Engagement
Kult-Ur Open-Air in Weilheim: Hier rockt das Ehrenamt mit Leidenschaft

Über 80 Ehrenamtliche verwandeln jedes Jahr zu Pfingsten einen Schotterparkplatz in Weilheim in ein Festivalgelände. Beim Kult-Ur Open Air zählt nicht nur der Einsatz, sondern vor allem das Miteinander.

Kathi Baur, Tim Baur und Deniz Aydin sind bereits seit Jahren fester Bestandteil des KOA. Foto: Jule Störk

Wenn aus einem Schotterparkplatz ein Festivalgelände wird, ist klar: Es ist Pfingsten in Weilheim. Beim Kult-Ur Open Air, von den Ehrenamtlichen liebevoll KOA genannt, entsteht jedes Jahr ein komplettes Festival – ausschließlich durch ehrenamtliche Arbeit. Und das funktioniert, weil niemand sagt, was man tun muss, sondern jeder sagt, was man tun kann.

„Die beste Crew der Welt“

„Ich hab einfach mal mitgeholfen. Seitdem bin ich immer dabei“, sagt Tim Baur. Viele in der Crew erzählen ähnliche Geschichten. Neue werden mitgebracht, bleiben hängen, kommen wieder. Urlaub wird drumrum geplant, Freundeskreise aktiviert. „Hey, was machst du an Pfingsten? Nix? Alles klar – jetzt hast du was vor“, erzählt Kathi Baur lachend. Sie ist seit 2014 im KOA-Team und besetzt eine Hälfte des Kassenchef-Postens. „Ich weiß, das sagen alle, aber bei uns stimmt’s wirklich: Wir haben die beste Crew der Welt“, sagt Kathi Baur.

Alle machen, was geht

Mehr als 80 Menschen sind übers Jahr verteilt mit dem Festival beschäftigt – die meisten rund ums Pfingstwochenende. Sie übernehmen Aufgaben in der Technik, beim Organisieren, an der Theke, beim Aufbau oder dem Merch. Manche springen ein, andere planen mit. „Man kann Teams wechseln, mal reinschauen, was ausprobieren“, sagt Tim. „Jeder bringt sich im Rahmen seiner Möglichkeiten ein.“

Ein starres System gibt es nicht. „Wenn jemand eine Band sehen will, dann sieht er die Band. Das ist unsere Grundregel“, erzählt Kathi. Es gibt keine krassen Hierarchien – und trotzdem, oder gerade deshalb, läuft es. „Niemand sagt: Boah nee, jetzt schwere Sachen schleppen“, erzählt Tim lachend. „Die Leute haben einfach Bock.“

Manche kommen mit Paletten, andere mit Gaffa-Tape oder Erfahrungen aus Öffentlichkeitsarbeit, Handwerk oder Veranstaltungstechnik. Was zählt, ist: Es passt. Auch wenn’s mal ungemütlich wird. „Wenn Pfingsten früh liegt, kann’s kalt sein“, erzählt Kathi. „Dann sitzt du mit Decke über den Beinen da und denkst dir: Ich mach das super gerne – und bin freiwillig hier. Aber dann bringt dir jemand warmen Glühwein, und schon passt wieder alles.“

Ich weiß, das sagen alle, aber bei uns stimmt’s wirklich: Wir haben die beste Crew der Welt.

Kathi Baur ist bereits seit 2014 Teil der KOA-Crew.

 

Mittlerweile ist sie, wie sie selbst sagt, „im Wohnwagen-Schlaf-alter“. Andere schlafen auf dem Zeltplatz, rund 200 Meter vom Festivalgelände. Fließend Wasser gibt’s auch – nicht warm, aber immerhin. Auch an mobilen Toiletten wurde nicht gespart. Und sonntags treffen sich alteingesessene Weilheimer und Festivalbesucher beim musikalischen Gottesdienst und Weißwurstfrühstück mit Blaskapelle.

Ein Ort für Ideen

„Man kann hier was mitnehmen“, sagt Tim – und meint nicht das KOA-Bändchen. Sondern Erfahrungen, Eindrücke und Verantwortung. Wer eine Idee hat, bringt sie ein, und wer Verbesserungsvorschläge hat, wird gehört. Man kann sich ausprobieren und austoben. In diesem Jahr wurde erstmals ein barrierefreies Dixi-Klo aufgestellt. Ganz ohne Stolpersteine ist der Schotterplatz nicht, aber das Team denkt mit und möchte möglichst vielen Besuchern den Zugang ermöglichen und erleichtern.

Viele Helferinnen und Helfer kennen sich über andere Veranstaltungen, über die Linde oder aus dem Freundeskreis. Neue finden über Social Media oder Rumfragen ihren Weg ins Team: „Kennt ihr nicht noch jemanden, der da hinpasst?“

Was dann entsteht, ist mehr als ein Einsatz. „Ich plane inzwischen mein ganzes Jahr ums KOA herum“, erzählt Deniz Aydin, und ist damit nicht allein. Er kümmert sich um die Internetverbindung, die sonst gern mal im Funkloch verschwindet. Das Öffentlichkeitsarbeit-Team, auch KÖA genannt, kann dann auch vor Ort Beiträge und Stories posten. Auch die insgesamt rund 1500 Besucher freuen sich über etwas Kontakt zur Außenwelt – zumindest ab und zu.

Was bleibt, sind Erinnerungen, Freundschaften, manchmal Beziehungen. Und selten sogar ein Antrag auf der Bühne, inklusive eingeweihter Crew und Tränen in den ersten Reihen. „Man konnte harte Metaller weinen sehen“, erinnert sich Kathi. „Das war so goldig.“