Buch
Mörderisch verliebt ins Städtle

Für ihren neuen Krimi setzt die Wahl-Weilheimerin und Buchautorin Cindy Jäger wieder auf ihre Freundin und Schwäbisch-Übersetzerin Silvia Scheufele.

"Butterbrezeln und Betrüger" heißt der neue Roman von Cindy Jäger (links). Bei den Sätzen auf Schwäbisch hat ihr wieder ihre Freundin Sylvia Scheufelen geholfen. Foto: Carsten Riedl

Die Entscheidung, einen Regionalkrimi in ihrer Wahlheimat zu verorten, hat Autorin Cindy Jäger vor ein Problem gestellt: „Bei manchen Charakteren passt Hochdeutsch einfach nicht.“ Doch was tun, wenn man aus Sachsen-Anhalt kommt und Schwäbisch nur rudimentär versteht? Die Lösung heißt Sylvia Scheufele, ist gebürtige Owenerin und hat sich wie Cindy Jäger erst in einen Weilheimer und dann in die Stadt selbst verliebt. Jägers Lebensgefährte Rene ist Leichtathletiktrainer und hat unter anderem den Sohn von Sylvia Scheufele trainiert.
 

Bei Scholderbeck habe ich mal einen Pfannkuchen bestellt.

Cindy Jäger über ihre Verständigungsprobleme in ihrer Wahlheimat. Eigentlich wollte sie einen „Berliner“.

So haben sie sich kennengelernt und festgestellt, dass sie beide die Idylle des Städtles lieben. „Ich komme aus der Nähe von Leuna, bekannt für seine Industrie“, sagt Cindy Jäger.

Doch darüber authentisch zu schreiben, ist noch mal etwas anderes. „30 Jahre hatte ich nichts mit Schwaben zu tun“, sagt die Autorin. Bei ihrer Hauptfigur Katrin Schimmelpfennig kann sie die „Sprachprobleme“ noch umschiffen, denn die stammt aus Berlin und steht vor ähnlichen Herausforderungen wie ihre Schöpferin. Beispiel: „Bei Scholderbeck habe ich mal Pfannkuchen bestellt“, erzählt sie lachend. Der Pfannkuchen heißt in Schwaben aber Berliner. Bei manchen Figuren sei Schwäbisch aber unumgänglich. Es werde allerdings in Maßen eingesetzt. „Ich will keinen veräppeln“, betont sie. 

Ihre Krimis gehören zum Genre „Cosy Crime“, verzichten also auf explizite Gewalt. Beim Kölner Emons-Verlag fühlt sich Cindy Jäger mit ihrem Stil bestens aufgehoben, die haben sich auf humorige Regionalkrimis spezialisiert. Dennoch könnte sie nicht vom Schreiben allein leben. „Das trifft auch auf 95 Prozent der Autorinnen und Autoren zu“, sagt sie. Für ein Buch, das sich 1300 Mal verkauft hat, bekam sie 800 Euro. „Das fühlt sich zwar gut an, aber ist natürlich unter Mindestlohn“, sagt der Agatha-Christie-Fan.

Einen guten Einblick in ihre Nische verschafft ihr der Verein „Mörderische Schwestern“, in dem sich aktuell 800 Autorinnen zusammengetan haben. „Von denen haben alle noch andere Jobs“. Wie Cindy Jäger auch, die beim Kosmos-Verlag Qualitätsprüferin ist und unter anderem Experimentierkästen testet – drei Tage die Woche. Das ergibt theoretisch vier Tage fürs Schreiben, die sie häufig ausgenutzt hat. Allerdings hat sie festgestellt, dass auch ein bisschen Freizeit nicht schaden kann. Die gemeinsame Ägypten-Leidenschaft – dort spielt einer der berühmtesten Agatha-Chris­tie-Krimis – haben sie in zehn Jahren noch nicht ausleben können: Bislang hatten sie keine Zeit.

Ein Dreivierteljahr sitzt sie an so einem Buch, wenn sie vier Tage pro Woche schreibt. So ist „nebenbei“ auch noch der Familienroman „Gestern auf Hiddensee“ unter ihrem Pseudonym Lilly Wolf entstanden, der bei Piper erschienen ist. Das Interesse der Verlage ist für sie auch ein Beweis, dass es richtig war, mit ihrer Schreibleidenschaft an die Öffentlichkeit zu gehen. Mit ihrem Schreibstil und den Charakteren überzeugt der Agatha-Christie-Fan auch die Profis.

Dennoch hat sie einen gewissen Druck, wenn ein Verlag nach einem Exposé ihr einen Vertrag anbietet und eine Deadline setzt. „Dann wird es stressig“, sagt sie. Der Verlag investiere schließlich auch in einen, indem er eine professionelle Lektorin einsetzt. Die hat zum Beispiel darauf bestanden, dass Cindy Jäger einen Kommissar einführt. Mit Erfolg: „Mein Kommissar ist mir richtig ans Herz gewachsen.“ Im echten Leben ließ die Autorin die Begegnung mit einem „echten“ Kommissar ungenutzt verstreichen. „Im Zuge einer Razzia nach dem Anschlag auf einem Friedhof in Altbach (im März 2024, d. Red.) klingelte die Polizei in der Nachbarschaft eines Verdächtigen in Weilheim, unter anderem auch bei der Krimiautorin. „Ich dachte, das wären Betrüger, die auskundschaften wollten, wann jemand zu Hause ist. Das war nämlich auch ein Thema in meinem Buch“, erinnert sie sich lachend. 

Neu in ihrem aktuellen Buch ist, dass anders als im ersten Band echte Locations erscheinen, wie die Bäckerei Scholderbeck und das Hotel „Zur Post“. „Die waren beide sehr freundlich und haben mir erlaubt, sie namentlich zu erwähnen.“ Einzige Bedingung: Die Orte sollen keine Mordlocation sein. Apropos Mord: Dabei spielt das Weilheimer Backhaus eine große Rolle, allerdings hat sie da eine Idee weitergesponnen, die in der Realität nicht umsetzbar wäre.

Ein weiterer Katrin-Schimmelpfennig-Roman wäre denkbar: „Ich habe Ideen für weitere Morde in Neidlingen, Dettingen oder Kirchheim – dann wieder mit der Hilfe von Sylvia Scheufele.“ Das Schwäbische wird sie zwar nicht mehr lernen, denn dazu fehlt ihr mehr als ihr Lieblingswort: ein Muggaseggele.  Aber einen Schwenk auf Regionalkrimis in ihrer Heimat kann sie sich nicht vorstellen, dafür ist sie schon zu lange weg. „In Sachsen-Anhalt würde es mir mittlerweile genauso schwerfallen, den Dialekt zu treffen. Das merke ich immer wieder bei Familienbesuchen.“

 

Info Erschienen ist Cindy Jägers Krimi „Butterbrezeln und Betrüger“ beim Emons-Verlag. Bei Piper ist ihr Familienroman „Gestern auf Hiddensee“ unter ihrem Pseudonym Lilly Wolf erschienen.