Michael Krieg fühlt sich seit seinem ersten Arbeitstag Ende März als Klimaschutzmanager in Lenningen wohl. Keine sieben Minuten braucht er von Erkenbrechtsweiler, bis er seinen Arbeitsplatz in der Oberlenninger Ortsmitte erreicht. Zuvor war er bei der Unteren Naturschutzbehörde in Tübingen tätig. „Ich mag Autos, aber die lange Strecke täglich hin und zurück hat schon genervt“, sagt Michael Krieg.
Die Liebe zu den Autos hat ihn nach der Mittleren Reife dazu bewogen, eine Ausbildung zum Automobilkaufmann zu beginnen. Nach der Lehre arbeitete er noch einige Zeit in seinem Beruf, ehe er das Abitur in Angriff nahm. Dann ging’s zum Studium der Volkswirtschaft an die FH nach Nürtingen. „Das grüne Thema kam am Ende des Studiums mit der Bachelorarbeit auf. Ich habe bei Schenker im Cargobereich des Flughafens in Stuttgart gearbeitet“, erzählt Michael Krieg. Der Titel: Die CO2-Neutralität des Stuttgarter Standorts der Firma DB Schenker. „Das war damals tatsächlich noch was Neues und der Chef bei Schenker hat sich auch gleich dafür interessiert – so bin ich ganz unerwartet in das Thema reingewachsen.“
Das grüne Thema kam am Ende des Studiums mit der Bachelorarbeit auf.
Michael Krieg
Es folgte ein Hybridstudium an vier Standorten, an dessen Ende der Master of Engineering mit dem Thema Umweltschutz stand. „In Stuttgart ging es um die Siedlung, also Städtebau und Planung, in Esslingen mussten wir viel rechnen – Stichwort Filtertechnik und Verbrennungsrechnungen. Mehr Laborarbeit, beispielsweise Biogasanalyse, war in Reutlingen angesagt, und in Nürtingen war es sehr ökologisch. Dort konnten wir was Praktisches machen: einen Versuch mit Moosen, die Schwermetalle binden, an der Autobahn. Im Labor haben wir die Schwermetallbelastung an Autobahnen ausgewertet“, fasst er die zwei Jahre zusammen. Die Studienzeit war so intensiv und einprägsam, dass er für die Prüfung nichts lernen musste. „Das finde ich gesundes Lernen“, sagt Michael Krieg.
Hobby mit der Arbeit verbinden
Die Abschlussarbeit konnte er wieder bei Schenker schreiben, die über eine riesige Lkw-Flotte verfügen. Hier lautete der Titel: Strategieentwicklung einer nachhaltigen Mobilitätsstrategie für den Stuttgarter Standort. „So konnte ich mein Hobby Automobil mit der Arbeit verbinden. Außerdem lagen mir die Themen am Herzen.“ Zwei Wasserstoff-Lkw befanden sich in der Flotte – so war das Thema gefunden. „Wir brauchen ein anständiges Wasserstoff-Tankstellennetz, sonst wird das nichts. Die Tschechen und Polen sind da schon viel weiter. Baden-Württemberg, insbesondere die Strecke zwischen Stuttgart und Frankfurt, und Bayern sind gut aufgestellt“, erklärt er.
Postwendend nach dem Studium ging es nach Tübingen – und von dort ohne einen Urlaubstag nach Lenningen. „Das ist eine Stabsstelle, ich bin nur Bürgermeister Michael Schlecht unterstellt. Alle Infos, die ich brauche, muss ich mir selber holen. Das ist wie ein weißes Blatt Papier“, beschreibt er seine ersten Arbeitsmonate. Er bekam viel Input aus vielen Richtungen. „Ich musste dann erst mal die Lage sondieren“, erzählt er.
Begeistert ist der 30-Jährige von seinen Kolleginnen und Kollegen in anderen Kommunen und Verwaltungen. „Das Netzwerk ist groß und funktioniert gut. Im Landratsamt gibt es eine Art Facebook für uns, in dem wir uns austauschen können. Wir arbeiten alle am selben Thema“, sagt er. Mit Michael Christ, Klimaschutz- und Energiemanager in Dettingen, hat er schon an seinem ersten Arbeitstag geredet und viele Tipps bekommen. „Projektmanagement ist meine Kernaufgabe“, wurde ihm schnell klar. Noch ist viel abstrakt, er redet von Risikoanalyse. Die Machbarkeitsstudie für ein Wärmenetz ist ein großer Punkt auf seiner Agenda. Zudem will er PV-Potenziale aufdecken, zusammen mit EVL, der Energieversorgung Lenningen. „Das ist ein Hauptbrocken“, sagt er.
„Das Stadtradeln war top“
Dann gibt es noch viele Unterthemen. „Das Stadtradeln samt Siegerehrung habe ich komplett organisiert. Das ging los beim Erklären und Animieren, ich habe Plakate aufgehängt in sämtlichen Geschäften. Am Ende waren es 380 aktive und 432 registrierte Fahrer, die 75.000 Kilometer geradelt sind. Deutschlandweit haben wir Platz 48 belegt bei 1300 Kommunen in unserer Größe – also unter 10.000 Einwohner. Ich finde das schon top“, freut er sich über die gelungene Aktion und ist einfach nur „happy, wie es gelaufen ist“. Allein von der Realschule waren 200 Schülerinnen und Schüler dabei.
Als Nächstes will er eine gemeindeeigene Müllsammelaktion auf die Beine stellen und einen Photovoltaik-Infoabend anbieten. In Online-Seminaren, die umsonst sind, können sich Interessierte Infos besorgen. Für die „typischen Blättle-Leser“ gibt es ebenfalls Informationen.
Den Papierkrieg gewinnen
Kommendes Jahr will er „Verbindungen schaffen, aufbauen und ausbauen“ und kommunalen Klimaschutz auch den Gewerbetreibenden näherbringen. „Wie kann die Gemeinde dabei unterstützen und Strategien aufbauen?“ – Diesem Komplex will er sich ebenfalls widmen. Montags zwischen 15 und 18 Uhr bietet er bereits eine offene Sprechstunde an. Da kann es beispielsweise um Beratungen für die Bürgerinnen und Bürger gehen, die eine neue Heizung planen. Was ist in einem Wasserschutzgebiet erlaubt, was nicht – all das und viel mehr will er in einem Maßnahmenkatalog zusammenfassen. „Wer Energie spart, spart Kosten. Da lässt sich vieles optimieren“, ist er überzeugt.
„Ich will auch den Papierkrieg gewinnen. Es wird vieles gefördert, aber das muss man erst herausfinden, die Frist einhalten und sonstige Bedingungen erfüllen. Vieles hat mit Politik zu tun, der Fördergeber sitzt oft in Berlin“, sagt er.
„In Lenningen sind viele gemeindeeigene Anlagen älter als ich“, ist sich Michael Krieg bewusst, dass viel Arbeit vor ihm liegt. Nicht nur die Heizungen sind in die Jahre gekommen, die Gebäude ebenso. Deshalb liegen auch hier die Themen klar auf der Hand: das Schulzentrum in Oberlenningen einschließlich Turn- und Festhalle samt Freibad sowie in Unterlenningen die Sporthalle mit dem Feuerwehrgerätehaus.

