Schon bevor man die Türe zur Schmiede öffnet, hört man das gleichmäßige Schlagen des Hammers. Drinnen ist Jannik Möhring mit vollem Körpereinsatz bei der Arbeit: Der 22-Jährige ist gerade dabei, zwei Messerklingen zu schmieden. Den Anfang machen dabei zwei Federstahlblöcke, die im gasbetriebenen Schmiedeofen – der Esse – auf rund 1100 Grad erhitzt werden. Ist die Schmiedetemperatur erreicht muss es schnell gehen: Schlag für Schlag wird der rot glühende Stahl mit dem schweren Hammer auf dem Amboss bearbeitet. Ist es erkaltet, muss das Werkstück zurück in die Esse. Immer wieder werden diese Arbeitsschritte wiederholt, bis die Form der Klingen schließlich deutlich erkennbar ist.
Zwischen dem Hämmern muss Jannik Möhring immer mal wieder die entstandene Zunderschicht, den „Abbrand“, der auf der Klingenoberfläche durch die Einwirkung von Sauerstoff entsteht, abbürsten. Dabei fliegen ordentlich die Funken. Die handgefertigten Messer in ganz unterschiedlichen Ausführungen sind seine Steckenpferde. Es sind Auftragsarbeiten, die der Hochdorfer seit 2018 nach den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der mittlerweile internationalen Kunden fertigt. „Darunter sind zum Beispiel Gastronomen, ambitionierte Hobbyköche oder auch Jäger und Outdoor-Enthusiasten“, erzählt Jannik Möhring.
Auch einige seiner zum Schmieden benötigten Werkzeuge wie Zangen oder Hämmer hat der 22-Jährige in Handarbeit selbst gefertigt. Auf dem Hochdorfer Bauernmarkt bietet er an jedem ersten Samstag im Monat Schleifarbeiten an. „Aus meinem anfänglichen Hobby wurde mittlerweile das Kleingewerbe ‚Möhring Makes‘. Die Nachfrage nach den handgefertigten Produkten steigt“, freut sich Jannik Möhring.
Die Schmiedekunst ist eines der ältesten Handwerke, die es gibt. Während Schmiede im Mittelalter noch hauptsächlich für die Herstellung von Waffen oder Werkzeug zuständig waren, sind ihre Aufgaben im 21. Jahrhundert wesentlich vielfältiger geworden. 1989 ging das Berufsbild des Schmieds in jenes des Metallbauers über. Jannik Möhring hat keine entsprechende Ausbildung absolviert, sondern sich das Schmiedehandwerk autodidaktisch angeeignet. „Während der Schulzeit habe ich als Ferienjobber bei der Hochdorfer Metallbaufirma Amrein gearbeitet. Dabei habe ich die Grundlagen der Metallbearbeitung gelernt, den Umgang mit dem Werkstoff“, erzählt Jannik Möhring, der 2017 sein Abitur gemacht hat. „Mir war klar, dass ein Studium nichts für mich ist. Ich hatte schon immer ein Faible fürs handwerkliche Arbeiten, dafür, etwas mit eigenen Händen zu erschaffen. Ich komme aus keiner Handwerkerfamilie, außer meinem Uropa, der war Schlosser. Ihn habe ich allerdings nicht mehr kennengelernt.“
Fürs Schmieden interessiert sich der 22-Jährige seit seiner Jugend. „Mit zwölf hatte ich ein altes Stück Eisenbahnschiene, die habe ich als Amboss genutzt und einfach mal ausprobiert, wie sich zum Beispiel Nägel im Lagerfeuer verformen und bearbeiten lassen. Da habe er seine Leidenschaft fürs Schmieden entdeckt, die bis heute ungebrochen sei, sagt Jannik Möhring.
Esse einfach selbst gebaut
Kreativ war er schon damals: Mit 14 schmiedete der Hochdorfer sein erstes eigenes Messer. „Damals habe ich mir im Garten meiner Eltern meinen ersten Schmiedeofen aus einer alten Autofelge, einem angeschweißten Wasserrohr und einem Fön für die Luftzufuhr zusammengebaut. „Drei Standfüße dran und fertig war die Esse, damals noch mit Grillkohle statt wie heute mit Gas befeuert“, erzählt er. Nach dem Abitur ging Jannik Möhring für vier Jahre zur Bundeswehr. Bis Ende 2021 war er im Berchtesgadener Land bei den Gebirgsjägern stationiert und pendelte am Wochenende in die Heimat. Hauptberuflich ist er seit diesem Jahr für einen Garten- und Landschaftsbauer tätig, nebenberuflich arbeitet er in seinem Handwerk.
Ziel sei es, dem irgendwann hauptberuflich nachgehen zu können. Neben der mittlerweile gut ausgestatteten Schmiede, die vom elterlichen Garten in geeignete Räume in Bünzwangen umgesiedelt wurde, ist in Hochdorf die Holz- und Lederwerkstatt im elterlichen Haus eingerichtet. „Dort finden die ganzen Holz- und Lederarbeiten statt, etwa um die Messergriffe oder die Holster zu fertigen“, erklärt der 22-Jährige. Auch diese handwerklichen Tätigkeiten hat sich der Autodidakt vollständig selbst angeeignet, „ich habe viel gelesen, Youtube-Videos waren hilfreich und ansonsten gilt es, viel auszuprobieren, bis man das gewünschte Endergebnis erreicht.“ In Deutschland seien die wenigen vorhandenen Gleichgesinnten gut miteinander vernetzt, „man tauscht sich in Sachen Gestaltung und Techniken aus“, sagt Jannik Möhring: „Eins ist klar, man lernt nie aus.“
Der Beruf des Schmieds gestern und heute
Historie: Die erste Zunft der Kleinschmiede wurde im 14. Jahrhundert gegründet. Der Beruf des Schmieds ist einer der ältesten der Welt. Im Altertum wurden die Handwerker für ihre Waffen und Werkzeuge geschätzt. Die Bedeutung, die Metall für unsere Entwicklungsgeschichte hat, zeigt auch die Benennung verschiedener Zeitepochen von der Kupfersteinzeit über die Bronzezeit bis zur Eisenzeit, in der man begann, Eisen aus Erz zu gewinnen und für die Herstellung von robusteren Werkzeugen, Ackerbaugerät, Waffen und verschiedenstes Gebrauchszeug nutzbar zu machen.
Beruf: 1989 ging das Berufsbild des Schmieds in das des Metallbauers über. Die Ausbildung zum Metallbauer dauert 3,5 Jahre. Hier gibt es etwa die Fachrichtungen Konstruktionstechnik, Metallgestaltung und Nutzfahrzeugebau. Mit der nötigen Weiterbildung ist zum Beispiel auch die Arbeit als Hufschmied möglich. Ein „Feinschmied“, der Schmuck und Gegenstände aus Edelmetallen herstellt, ist der Goldschmied. Dieser Zweig zählt ebenfalls zu einem der ältesten Metallhandwerksberufe. eis