Zwischen Neckar und Alb
Landesvater tritt als kraftvoller Mahner auf

Politik Winfried Kretschmann wird auf Neujahrsempfang für Plädoyer zu kompromisslosem Klimaschutz gefeiert.

Ostfildern. Mahnend, kraftvoll und mitreißend - so erlebten die Grünen im Kreisverband Esslingen ihren „Winfried“ beim Neujahrs­empfang in Nellingen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hielt vor rund 400 Besuchern im Theater An der Halle ein leidenschaftliches Plädoyer für einen Klimaschutz ohne faule Kompromisse. „Das ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit“, sagte der 71-Jährige. Als zweite zentrale Aufgabe nannte Kretschmann den Strukturwandel in der Automobilindustrie, den die Politik entschlossen begleiten müsse.

Mit seinem Appell zu mehr Zivilcourage bei der Verteidigung demokratischer Werte stieß der Ur-Grüne auf großen Zuspruch, bei seinen Parteifreunden genauso wie bei Politikern anderer Couleur. „Sehr identisch und sehr bürgernah“ empfand Werner Schmidt, SPD-Fraktionschef im Ostfilderner Gemeinderat, den Landesvater. Mit seinen Ausführungen habe er den Puls der Zeit getroffen.

Ostfilderns OB Christof Bolay (SPD) äußerte seine Sorge um das soziale Klima. Denn die Gesellschaft drifte immer weiter auseinander. Als Herausforderung sieht er den zunehmenden Populismus. Oft werde heute nur noch nach einfachen und schnellen Lösungen gefragt, anstatt den Dingen auf den Grund zu gehen. Zudem machten sich immer mehr Vorurteile breit.

Andreas Schwarz, Sprecher der Landtagsfraktion und nach Kretschmanns Aussagen mit mehr Macht ausgestattet als er selbst, ist besonders stolz darauf, dass es gelungen sei, im aktuellen Doppelhaushalt nochmals 600 Millionen Euro für den Klimaschutz draufzusatteln. Der Landkreis Esslingen profitiere davon unter anderem durch das in der Papierfabrik Scheufelen angesiedelte Laubholz­institut, für das 30 Millionen Euro investiert werden. Als wesentliches Element des Klimaschutzkonzepts sieht Schwarz die sogenannte Solarbauverpflichtung. Künftig solle auf jedem Neubau obligatorisch eine Photovoltaikanlage errichtet werden. Zuversichtlich ist er, dass es gelingen werde, auch den öffentlichen Nahverkehr entscheidend auszubauen.

Eine Stunde musste der Minis­terpräsident auf seinen Auftritt warten. Doch der hatte es in sich: Er sezierte die zuvor genannten Probleme pointierter und schärfer. Er sei froh, „dass uns die Jungen Beine machen“, sagte er zur Bewegung „Fridays for future“. „Auch wenn selbst wir Grünen uns von denen harte Kritik gefallen lassen müssen.“ Baden-Württemberg als wirtschaftsstarkes Bundesland sei in einer besonderen Verantwortung. „Auf uns schaut man“, sagte Kretschmann. „Wir müssen unser Modell vom Wirtschaften so gestalten, dass es kopierbar für andere ist.“ Harald Flößer