Landwirtschaft
„Lernort Bauernhof“: Apfelsaftpressen für Anfänger

Die Mosterei und Brennerei Bezler in Jesingen ist seit 2024 „Lernort Bauernhof“. Grundschüler lernen dort unter anderem, wie aus Äpfeln Saft entsteht. 

Nadine Bezler versorgt die Schülerinnen und Schüler mit Mostäpfeln. Foto: Antje Dörr

Raus aus dem Klassenzimmer, rein in die Streuobstwiesen: Für die Erst- und Zweitklässler der Jesinger Grundschule steht an diesem Vormittag Praxis auf dem Stundenplan. Mit zwei Bollerwägen voll mit aufgelesenen Mostäpfeln und begleitet von ihren Lehrkräften fah­ren die Jungen und Mädchen bei der Mosterei und Brennerei Bezler auf den Hof. Das Ziel: erleben, wie aus den mitgebrachten Äpfeln erst Most und dann Saft wird.

Seit über 30 Jahren stellt der Familienbetrieb aus dem Obst der eigenen Streuobstwiesen Destillate, Liköre, Most und Süßmost her. Außerdem arbeitet er als Lohnmosterei und -brennerei. Knapp sechs Hektar Streuobstwiesen bewirtschaftet die Familie. Der Hof ist nicht Bioland-zertifiziert, verzichtet aber völlig auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Woher kommt mein Essen?

Kindern zu vermitteln, wie Landwirtschaft funktioniert, und der zunehmenden Entfremdung etwas entgegenzusetzen, ist für die Familie ein Herzensanliegen. Seit 2024 ist der Betrieb deshalb „Lernort Bauernhof“, und damit Teil eines Landes-Programms, das schon seit vielen Jahren Kinder und Landwirtschaft zusammenbringt. „Unser Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen die Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln praxisnah und pädagogisch wertvoll zu vermitteln“, heißt es beim „Lernort Bauernhof“.

Mit großen Augen beobachten die Kinder, wie Michael Bezler die Mostpresse bedient. Foto: Antje Dörr

Um die Jesinger Grundschüler zu empfangen, haben sich Michael, Volker und Ehefrau Nadine extra Urlaub genommen. Alle drei haben Jobs, die Brennerei und Mosterei läuft im Nebenerwerb. Der Vater, der Rentner ist, kümmert sich hauptsächlich ums Brennen.

Ist das noch gut?

Während ein Teil der Kinder Michael Bezler mit großen Augen dabei zusieht, wie er die große Mostpresse bedient, lässt Nadine Bezler einen Teil der Kinder Äpfel schneiden und die Handpresse damit befüllen. Viele Jungen und Mädchen fremdeln ein wenig mit den krummen oder angedatschten Äpfeln, kennen offensichtlich nur makelloses Obst. „Mein Apfel ist kaputt!“, ruft ein Junge. „Muss man solche Äpfel wegwerfen?“, fragt Nadine Bezler die Klasse und erntet ein langgezogenes „Neeeein“. Alle Früchte werden geviertelt und in die Handpresse gelegt. „Und was ist mit den Stielen?“, fragt ein Mädchen. „Das bleibt alles im Tuch hängen, nur der Saft kommt raus“, sagt Nadine Bezler.

Am Ende des Vormittags werden die Kinder nicht nur wissen, wie aus Äpfeln Saft wird und was der Unterschied zwischen Most und Apfelsaft ist, sondern auch, dass es viele verschiedene Sorten gibt, die alle unterschiedlich schmecken. Und dass es viel besser fürs Klima ist, Apfelsaft aus regionalem Obst zu trinken als importierten aus Neuseeland.

Bevor die Hand-Mostpresse gefüttert wird, müssen die Äpfel geviertelt werden. Foto: Antje Dörr