Zwischen Neckar und Alb
Landräte finden mit Brandbrief Gehör

Presse Fünf Kreischefs sorgen sich um die Zukunft des Lokaljournalismus und suchen den Dialog mit Medien.

Kirchheim. Berichterstattung in eigener Sache ist eine Übung mit der sich Zeitungen mitunter schwertun. Das gilt im Arbeitskampf, aber auch bei der Bewältigung der Strukturkrise, in der die Verlage im Ringen um Reichweite und digitale Inhalte seit Jahren stecken. Das Schweigen, um das es jetzt geht, trifft den Kern.

Die gemeinsame Sorge um den Verlust von Meinungs- und Themenvielfalt in der kommunalpolitischen Berichterstattung haben fünf Landräte aus der Region veranlasst, einen offenen Brief an die Adresse der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) zu richten. Das Dach der Holding, die 1974 aus dem Stuttgarter Zeitungsverlag hervorging, überspannt inzwischen 16 Tageszeitungen und ebenso viele Anzeigenblätter.

Unter der Überschrift „Kommunalpolitik braucht einen starken Lokaljournalismus“ äußern Heinz Eininger (Esslingen), Roland Bernhard (Böblingen), Dietmar Allgaier (Ludwigsburg), Richard Sigel (Rems-Murr) und Edgar Wolff (Göppingen) ihre Befürchtung, dass angesichts einer zunehmenden Konzentration in der Medienlandschaft insbesondere der Lokaljournalismus an Qualität und Bedeutung verliere. Kommunalpolitische Themen verschwänden zunehmend aus der öffentlichen Wahrnehmung, heißt es. Dabei entscheide sich gerade in der Lokalpolitik, was Bürgerinnen und Bürger in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld betrifft. Die Landräte wittern nicht weniger als eine Gefahr für die Demokratie.

Der Hintergrund: Die Ankündigung der Stuttgarter Zeitungsgruppe, zu der inzwischen auch die Esslinger Zeitung gehört, im Zuge einer Umstrukturierung 55 Redaktionsstellen zu streichen. Es geht um die Auflösung klassischer Ressorts, an deren Stelle so genannte Thementeams treten sollen. Die Nachricht Ende Januar vermeldeten viele Blätter, die Reaktion der fünf Kreischefs fand in keiner Lokalzeitung ein Echo. Darüber verwundert zeigt sich nicht nur der Esslinger Landrat Heinz Eininger, der in der Pressearbeit, wie er betont, eine Form der „Daseinsvorsorge“ sieht. Josef-Otto Freudenreich, bis 2010 Chefreporter der Stuttgarter Zeitung und inzwischen Herausgeber von „Kontext: Wochenzeitung“ schreibt in Zusammenhang mit dem Brandbrief vom „großen Schweigen“ hinter den Verlagsmauern. Unter der Headline „Ressortchefs raus, Digitalklicks rein“ widmen sich auch Rüdiger Soldt und Gustav Theile in der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) dem Stuttgarter Thema.

Inzwischen gibt es ein Gesprächsangebot der Geschäftsführung der Medienholding Süd (MHS), einer Tochter der SWMH, an die fünf Landräte. Von „Gesprächen auf bilateraler Ebene“ ist die Rede. Worum es geht, ist klar: Um die Frage, wie sich der größte Zeitungsanbieter in der Region Stuttgart Lokaljournalismus im Allgemeinen und kommunalpolitische Berichterstattung im Besonderen künftig vorstellt. Bernd Köble