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Kult-Ur Open-Air Weilheim: Drei Tage Zeltbeben unter der Limburg

Festival Ein proppenvolles Zelt, begeisterte Fans und etliche Band-Highlights: Trotz schlechten Wetters, Schlamm und Hochwasserwarnung wurde das Kult-Ur Open-Air in Weilheim zum vollen Erfolg. Überraschungsgast "Tripkid" sorgte am Sonntag noch ür viele unverhoffte Besucher. Von Sylvia Horlebein

"Tripkid"-Sänger Luca Opifanti ließ Mädchen- und Frauenherzen höher schlagen. Foto Sylvia Horlebein

Schon von weitem sind sie am Sonntag zu hören. Kreischende Fans, die mit rosa Bomberjacken dicht gedrängt vor der Bühne stehen. Tripkid aus Stuttgart machen sich bereit, um die Bühne des Kult-Ur-Open-Air Weilheim (KOA) zu stürmen. Die beiden Jungs sind extra aus Hannover angereist und hätten eigentlich frei gehabt. Doch ein Anruf ändert ihre Pläne. „Shoreline“ muss kurzfristig absagen und der Slot um 21.30 Uhr ist unbesetzt. Eine mittlere Katastrophe für das KOA-Organisationsteam. Wie gut, dass man sich kennt.

Frauenherzen schlagen höher

Und so setzen Tripkid sich am Sonntagmorgen in ihren Tourbus und reisen an – ein Umstand, der schon am Samstag in den Sozialen Medien gepostet wurde und für viele unverhoffte Besucher in Weilheim sorgt. Die noch junge Band, die Mädchen- und Frauenherzen höher schlagen lässt, hat eine große Fangemeinde – ganz besonders in der Region.

Doch nicht nur sie bringen das Zelt zum Beben. „Solle Vöhne“ dirigieren am Freitag wohl den größten Chor, ganz ohne Taktstock. Allein ihr Erscheinen auf der Bühne sorgt für Jubel, obwohl sie schon lange keine neuen Lieder mehr mitbringen. Jedes Stück wird gefordert und alle singen mit. Da muss sich Headliner „Lacrimas Profundere“ etwas gedulden. Doch das Warten lohnt sich. Feinster Dark Rock lässt die Zeltplanen zittern und während „Solle Vöhne“-Sänger Fred Stellmacher die Rufe nach nackter Haut ignoriert, zeigt „Lacrimas Profundere“-Sänger Julian Larre gerne mehr davon.

Für einen krönenden Abschluss sorgten „Dr. Aleks & the F‘s“. Fotos: Sylvia Horlebein

150 Sandsäcke als Schutz

Die Stimmung ist ausgelassen und während draußen der stetige Regen die gestapelten Sandsäcke durchnässt, stampfen im Zelt Hunderte Besucher durch aufgeweichten Boden. 150 Sandsäcke wurden vorsorglich gefüllt – dafür musste der Sandkasten der Linde herhalten. Angesichts einer Hochwasserwarnung gingen viele mit einem mulmigen Gefühl ins Festival-Wochenende. Die 85 Ehrenamtlichen hoben Gräben aus, stellten Palisaden als Mauer und ließen „Sponge“, einen übergroßen Schwamm, die Pfützen leeren.

Doch trotz des schlechten Wetters und der schlammigen Umgebung ist das Zelt von Freitag an proppenvoll. Die Begeisterung sorgt dafür, dass 25 Prozent mehr Karten im Vorverkauf über den Tresen gingen als im Vorjahr. Eine Erfolgsgeschichte, und das nicht nur fürs KOA. Es stehen „The Worm Reducer“ auf der Bühne, die letztes Jahr Aufkleber verteilt haben, um dieses Jahr auf der Bühne stehen zu dürfen. Da kommen „Jack Pott“ aus Hamburg angereist und machen eine riesige Party mit feinstem Punk. „No Brainer“ reisen aus Ulm an. „Samarah“ aus Saarbrücken bringt alternativen Rock und Metal mit und sorgt für übermütige Tanzeinlagen, bevor es gruselig wird. „The Other“ machen ihrem Namen alle Ehre. Totenkopf-Make-Up, weiße Kontaktlinsen, Skeletthände und schaurige Lichteffekte bringen das richtige Ambiente für den Horrorpunk aus Nordrhein-Westfalen.

