
Auch die Zahlen der tatverdächtigen Asylbewerber bzw. Flüchtlinge sind rückläufig. Deren Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 16,7 Prozent gesunken.
Der insgesamt deutliche Rückgang bei den Straftaten und Tatverdächtigen sowie bei der Kriminalitätsbelastung kann sicherlich zum Teil auf die Auswirkungen der Pandemie zurückgeführt werden. Reise-, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sowie Schließungen von Geschäften, Gastronomie- und Freizeiteinrichtungen führten auch zu einer Verringerung der Gelegenheiten, Straftaten zu begehen. Insofern lässt sich auch erklären, dass Diebstahlsdelikte um rund 17 Prozent, Straftaten im öffentlichen Raum um 10,5 Prozent, Ladendiebstähle um rund 20 Prozent und Wohnungseinbruchsdiebstähle um fast 30 Prozent gesunken sind. Beim Wohnungseinbruchsdiebstahl setzte sich der stark rückläufige Trend des Vorjahres fort. Mit insgesamt 323 Wohnungseinbrüchen war dies die niedrigste Fallzahl präsidiumsweit seit mindestens 1984.
Entgegen allgemeiner Befürchtungen im Zusammenhang mit der Pandemie stiegen, rein statistisch gesehen, die Fälle häuslicher Gewalt nicht an, sondern gingen um 3,8 Prozent zurück. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass eventuell die Dunkelziffer gestiegen ist. Denn es muss in Erwägung gezogen werden, dass die permanente Anwesenheit eines Peinigers in der Wohnung dazu führen kann, dass es vermehrt zu Übergriffen kommt und es dem Opfer auch erschwert wird, eine Anzeige zu erstatten.
Die Pandemie hinterließ im vergangenen Jahr auch in anderen Deliktsbereichen ihre Spuren. So stiegen die Fallzahlen im Bereich des Subventionsbetrugs deutlich an, meist Betrugsfälle im Zusammenhang mit Corona-Subventionen. Die damit verbundene Schadenssumme hat sich seit 2017 von 8094 Euro auf mittlerweile über 980 000 Euro erhöht. Auch die Fallzahlen beim Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse sind von zurückliegend zehn Fällen in 2020 auf 172 Fälle drastisch angestiegen.
Zahlreiche Delikte werden heute online begangen. Die Organisationseinheiten des Polizeipräsidiums Reutlingen haben im Jahr 2021 10 308 Straftaten bearbeitet mit einem Gesamtschaden in Höhe von über 19,3 Millionen Euro.
Nachdem im vergangenen Jahr bei Straftaten gegen das Leben mit 55 Fällen ein Fünfjahreshoch erreicht wurde, sank die Anzahl der Straftaten auf nunmehr 49 Fälle. Die Delikte der Straßenkriminalität, beispielsweise Taschendiebstahl, sind nun im vierten Jahr in Folge rückläufig. Allerdings sind die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Vergleichszeitraum um insgesamt 25,5 Prozent gestiegen. Im Wesentlichen ist der Anstieg auf den Zuwachs bei den Delikten der Kinderpornografie zurückzuführen. Diese Entwicklung lässt sich in allen vier Landkreisen Esslingen, Tübingen, Reutlingen und Zollernalbkreis beobachten.
Trotz regelmäßiger Warnmeldungen kam es auch im Jahr 2021 wiederholt zu einer hohen Schadenssumme von rund 1,6 Millionen Euro im Bereich des Callcenter-/Telefonbetrugs. Ebenfalls unerfreulich ist die Entwicklung der Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte. Mit 485 Fällen wurde der höchste Stand der vergangenen fünf Jahre erreicht. lp