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Lenningen streckt die Fühler Richtung Deutsche Glasfaser aus

Digitalisierung Das Lenninger Breitband-Pilotprojekt ist geplatzt, nachdem kein Käufer für das Netz gefunden wurde. Von Anke Kirsammer    

Neue Wege hatte die Gemeinde Lenningen in Sachen Datenautobahn verfolgt, doch jetzt ist klar, die Idee war eine Sackgasse. Es findet sich kein Käufer für das vorhandene Breitbandnetz der Gemeinde. Lediglich ein Bieter hatte sich an der Ausschreibung vom vergangenen Herbst beteiligt, nach einem Gespräch aber den Rückzug angetreten. „Wir dachten, wir hätten ein attraktives Angebot“, sagte Bürgermeister Michael Schlecht. Die Marktteilnehmer hätten das jedoch anders gesehen. Das kommunale Breitbandnetz, das 2013 aufgebaut worden war, verfügt über Glasfaser bis zu den Knotenpunkten. Gesucht wurde ein Unternehmen, das mindestens 90 Prozent der Adressen an das schnelle Internet angeschlossen hätte.

 

Mit der Brechstange können wir es nicht machen.
Markus Grupp
Der Geschäftsführer des Zweckverbands Breitbandversorgung betont die Abhängigkeit von Bund und Land.
 

Um eine gute Lösung zu finden, hat der Rathauschef inzwischen nicht nur mit der „Schaltstelle“ Gigabit Region Stuttgart und dem Zweckverband Breitbandversorgung Landkreis Esslingen gesprochen, sondern auch die Fühler in Richtung Deutsche Glasfaser ausgestreckt. Der Internetanbieter übernimmt den Ausbau in Dettingen und Owen. In den kommenden Wochen möchte Michael Schlecht beleuchten, wie eine Verbindung zu den Nachbarn aussehen könnte. „Bei uns ist es natürlich nicht so einfach Geld zu verdienen wie in einer kleineren, kompakteren Struktur“, sagte er mit Blick auf die sieben, teils weit auseinanderliegenden Ortsteile.

Markus Grupp, Geschäftsführer des Zweckverbands Breitbandversorgung, bedauerte ebenfalls, keinen „weißen Ritter“ präsentieren zu können. „Alles wäre in einer Hand gewesen. Das hätte durchaus Charme gehabt.“ In den vergangenen Monaten habe sich auf dem Kapitalmarkt der Wind gedreht, die Investoren seien vorsichtiger geworden, so sein Erklärungsversuch. Das vorhandene Netz sei offenbar eher eine Hürde.

Pachtvertrag wird verlängert

Das äußerst komplexe Thema will die Gemeinde nun mehrgleisig angehen: Um den jetzigen Netzbetrieb sicherzustellen, wird der zum 31. Juli auslaufende Pachtvertrag mit der Firma Stiegeler Internet Service um zwei Jahre verlängert, in eine der nächsten Gemeinderatssitzungen soll die Deutsche Glasfaser eingeladen werden, und die Kommune will bereits in Aussicht gestellte Förderungen aktivieren. Dabei geht es um die „Weiße-Flecken-Förderung“, die sich auf Adressen mit einer Internetgeschwindigkeit von weniger als 30 Megabit bezieht. Um zu wissen, wo die unterhalb der Gigabit-Versorgung liegenden „grauen Flecken“ sind, hat der Landkreis ein bis Frühsommer laufendes Verfahren gestartet. Über ein bundesweites Programm soll es für die Kommunen auch dafür Fördergeld geben. Am wenigsten bürokratisch und damit relativ zügig ließe sich das bestehende Netz aufpeppen, indem man an die „Backbones“, die Knotenpunkte, herangeht. „Als Gemeinde würden wir das unterstützen“, sagte Michael Schlecht. „Wir reden von rund 20 000 Euro. Daran soll es nicht scheitern.“

Furcht vor Flickenteppich

Im Gemeinderat herrschte etwas Ratlosigkeit angesichts der Gemengelage. Falk Kazmaier, der einen bunten Flickenteppich fürchtet, vermisst einen Fahrplan, um in den nächsten zwei Jahren „etwas auf die Schiene zu setzen“. Für Armin Diez gibt es zum vorgeschlagenen Vorgehen keine Alternative. Realistisch sei, während des Aufbaus eines neuen Netzes für eine gewisse Zeit das vorhandene weiter zu betreiben. Karl Boßler erinnerte daran, er habe schon bei der Ausschreibung vor einem halben Jahr prophezeit, dass sich das Netz als Hemmschuh entpuppen könnte. „Wir müssen uns nach einem anderen Anbieter umsehen“, drängte er.

Michael Schlecht verteidigte indes das Vorgehen: „Ohne Ausschreibung hätten wir immer sagen müssen, du musst dir das Netz ans Bein binden.“ In den Büchern stehe es zwar mit 600 000 Euro, aber anscheinend sei es nichts mehr wert. Bei einer Zusammenarbeit mit der Deutschen Glasfaser müssten sich im Übrigen die Bürgerinnen und Bürger positionieren, um das erforderliche Quorum zu erreichen. „Ich hoffe, dass wir zunächst trippeln und dann in Sieben-Meilen-Schritten weiterkommen.“ Markus Grupp betonte: „Wir sind von Bund und Land abhängig und müssen uns an Fristen halten. Mit der Brechstange können wir es nicht machen.“

Einstimmig beschloss der Gemeinderat, die Ausschreibung zum Verkauf des Netzes aufzuheben und die Adresspunkte, für die schon einmal eine „Weiße-Flecken-Förderung“ beantragt worden war, erneut auszuschreiben. Zudem stimmte das Gremium zu, den auslaufenden Pachtvertrag für das Netz mit der Firma Stiegeler Internet Service um zwei Jahre zu verlängern.