Immer mehr Traktoren bogen am Montagabend auf die Wiese in Raidwangen ein. So viele, bis keine Fahrzeuge mehr drauf passten. Um kurz vor 19 Uhr versammelten sich circa 250 Trecker rund um den Rammerthof. Mit ihren gelben Warnleuchten erhellten sie den Nachthimmel, das große Feuer in der Mitte des Feldes war schon aus weiter Entfernung zu sehen. „Es ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass man so nicht weiter mit uns umgehen kann.“
Es waren deutliche Worte, die Siegfried Nägele, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Esslingen, auf der kleinen improvisierten Bühne fand. Landwirte hatten kurzfristig zu einem Mahnfeuer aufgerufen, um sich mit ihren protestierenden Kollegen in Berlin solidarisch zu zeigen. Zahlreiche weitere Leute trotzten der Kälte und versammelten sich, um die Bauern zu unterstützen. „Das Fass läuft über“, sagte Organisator Guido Henzler unter viel Applaus der mehr als 200 Anwesenden: „Jetzt ist Schluss, wir kriegen das nicht mehr hin“, so Henzler.
Der Frust richtet sich gegen den Sparkurs der Bundesregierung. Der sieht vor, die Steuer-Rückerstattung beim Agrar-Diesel zu streichen. Auch soll die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge wegfallen. „Es sind misslungene Vorschläge, die niemals umgesetzt werden dürfen“, so Nägele. Die Regierung opfere die Landwirtschaft in jeder Hinsicht. Nägele forderte einen Wechsel der landwirtschaftlichen Politik, inhaltlich oder personell. „Wenn sich nichts ändert, dann wird es wehtun“, warnte er und rief zu weiteren Protestaktionen auf. Die Reden wurden immer wieder von viel Beifall unterbrochen.
Zu den Leidtragenden der Sparpläne gehört auch Landwirt Dirk Schaal aus Nürtingen. Er hat die Aktion mitorganisiert. „Als ich von den geplanten Einsparungen erfahren haben, musste ich mich erst einmal beruhigen.“ Für seinen Betrieb bedeuten die Pläne der Ampelkoalition ein Minus von 10 000 bis 15 000 Euro jährlich. „Für viele von uns ist das nicht mehr wirtschaftlich“, so Schaal. Auch Nürtingens Oberbürgermeister Johannes Fridrich gesellte sich zu den Protestlern. Er wolle sich solidarisch zeigen: „Denn die Auswirkungen für die Landwirtschaft werden nicht in Berlin, sondern hier bei uns vor Ort zu spüren sein“, warnte der OB.