Pünktlich um 9.30 Uhr beginnt heute die erste Stunde an der Raunerschule in Kirchheim unter Teck. Eigentlich genießen die Schüler gerade ihre letzten Ferientage - sollte man meinen. Doch statt Ausschlafen und Faulenzen steht am Vormittag für die Teilnehmer der Sommerschule Unterricht in Mathe, Deutsch und Englisch auf dem Programm. Corinna Geltz, die eigentlich an der Werkrealschule in Weilheim arbeitet, unterrichtet die Schüler in dieser besonderen Woche in Mathematik.
Die junge Lehrerin startet die Einheit mit „Kopfübungen“. Dabei lösen die Schüler Aufgaben aus verschiedenen Bereichen der Mathematik im Kopf. Angst müssen sie nicht haben. „Wenn ihr die Antwort nicht wisst, dann lasst dieses Feld einfach auf eurem Papier frei und wir lösen dann alles gemeinsam“, beruhigt Corinna Geltz die Schüler. Die Aufgaben sind zu Beginn für die Sechst- und Siebt- klässler noch recht leicht zu lösen, doch die letzten Fragen haben es in sich. „Die könnten so in der Abschlussprüfung meiner Hauptschüler stehen“, beschreibt die Lehrerin den Schwierigkeitsgrad der Fragen.
Die Sommerschule richtet sich ausdrücklich an förderungsbedürftige Schüler, das macht Andreas Forro klar. Der Bezirksjugendreferent des evangelischen Jugendwerks im Bezirk Kirchheim sieht gerade in den Haupt- und Realschulen seit dem Wegfall der Grundschulempfehlung einen größeren Bedarf an Unterstützung. Corinna Geltz weiß um die Notwendigkeit, sieht aber auch den Wert des Unterrichts darin, dass der alte Stoff in den jungen Köpfen einfach aufgefrischt wird. „Der Start in den Schulalltag wird erleichtert. Das beginnt schon damit, dass die Schüler sich wieder an das frühe Aufstehen gewöhnen“, erklärt sie.
Als Nächstes sollen die Schüler Dezimalzahlen addieren. Die junge Frau will wissen, wie viel 1,475 plus 2,81 ergibt. „Wer möchte das an der Tafel ausrechnen?“, fragt sie in die Klasse, und Kiriakos streckt schon, bevor sie ihren Satz beenden kann. Mutig schnappt sich der hoch gewachsene Junge die Kreide und zeichnet seinen Rechenweg auf. „Perfekt“, lobt Corinna Geltz. Die Anerkennung unter den Schülern und ihnen bewusst zu machen, dass sie viel können, ist der engagierten Lehrkraft sehr wichtig.
Die Kinder sind gerne hier. Selina, die in einer Woche in die achte Klasse kommt, lernt hier viel. Und wer denkt, dass die Eltern ihre Sprösslinge zum Extraunterricht drängen, hat weit gefehlt. Denn das Mädchen ist, wie viele andere auch, auf eigenen Wunsch in der Sommerschule. „Ich wollte das für mich“, erklärt sie. Selina beschreibt das Projekt als „sehr cool“ und auch die Lehrer hier sind „alle richtig gut“. Die Schülerin freut sich, dass sie hier neue Freunde gefunden hat, und auch der Spaß kommt in diesen Tagen nicht zu kurz. Denn weder endet noch startet die Sommerschule mit dem Unterricht.
Nach einem gemeinsamen Frühstück gibt es erstmal ein Warm-up für alle. Bei kleinen Spielen können sich die Schüler auf den Tag einstimmen. Dann finden die täglichen Unterrichtseinheiten statt. Auf eine Stunde Mathe folgt für die Teenager je eine Stunde Deutsch und Englisch. Nach dem Unterricht gibt es ein gemeinsames Mittagessen. Dann beginnt der abenteuerliche Teil des Tages: die gemeinsamen Ausflüge.
Am Dienstag haben die Teenager die Gustav-Jakobs-Höhle erkundet. An einem anderen Nachmittag findet ein Actionbound stattfinden: Da nehmen die Schüler an einer Schatzsuche teil und lösen Aufgaben. Der Trick ist, dass sie hier spielend lernen. Das Highlight der Woche erleben sie heute: Es geht in den Klettergarten in Plochingen.
Bis morgen frischen die wissbegierigen Schüler noch ihr Wissen auf und bereiten sich gemeinsam auf das kommende Schuljahr vor. Doch auch danach lässt die Sommerschule sie nicht allein. Im November und Februar sind Nachtreffen geplant. Da können die Teilnehmer ihre Klassenarbeiten mitbringen und mit den Lehrern der Sommerschule besprechen, wo sie noch Lernbedarf oder Wissenslücken haben.