Bianca Lütz-Holoch
Frau Sorwat, wie unterscheidet sich ein Evopäd-Parcours von einem ganz normalen Spielplatz?
GABRIELE SORWAT: Ein Evopäd-Parcours ist kein Spielplatz. Aber man kann daran spielerisch trainieren und löst damit unbewusst Probleme und Blockaden über die Bewegung.
Wie funktioniert das?
SORWAT: Die Evolutionspädagogik geht davon aus, dass wir alle genetisch immer noch die Menschen von vor 40 000 Jahren sind. Oder wie es John J. Ratey von der Harvard Medical School einmal gesagt hat: „Die vergleichende Anatomie hat herausgefunden, dass das menschliche Gehirn in seiner Struktur die evolutionäre Entwicklung aller Gehirne in sich trägt.“
Und was bedeutet das?
SORWAT: Nur wenn wir im Gleichgewicht sind, können wir lernen und an unsere Stärken gelangen. Ist eine Stufe zu wenig ausgeprägt, dann treten Probleme wie Konzentrationsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten oder aber auch Depressionen auf. An dieser Stelle setzt die Evolutionspädagogik mit dem Parcourstraining an. An den Geräten werden alle Stufen trainiert.
Gibt es denn Stufen, die in unserer Gesellschaft chronisch untertrainiert sind?
SORWAT: Ja. Wir Menschen heute vernachlässigen meist die ersten drei Stufen: den Fisch, in dem das Vertrauen steckt, die Amphibie, in der Neugier und Innovation verankert sind und das Reptil für die Kraft. Dabei stecken dort die Reflexe, die das Fundament fürs Leben bilden.
Gibt es auch Bereiche, die besonders gut trainiert sind?
SORWAT: Die Affenstufe ist eigentlich immer präsent. Da geht es um „höher, schneller, weiter“. Auch in normalen Kinderspielplätzen steckt meist nur die Affenstufe.
Was begeistert Sie an diesem Konzept?
SORWAT: Es hat mich von Anfang an fasziniert, dass man so viel über Bewegung tun kann. Man kann mit wenig Mitteln viel erreichen und die Bewegungen auch für die zunehmenden Lern- und Verhaltensauffälligkeiten nutzen. Außerdem zielt die Evolutionspädagogik nicht auf Defizite ab. Sie begreift jeden Menschen auf seine Weise als intelligent und wichtig.
Wer kommt denn zu Ihnen in die Praxis?
SORWAT: Oft kommen Kinder zu mir, viele auch zusammen mit ihren Eltern. Aber auch Manager, Senioren oder Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen wollen, trainieren auf dem Parcours.
Wieso, denken Sie, könnte Weilheim von solch einem Parcours profitieren?
SORWAT: Die Menschen im Ort haben dann die Gelegenheit, sich über einfache Übungen am Parcours ins Gleichgewicht zu bringen. Davon profitiert die breite Masse und nicht nur Einzelne. Ich denke, dass der Parcours Menschen in die Stadt lockt, auch Touristen und Schulklassen, die dort trainieren und dann noch andere Angebote in Weilheim und der Umgebung nutzen.