Jugendhilfe
Lernen mit Panoramablick

Auf dem Michaelshof in Hepsisau ist das neue Schulgebäude eingeweiht worden. Es ist Dank der Idee eines Mitarbeiters und mit viel Eigenleistung realisiert worden. 

Jens Binder-Frisch, Johannes Barth und Simone de Piccioto schneiden das rote Band zur Eröffnung des neuen Schulgebäudes durch. Foto: Thomas Zapp

Die Freude steht Jens Binder-Frisch, Leiter des Michaelshof in Hepsisau, im Gesicht geschrieben, als er an diesem warmen Freitagmittag das rote Band durchschneidet, während sich am Himmel die Gewitterwolken zusammenziehen. Mit ihm freuen sich Schulleiterin Simone de Picciotto und Sozialpädagoge Johannes Barth, dessen Rolle im Laufe des Vormittags klar wird.  

Zunächst zur Vorgeschichte: Gewitterwolken zogen sich im übertragenen Sinne schon seit vielen Jahren über dem alten Hauptgebäude der Schule zusammen. Schon kurz nach der Jahrtausendwende traten die ersten Risse im altehrwürdigen Fachwerkhaus auf, das der Erziehungseinrichtung als Hauptgebäude für Schule und Küche diente. Irgendwann war klar: Es braucht einen Neubau. Nur das „ob“ und das „wie“ der Umsetzung standen mehrfach infrage, und wie meistens waren die finanziellen Möglichkeiten der begrenzende Faktor. Erschwerend kam die Hanglage des Michaelshofs hinzu, die zwar einen fantastischen Blick auf Hepsisau, Weilheim und das Umland liefert, aber bautechnisch hohe Herausforderungen darstellte, die vor allem zu exorbitanten Kosten führen würden.

Kurz vor der Depression

Nach Jahren der Planungen ergab die letzte Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2014 Baukosten in Höhe von 4,5 Millionen Euro. „Das wären heute 6,5 Millionen“, sagt Binder-Frisch in seiner Begrüßungsrede in einer Art Zirkuszelt, das auf dem Gelände des Michaelshofs aufgebaut ist. „Dann gab es große Ratlosigkeit und eine kleine Depression, nachdem wir zehn Jahre geplant haben“, erinnert er sich. Doch dann hatte eben jener Johannes Barth, der nicht nur Jugendheilerzieher, sondern auch gelernter Zimmermann ist, die entscheidende Idee: Es gab ein etwas tiefer liegendes Schulgebäude aus den 80er Jahren auf dem Gelände, auf dessen Dach ein gepflasterter Hof war, der von den Kindern und Jugendlichen zum Spielen genutzt wurde. Warum nicht das neue Schulgebäude darauf errichten, mit demselben Grundriss?

Die Vorteile lagen auf der Hand: Es musste kein Baugrund erschlossen und keine aufwendige Hangsicherung betrieben werden, und optisch passte es sich perfekt in die bestehende Infrastruktur ein. Das Flachdach hat sich fast von alleine ergeben: „Laut Energieberater liegen Energieverbrauchswerte nun weiter unter Hälfte dessen, was gesetzlich gefordert wäre. Zweitens sollte natürlich auch die wundervolle Aussicht vom Schuhof nicht komplett verloren gehen“, erklärt Architekt Christopher Kieser von Schober Architekten. Und trotzdem dauerte es vom Bauantrag noch anderthalb Jahre bis zur Baugenehmigung. „Das geht noch, der Pferdestall hat länger gedauert“, erzählt Jens Binder-Frisch augenzwinkernd.

Insgesamt 720 Quadratmeter Fläche stehen in dem erweiterten Gebäude nun zur Verfügung. Der neue Teil beherbergt ein Klassenzimmer – mit fantastischem Ausblick – eine Küche, ein Lehrerzimmer, WC und einen Gemeinschaftsraum, in dem gegessen wird. Aktuell leben und lernen 42 Schülerinnen und Schüler auf dem Michaleshof in sechs Wohngruppen. 

Gekostet hat das Projekt am Ende 2,6 Millionen Euro, auch Dank viel Eigenleistung. Johannes Barth hat nicht nur die Pflastersteine mit entfernt, sondern auch mit einem Bekannten die gesamte Holzverkleidung am neuen und alten Gebäude angebracht. Auch dadurch ist die etwas längere Bauzeit vom Rohbau, der im März 2023 fertiggestellt wurde, bis zur Eröffnung Ende Juni 2025 zu erklären.Nur auf den „Panoramasteg“ mussten die Bauherren aus Kostengründen verzichten – aber der kommt vielleicht noch. 

„Es ist so geil hier“

Schulleiterin Simone de Piccioto, die mit ihren Schülerinnen und Schülern auch den musikalischen Teil des Vormittags bestritten hat, bringt es auf den Punkt: „Es ist ein Ort zum Wohlfühlen und ich sage es im Originalton eines Schülers: Es ist so geil hier.“ Davon können sich die rund 60 Gäste, darunter Bürgermeister Johannes Züfle, bei einem anschließenden Rundgang dann selbst überzeugen.