Holpernde Lieferketten, Fahrermangel sowie steigende Personal- und Spritkosten. Die Logistikbranche kämpft mit zunehmendem Druck. Fahrer zu bekommen, war schon in der Vergangenheit nicht einfach, doch das Problem verschärft sich. Das bestätigt Johannes Fischer, Assistent der Geschäftsleitung der Spedition Hans Fischer Logistics in Weilheim. Das Unternehmen hat deshalb reagiert: „Wir bieten einen Mehrwert über das Gehalt hinaus“, sagt er. Das sind etwa gesundheitsfördernde Angebote oder kostenlose Schulungen in der eigenen Akademie. Sie machen die Fahrer fit in Sachen Umweltschutz, Lastensicherung, in der Fahrtechnik und in sozialen Belangen. „Das Training ist nicht selbstverständlich, kommt in der Branche aber immer mehr“, hat Johannes Fischer beobachtet. „In Krisenzeiten ist es von enormer Bedeutung, den Zusammenhalt durch Wertschätzung zu stärken.“
80 Fahrer beschäftigt das Weilheimer Unternehmen. Genauso viele Lastwagen gehören zur Flotte. Angesichts voller Auftragsbücher könnten sich deutlich mehr Leute hinters Steuer klemmen und auch mehr Trucks mit der blauen Plane auf Europas Straßen unterwegs sein. Hauptsächlich liefert die Spedition „weiße Ware“ aus. Das sind Haushaltsgeräte aller Art wie Kühl- und Gefrierschränke, Waschmaschinen und Mikrowellengeräte. Ein anderes Standbein ist der Transport von Papier, hauptsächlich Dekorpapier für die Möbel- und Fußbodenindustrie. Das Logistikunternehmen lagert die Rollen und liefert sie nach Abruf europaweit aus. „Das Volumen schwankt derzeit von Tag zu Tag extrem“, so beschreibt Johannes Fischer die Situation. Auffällig sei der Wandel in den beiden Pandemiejahren. Weil Firmen erfuhren, wie fragil globale Lieferketten sein können, kehrten sie aus benachbarten, kostengünstigeren Gebieten in nahe gelegene Logistikzentren zurück. Um in Zukunft Produktionsstillstände zu vermeiden und Versorgungssicherheit garantieren zu können, legten sich einige einen Sicherheitsbestand in ihrer Nähe auf Lager. „Speziell beim Einlagern steigt die Nachfrage überproportional. Wir könnten unsere Logistikzentren doppelt oder dreifach füllen“, sagt Fischer.
Auch Matthias Diez, einer der beiden Geschäftsführer der gleichnamigen Dettinger Spedition, beschreibt eine Branche im Umbruch. Zwar kämpften Unternehmen bereits seit längerer Zeit mit dem Fahrermangel. Mehrere Gründe machten es aber immer schwieriger, Leute zu bekommen. Der demografische Wandel spiele herein, und während die „Cowboys der Straße“ einst gefeiert worden seien, würden sie heute von Kunden meist wenig wertgeschätzt. „Außerdem haben früher viele ihren Lkw-Führerschein bei der Bundeswehr gemacht“, erklärt der Geschäftsmann. Um Fahrer an Land zu ziehen, legt sich die Spedition ins Zeug: Sie bietet eine dreijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer an, dabei wird der Führerschein vom Unternehmen finanziert. „Weil wir auf Social-Media-Kanälen werben, kommen inzwischen viele Fahrer aktiv auf uns zu“, sagt Matthias Diez. Oft stammen sie aus osteuropäischen Ländern. Nach einigen Monaten wird die Familie nachgeholt. Die Firma übernimmt die Wohnungssuche und organisiert den Schulbesuch der Kinder. „Für die Leute da zu sein, ist ganz wichtig“, so die Erfahrung.
Die Dettinger Spedition transportiert ausschließlich Industriegüter. Rohstoffe wie Stahl und Holz sind darunter, aber auch Maschinen. Einen Namen hat sich das Unternehmen mit Spezialtransporten etwa von überbreiten oder besonders hohen Anlagen gemacht. Wie Johannes Fischer berichtet Matthias Diez von großen Schwankungen bei den Aufträgen. „Das sind richtige Wellenbewegungen. So extrem war es früher nicht.“
Insgesamt beobachten die beiden Unternehmen einen stark verknappten Laderaum. Erhöht wird der Druck auch durch neue gesetzliche Auflagen. Während Fahrzeuge osteuropäischer Transportunternehmen bislang oft monatelang in Deutschland unterwegs waren und Waren zu Dumpingpreisen durchs Land karrten, müssen sie jetzt nach deutlich kürzerer Zeit wieder in ihr Heimatland zurück. Hinzu kommt: Lkw-Fahrer dürfen ihre Wochenend-Ruhezeiten nicht mehr im Führerhaus auf einer Raststätte verbringen, sondern müssen sich ein Bett suchen beziehungsweise nach Hause fahren.
Lkw haben lange Lieferzeiten
Nachschubprobleme und lange Lieferzeiten schlagen sich nicht nur bei der Ladung, sondern auch bei den Zugmaschinen selbst nieder. Johannes Fischer benennt die Misere: „Sie haben genauso wie Sattelauflieger momentan eine Lieferzeit von neun bis zwölf Monaten.“ Schwer zu bekommen seien auch Reifen und AdBlue – Harnstoff, der den Dieselmotoren beigefügt werden muss. „Weil unsere Betriebstankstelle damit nicht mehr in gewohnter Frequenz befüllt wird, haben wir uns dafür zusätzliche Tanks angeschafft, um auf Nummer sicher zu gehen.“
Die Ausstattung der Brummis wird gemäß Matthias Diez immer wichtiger, um für Fahrer attraktiv zu sein. „Wir haben nur das neueste Equipment. Bei uns ist kein Lkw älter als drei oder vier Jahre.“ Ein bis eineinhalb Jahre bevor ein neuer Laster benötigt wird, werde er geordert. Das Unternehmen, das 65 Fahrer und 60 „ziehende Einheiten“ – also Lkw – hat, bekommt allein dieses Jahr 20 neue Trucks. „Unser Mut, sie trotz Pandemie zu bestellen, zahlt sich aus“, so der Geschäftsführer. Ausgestattet sind sie mit aufwendigen Assistenzsystemen. Automatikgetriebe und aerodynamische Führerhäuser ohne Außenspiegel reduzieren laut Matthias Diez den Spritverbrauch. Benötigte ein 40-Tonner vor ein paar Jahren im Schnitt noch 30 Liter auf 100 Kilometer, so sind es jetzt 24 Liter. „Mit jeder Lkw-Generation sinkt der Verbrauch um fünf bis zehn Prozent.“ ank