Was sich schon unmittelbar nach dem ersten Durchgang bei der Esslinger Oberbürgermeisterwahl angedeutet hatte, tritt nun tatsächlich ein: Grünen-Kandidat Vittorio Lazaridis, der am Sonntag mit 21,6 Prozent der Stimmen hinter Daniel Töpfer (CDU) und Matthias Klopfer (SPD) auf dem dritten Platz gelandet war, wird im zweiten Wahlgang am 25. Juli nicht mehr antreten.
Er sei gestartet, um zu gewinnen, sagte der 53-jährige Ministerialbeamte am Montagnachmittag. Weil er dafür in der zweiten Runde keine Chancen mehr sehe, ziehe er seine Kandidatur zurück. „Es soll ein klares Rennen geben, dafür mache ich Platz.“ Gleichzeitig gaben er und seine Parteifreunde zumindest eine indirekte Wahlempfehlung für den SPD-Bewerber Klopfer ab. Mit ihm und seinem Wahlprogramm gebe es die größte inhaltliche Schnittmenge, etwa bei gesellschaftspolitischen Themen sowie bei Mobilität und Ökologie, sagte Carmen Tittel, die Grünen-Fraktionschefin im Esslinger Gemeinderat.
Dass ihr eigener Bewerber zusammen mit den Kandidaten von SPD und Linken auf eine gut 56 Prozent starke ökosoziale Mehrheit in Esslingen komme, sieht Tittel als positives Zeichen. Gefragt seien keine Hauruck-Veränderungen. „Die Menschen wollen, dass wir mit kreativen und pragmatischen Ansätzen gemeinsam in die Zukunft gehen.“ Eine direkte Wahlempfehlung wolle und brauche man gar nicht aussprechen, so Tittel. Es habe schon vor der Wahl konstruktive Gespräche mit den Sozialdemokraten gegeben, bestätigte Lazaridis. Auch wenn der umgekehrte Fall eingetreten, sprich Vittorio Lazaridis vor Matthias Klopfer ins Ziel gegangen wäre, hätte man sich in der zweiten Runde unterstützt.
Ihm sei es ein großes Bedürfnis, all seinen Wählerinnen und Wählern für ihr Vertrauen zu danken, betonte Lazaridis. „Das ist keine Floskel.“ Für den neuen OB habe er ein klares Anforderungsprofil. „Es muss mehr Transparenz für die Entscheidungen im Rathaus geben. Das ist wichtig für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft.“ Ein zweites Manko habe er in zahllosen Gesprächen ausgemacht: „Die Kompetenz der Menschen vor Ort wird oft nicht mitgenommen, obwohl das ein großer Schatz ist.“ Auch werde die Expertise des Planungs- und des Gestaltungsbeirats zu wenig genutzt. Die Stadtpolitik müsse sich mehr auf Wohnen und Bauen konzentrieren. Im Augenblick sei die Stadt „viel zu investorenfreundlich.“
Und die anderen Unterlegenen? Der Linke Martin Auerbach und die Parteilosen Gebhard Mehrle und Gabriela Letzing wollen sich bis heute erklären. Sie vereinigen rund 15 Prozent der Stimmen auf sich. Dabei erzielte Mehrle als unabhängiger Kandidat einen Achtungserfolg: Aus dem Stand und mit verhältnismäßig wenig Wahlwerbung kam er auf knapp zehn Prozent der Stimmen. Auch die anderen beiden Kandidaten hatten offenbar weniger Budget zur Verfügung als die drei Erstplatzierten, vor allem Gabriela Letzing war zwar in vielen öffentlichen Diskussionsrunden dabei, hatte aber im Straßenbild keine Präsenz. Sie kam auf knapp zwei Prozent der Stimmen. Auerbach erreichte etwas mehr als vier Prozent.
Jürgen Zieger geht am 30. September
In der ersten Runde hat am Sonntag niemand die absolute Mehrheit geschafft. Daher wird ein zweiter Wahlgang fällig. Daniel Töpfer, der von einem Bündnis aus CDU, Freien Wählern und FDP unterstützt wird, kam auf 31,8 Prozent der Stimmen. Sein Kontrahent Matthias Klopfer landete bei 30,7 Prozent. Beide wollen auch in der zweiten Runde antreten.
Notwendig geworden ist die Wahl in Esslingen, weil der amtierende Oberbürgermeister Jürgen Zieger (SPD) im März seinen vorzeitigen Abschied angekündigt hatte. Seine Amtszeit endet am 30. September mit seiner Versetzung in den Ruhestand. Zieger stand 23 Jahre lang an der Spitze der Stadtverwaltung. hf