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Mit nur sechs Liedern kommt die Punk-Band "Hans Crvst"nach Weilheim. Kein Problem, das beste kann man auch zweimal spielen.
Mit nur sechs Liedern kommt die Punk-Band "Hans Crvst"nach Weilheim. Kein Problem, das beste kann man auch zweimal spielen.
Nicht nur der Regen treibt die Gäste ins Zelt, X2 bringt die Menge in Fahrt
Enni One, Sängerin von "The Wasn`t Me`s" bringt gute Laune und noch bessere Musik zum KOA.
Andy Experience und Pi von "The Wasn`t Me`s"
"The Wasn`t Me`s"
Keiner lässt das Saxophon so schön jammern wie er: Walter "Egge" Eggenbrecht von "Solle Vöhne".
Fred Stellmacher, Sänger von "Solle Vöhne" wird schon erwartet.Jedes Lied wird mitgesungen und eine Zugabe muss auch gegeben werden.
Oliver Nikolas von "Lacrimas Profundere"
Von den technischen Probleme merkt niemand etwas, Ilker Ersin weiß, was er spielen muss.
Sänger Julian Larre von "Lacrimas Profundere"begeistert.
Mit etwas Verspätung, aber umso so gewaltiger, Headliner des ersten Abends "Lacrimas Profundere".
Bei dem Wetter sind Gummistiefel Pflicht.
Mark Staiger und Markus Schwarz aus Bad Urach kommen schon seit 15 Jahren zum KOA nach Weilheim.
Oli Leippert ist die Hälfe der Band "The Worm Reducer". Trotz schneller Moves kommt er kaum ins Schwitzen.
Hinrich Klingler ist die andere Hälfte der Band "The Worm Reducer". Ihr Auftritt wird frenetisch gefeiert.
Eigene Texte, eigene Melodien, "Empathieproblem" darf am Samstag als Zweites auf die Bühne.
Heizen dem Publikum ordentlich ein, "No Brainer" aus Ulm.
Heri Autenrieth, Sänger und Frontman von "No Brainer" heizt dem Publikum ordentlich ein.
Dicht gedrängt warten hunderte Gäste auf die nächste Band.
Samarah mit Sänger und Gitarrist Marcel Staub sind extra aus Saarbrücken angereist.
Sie hatten den weitesten Weg: "Jack Pott" mit Sänger Alex Levering sind aus Hamburg angereist.
Das Make-up passt zum Genre: Horror-Punk und Heavy Metal vom Feinsten mit "The Other" aus Köln.
Samuel "Sammi" Rager ist 7 Jahre und schon ganz ein Punk. Er kommt weger keiner speziellen Band und sagt:"Ich wollte einfach nur kommen."Seit 2021 ist das KOA sein Festival.
Vincent Dyck, Sänger von "GCU" growlt und screemt.
Mit "Roadstring Army" kommt gute-Laune-Musik ins Zelt.
Call me Brutus
Für viele das Highlight des Wochenendes: Tripkid mit Sänger Luca Opifanti.
Für viele das Highlight des Wochenendes: Tripkid. Hier auf dem Foto: Matthias Brendle.
Das beste kommt zum Schluss: Dr. Aleks & the F`s aus Sindelfingen sorgen für gute Laune und einen perfekten Abschluss.
Das beste kommt zum Schluss: Dr. Aleks & the F`s aus Sindelfingen sorgen für gute Laune und einen perfekten Abschluss.

„GCU“ aus Kirchheim überrascht

Der Sonntag steht ganz unter dem Motto der Überraschungen. Zuerst stürmt „GCU“ die Bühne. Schwiegermutters Lieblinge. Das T-Shirt brav in die Hose gesteckt, der Gürtel geschlossen, ordentlicher Haarschnitt und lachsfarbene Jeans lassen Schlagermusik erahnen. Doch weit gefehlt. Die Kirchheimer, growlen, screemen, shouten. Vincent Dyck und Leo Oszcipok beherrschen das große Einmaleins der Metalmusik. Doch nicht nur ihre Stimmen und ihre Musik überrascht. Da werden mal die Instrumente getauscht – ein Schlagzeuger kann durchaus auch Gitarre spielen. Sie eröffnen den Sonntag und nehmen viele neue Fans vom KOA mit.

Gruselstimmung mit "The Other". Foto: Sylvia Horlebein

Mit ausreichend Fans im Gepäck kommen „Dr. Aleks & the F‘s“ aus Sindelfingen. Sie brauchen Geduld – und ihre Fans brauchen sie. Denn zuerst fordern die Tripkid-Fans lautstark nach Zugaben, die ihnen gewährt werden. Doch dann ist es endlich so weit. Das coolste Blasorchester betritt die Bühne. Posaune, Trompete, Saxofon, Gitarren und ein kleines Schlagzeug, Mehr braucht es nicht für außergewöhnliche Musik. Dicht an dicht stehen Hunderte Besucher und verfolgen gebannt, wie Dr. Aleks innerhalb kürzester Zeit seinen ersten Drumstick zu Kleinholz verarbeitet. Ein gelungener Abschluss für ein großartiges Festival.